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»Verdammt, macht die Geschütze klar! Wo ist der Kapitän? Schweinerei, daß er nicht an Deck ist.« Neben der Wut bebte Angst in der Stimme des Schreiers.

Der Maat, der noch immer die näher kommenden Schiffe betrachtete, ließ verblüfft und erschrocken das Fernglas sinken.

»Du lieber Himmel«, meinte er, »der andere ist die »Trueno«. Die Türken werden sich doch nicht auch noch dieses Schiffes bemächtigt haben!« »Na, dann gute Nacht«, sagte sein Kamerad neben ihm.

Ibn Kuteiba und Abu Hanufa standen mittlerweile auf dem Kastell und blickten angestrengt durch ihre Gläser.

»Fliehen! — Fliehen!« scholl eine Stimme über Deck. »Den beiden sind wir nicht gewachsen!«

Der Tumult nahm panikartige Formen an.»Kannst du dir das Zusammentreffen der beiden erklären?« fragte Abu Hanufa.

»Nein, Sayd.«

»Was sollen wir tun?«

»Warten«, meinte Ibn Kuteiba kurz und treffend. »Die Männer werden wild.«

»Laß sie.--Da--da — jetzt steigen Wimpel am Signalmast.«

»Was winken sie?«

Ibn Kuteiba schwieg. Nur seine Lippen bewegten sich. Dann nahm er das Rohr vom Auge und schob es in aller Gemütsruhe zusammen.

»Die Gräfin kommt«, meinte er. »Und Porquez ist wieder Kapitän auf der »Mapeika«. Mustapha und seine Räuber sind tot.«

Jetzt war die Entfernung nur noch gering. Die Mannschaft der »Trueno« rief »Viva« und »Ole« und warf die Mützen in die Luft. Zaghaft kamen endlich die ersten Erwiderungen. Eine Stunde später ankerten »Dimanche« und »Trueno« friedlich in einer Reihe, Deck an Deck. Abu Hanufa, Porquez, Don Hidalgo, Marina, Virgen und Ibn Kuteiba saßen in der Kapitänskajüte der »Trueno« zusammen und hielten kräftigen Umtrunk, an dem sich die Mohammedaner allerdings nicht beteiligten.

»So«, sagte Marina, »Senor Baum, Jardin und Ojo stehen also mit der Ostindien-Kompanie nicht mehr auf gutem Fuß. Die Angelegenheit scheint ja ziemlich ernst zu sein, wenn Jardin Euch, Abu Hanufa, bat, hier an diesem wenig belebten Küstenstrich zu warten. Wieviel Tage, sagtet Ihr, sind es noch, bis die Zeit abläuft?« »Noch vier.«

»Und wenn sie dann nicht da sind, was dann?« Abu Hanufa zuckte die Schultern.

»Das weiß allein Allah«, sagte er schicksalergeben. »Aber sie werden schon kommen.« Marina blickte auf die Karte. Dann schüttelte sie langsam und nachdenklich den Kopf. »Das sieht mir gar nicht so aus. Denn wenn sie bis heute nicht da sind, dann steht es für mich fest, daß es irgendeinen Zwischenfall gegeben hat. Glaubt Ihr, sie würden freiwillig so lange in Kalkutta bleiben, wenn sie mit den Herrschaften dort gebrochen haben?« Ibn Kuteiba nickte Zustimmung und mischte sich ins Gespräch.

»Eure Gedanken sind richtig, Senorita. Und hinzu kommt noch, daß sie alles daransetzen werden, diesen jungen indischen Radscha vorm Hängen zu bewahren.« »Wie ich den Silbador kenne, habt Ihr recht. Nun, warten wir die nächsten Tage ab. Die Gesamtlage hat sich beträchtlich geändert. Es war gut, daß wir nicht nach Kalkutta gegangen sind und Euch hier getroffen haben.«

»Dieser Grearson kann von der veränderten Situation noch nichts gewußt haben«, meinte Porquez. »Das schlimmste ist, daß ich Leute von ihm an Bord habe. Diese werden sicherlich verlangen, daß man sie in ihren Bestimmungshafen bringt.« Abu Hanufa seufzte.

»Ja, ja, diese zusammengewürfelte Mannschaft! Man kann nichts damit anfangen. Vertrauen habe ich auch nicht zu meiner Besatzung. Ich wünsche sie alle zum Teufel. Sie werden aufsässig.

Und wenn wir noch lange hier liegen bleiben, werden sie Verdacht schöpfen. Ich wünschte, ich hätte Leute wie die »Trueno«.«

»Hm«, machte Marina. »Das ist schlimm. Wir können nur Leute brauchen, auf die man sich verlassen kann; denn mit der Handelsschiffahrt für die Kompanie ist es ja nun vorbei.« »Wo nehmen wir die her?« fragte Don Hidalgo. »Von meinen Jungs sind nur noch acht am Leben.«

Schweigen. Die Kapitäne standen vor einem unlösbar scheinenden Problem.

Ibn Kuteiba sog plötzlich heftig an seiner Pfeife. Sein Gesicht wurde rot.

»Beim Barte des Propheten, ich habe eine Idee! Ihr sagt, Ihr könnt Euch auf Eure Leute verlassen, Senorita?«

»Felsenfest. Wie auf mich selbst.«

»Habt Ihr intelligente Burschen dabei?«

»Es kommt darauf an, was Ihr unter intelligent versteht. Gelehrte sind es nicht.« »Traut Ihr ihnen zu, daß sie ein hübsches, kleines Gaunerstückchen bestehen könnten?« Marina lachte:

»Sie sind Meister in diesem Fach. Dessen könnt Ihr sicher sein.«

»Gut. In drei Tagen zahlen wir Heuergeld. Unsere Leute sehnen sich danach, es an Land zu verjubeln. Bis dahin schickt Ihr zehn von Euren Burschen nach Akjab und gebt ihnen den Auftrag, neue Leute anzuwerben. Das geht unauffällig zu machen. Ihr habt Verluste gehabt. Anstelle von zwanzig Neuen stellt Ihr so viele ein wie möglich, soviel jedenfalls, daß wir genug haben, die »Dimanche« und die »Mapeika« neu zu bemannen. Wenigstens provisorisch. Die Angeworbenen müssen verläßliche Abenteurer sein, die möglichst etwas auf dem Kerbholz haben.«

»Großartig!« Marina war begeistert.

»Glaubt Ihr, daß Ihr genügend zuverlässige Jungen hier in diesem Ort findet? Und wißt Ihr, ob die Leute die richtigen aussuchen?«

»Um das macht Euch keine Sorge, Senor Porquez«, beruhigte Marina. »Alte Piraten haben einen sechsten Sinn für jemanden, der ihr companero werden soll. Aber das erste Bedenken habe ich auch.«

Ibn Kuteiba lenkte ein.

»Ah — bah, wenn wir erst nur einmal zwanzig haben für jedes Schiff. Das genügt.« Don Hidalgo nickte zustimmend.

»Meine acht Burschen«, schlug er vor, »sind kluge Köpfe. Wir können mit ihnen die wichtigsten Posten auf der »Dimanche« und auf der »Mapeika« besetzen. Es fehlen je zwei zuverlässige Offiziere und ein paar Maats. Fernando allein ist schon ein halbes Dutzend wert.« »Bueno«, meinte Marina, »warum nicht versuchen? Mehr als schiefgehen kann es nicht. Die Frage ist nur, ob wir die anderen Kerle alle gut von Bord bringen.«

»Oh, da macht Euch keine Gedanken«, lachte der arabische Steuermann. »Unsere gehen in hellen Haufen an Land, wenn sie frei bekommen und Geld in der Tasche haben. Sollte wirklich der eine oder andere bleiben, nun, dann kann er nicht viel anrichten. Ich bin davon überzeugt, daß uns der Streich mit ein bißchen Klugheit gelingt.« —

6

»Sieh da, die Mannschaft der »Trueno« darf an Land gehen«, sagte einer auf der »Dimanche« empört. »Jetzt hab' ich's aber satt.«

Im Schein der untergehenden Sonne schaukelte ein Boot der Küste zu, in dem zehn von Marina ausgesuchte Burschen saßen, die mit Feuereifer an ihre Aufgabe herangingen. Sie waren voll eingeweiht worden und stolz auf das Vertrauen, das ihnen ihre Senorita entgegengebracht hatte. Sie würden sich bewähren.

Auf der »Dimanche« sagte einer der Unzufriedenen zum Bootsmannsmaat: »Kommt, wir lassen ein Boot ins Wasser und nehmen uns einfach, was man uns nicht gewährt.« »Sei vernünftig«, sagte der Maat. »Ich kann sowieso an Land nichts anfangen, habe mein Geld beim Würfeln verloren.«

Von der Kommandobrücke erklang ein Pfiff, der alle zusammenrief. Oben standen Steuermann und Kapitän.

»He«, sagte Ibn Kuteiba, »wollte euch nur mitteilen, daß ihr in drei Tagen neue Löhnung kriegt und dann für ein paar Tage an Land gehen könnt. Wird allerdings nicht viel los sein in dem Nest«, setzte er wegwerfend hinzu.

Aber seine letzten Worte wurden schon vom Jubel der Seeleute übertönt. Solche Bedenken hatten die Braven nicht. Sie wollten saufen, und sie wollten Frauen. Darin bestand ihre ganze Seligkeit. —

Don Hidalgo hatte Fernando von der »Mapeika« zu dem Kommando geschickt, das von der »Trueno« an Land ging.

Fernando war ein ehemaliger Student, der es auf der Schulbank und im Hörsaal nicht ausgehalten hatte. Er entsetzte sich bei dem Gedanken, nach Erlangung des Doktorhutes in irgendeiner königlichen Kanzlei in Madrid oder Barcelona seine Tage zu verbringen. Seine Ahnen waren schon Abenteurer gewesen und hatten mit Pizarro das Inkareich erobert. Nachkommen von diesen aber waren nach Spanien zurückgekehrt und geadelt worden. Doch das Blut der Familie war unruhig. In Fernando de Navarra war es zum Durchbruch gekommen. Er war von der Universität weg unmittelbar auf Don Hidalgos Schmuggelboot gelandet, wo er sich bald das Vertrauen des alten Weißbartes erworben hatte, weil er stets zu tollen und originellen Streichen aufgelegt war. Das ging so lange, bis Mustapha über das Weinboot gekommen war. Dennoch war Fernando dem fetten, nun sicherlich schon von den Haien verspeisten Sklavenhändler in gewisser Weise dankbar. Denn erst durch ihn hatte er das wirklich große Abenteuer kennengelernt.