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»Du sagst es: ein Land der Befreiten.«

»Glaubst du wirklich, daß wir auf diese Weise ein Reich gründen können, im Herzen eines unbekannten Kontinents, in dem wir ewig von Feinden umgeben sein werden?« wollte das Mädchen wissen.

»Keiner lebt >ewig<«, erwiderte der Rothaarige lächelnd. »Es stimmt zwar, daß wir viele Feinde haben werden, aber wir können auch mit zahlreichen Freunden rechnen: mit allen, die keine Sklaven sein wollen.«

»Interessant!« murmelte Buenarrivo sehr leise. »Sehr interessant!«

»Findet Ihr?«

»So bekommt dieser Wahnsinn wenigstens einen Sinn.« Der Venezianer zeigte hinaus. »Ein wunderschönes Land mit fruchtbarer Erde, Wild im Überfluß, einem großen Fluß voller Fische und mit Menschen, die in Frieden leben wollen… Was kann man mehr verlangen?«

»Haltet Ihr es wirklich für möglich, ein >weißes< Reich im Herzen Schwarzafrikas zu gründen?« fragte Sancho Mendana perplex. »Seid ihr alle jetzt vielleicht noch verrückter geworden, als ihr ohnehin schon seid?«

»Es handelt sich weder um ein weißes noch um ein schwarzes Reich«, korrigierte Celeste Heredia ihn leicht pikiert. »Wenn eine solche Utopie jemals wahr werden soll, dann muß sie sich vom Besten beider Kulturen nähren. Die Eingeborenen müssen uns lehren, in Einklang mit der Natur zu leben, wie sie es offenbar bisher getan haben, und wir werden ihnen beibringen, die Menschen zu achten.«

»Und wer hat uns beigebracht, die Menschen zu achten?« wollte der Margariteno wissen. »Schließlich dürfen wir nicht vergessen, daß die Sklaverei eine Erfindung der Weißen ist.«

»In diesem Punkt bin ich anderer Meinung«, warf Gaspar Reuter ein. »Die Sklaverei hat es immer gegeben, unabhängig von Hautfarbe oder Rasse. Wenn ich mich recht erinnere…« j

»Einen Augenblick!« unterbrach ihn Celeste und hob die Hände. »Ich glaube nicht, daß wir uns jetzt in spitzfindige Diskussionen über die Ursprünge der Sklaverei verlieren sollten. Unser vorrangiges Ziel ist es, diesen Hundesohn zu besiegen. Ansonsten verteilen wir das Fell des Bären, bevor wir ihn erledigt haben.« Durch das breite Achterfenster deutete sie auf den weiten Fluß. »Soweit wir wissen, klopfen wir nun an die Tore seines Reichs.« Sie musterte alle der Reihe nach und schloß: »Hat jemand eine Idee, wie wir ihn vom Thron stoßen?«

Pater Barbas hob als erster die Hand.

»Ich glaube, ich habe eine«, sagte er.

Alkemy Makü, Kommandant von Ihjaia, einem Außenposten an der Südgrenze des Herrschaftsbereichs des allmächtigen Königs vom Niger, war sehr weit von dort, in Isebin, zur Welt gekommen. Er fühlte sich daher als reinrassiger Yoruba, Sohn, Enkel und Urenkel der glorreichen Krieger, die viele tausend Mal gegen das abscheuliche Geschlecht der Ibo gekämpft hatten, gegen diese Menschenfresser und stinkenden Kannibalen, die man einfach nur mit aasfressenden Hyänen und heimtückischen Spinnen vergleichen konnte.

Obwohl er Herr und Meister über alles Land bis zum Horizont war und täglich mit zwei oder drei der schönsten Mädchen der Region schlief, war er niemals zufrieden. Mit einer widerlichen Ibo konnte man nur seinen Frust abreagieren, doch was war das verglichen mit dem tiefen Genuß, den er empfunden hatte, mit einer sanftmütigen, lächelnden Gazelle seines Dorfes zu schlafen.

Nach jedem Höhepunkt, das wußte Alkemy Makü nur zu gut, blieb ihm nichts anderes übrig, als das schmierige Wesen, das gerade an der Reihe gewesen war, mit einem heftigen Tritt in den Hintern aus seiner Hütte zu befördern. Wehmütig dachte er daran, wie sehr er es in seiner Jugend genossen hatte, friedlich neben der geliebten Frau zu schlummern und am Morgen aufzuwachen, um schläfrig nach der Wärme ihres saftigen Geschlechts zu suchen.

Dagegen wäre es keinem Yoruba, der bei Verstand war, eingefallen, neben einem IboMädchen die Augen zu schließen, denn die wäre in der Lage gewesen, ihm mit einem einzigen wilden Biß ihrer messerscharfen Zähne Penis und Hoden abzureißen und zu verschlingen, bevor man ihr mit einer Machete den Schädel spalten konnte.

Die Frauen dieser tausendmal verfluchten Rasse rochen übel, waren grausam, verräterisch und blutrünstig, aber vor allen Dingen waren sie bereit, ihr Leben einzusetzen, um einen tapferen Yoruba daran zu hindern, ins Paradies der Krieger einzugehen.

Wer konnte schon eine entspannte Liebesbeziehung genießen, wenn er wußte, daß sich seine Partnerin jeden Augenblick auf seine Männlichkeit stürzen konnte, um sie ratzfatz abzureißen und wie ein Taubenei zu verschlingen?

Nicht einer, nicht zwei, sondern Dutzende junger Yorubas waren auf diese Weise kastriert worden. Im Gegenzug hatten YorubaFrauen in seiner Heimat Hunderte von IboInvasoren umgebracht. Diese begnadeten Giftmischerinnen hatten ein duftendes Gift erfunden, mit dem sie ihre Brustwarzen und Schamlippen einrieben. Bei ihnen verursachte das nur eine leichte Rötung, wenn sich das Gift aber mit Speichel mischte, dann tötete es rasch.

»M’ba uazede«, der »erigierte Tod«, nannte man das. Das Opfer stieß nur einen letzten glückseligen Seufzer aus, verharrte jedoch stundenlang im »Stand der Gnade«. Zahllose YorubaFrauen hatten — leider erfolglos — versucht, eine Salbe herzustellen, die lediglich die glorreiche Erektion hervorrief, ohne den letzten Seufzer, der unweigerlich vorher zu hören war.

Alkemy Makü fand es verständlicherweise wesentlich ehrenhafter und befriedigender, mit erigiertem Glied statt kastriert zu sterben. Selbst in diesem kleinen Detail erwiesen sich die Frauen seines Stamms als wesentlich gefühlvoller und subtiler als die widerwärtigen Ibos, die sich lediglich mit einer üblen Pomade auf der Grundlage von Schweinefett parfümierten, die dazu bestimmt war, daß wenigstens die Krieger der Fulbe — orthodoxe Anhänger der Lehren Mohammeds — es niemals wagen würden, sie anzurühren.

Ihn, der Animist war, interessierte es wenig, ob das Fett vom Schwein kam oder nicht, aber da er einen empfindlichen Geruchssinn hatte, drehte ihm diese Pomade mit ihrer heftigen Mischung seltsamer Urwalddüfte den Magen um.

»Unsere Männer erregt das«, pflegten die abstoßenden IboMädchen auf seine Proteste zu erwidern, und Alkemy Makü erstaunte es nicht, daß einer, der lieber ein rohes Menschenherz versehlang als den gebratenen Schenkel einer Antilope, sich von einer so üblen Tinktur erregen ließ.

Er wußte aus Erfahrung, daß es sinnlos war, sie zu einem Bad zu zwingen, denn selbst wenn sie im Fluß blieben, bis ihnen die Haut schrumplig wurde: Der unerträgliche Gestank haftete ihnen weiter an, als hätte er sich seit dem Tag, als sie noch als Kinder damit begonnen hatten, sich mit dem stinkenden Fett zu »verschönern«, in jeder Pore ihres Körpers festgesetzt.

Oft nahm er den Gestank an seiner eigenen Haut wahr, immer dann, wenn er es einmal über Gebühr mit einer dieser rauhen Bestien getrieben hatte, und mehr als einmal war er schweißgebadet aufgewacht, nachdem er davon geträumt hatte, eine jener blutrünstigen Penisverschlingerinnen hätte sich heimlich in seine Hütte geschlichen, um ihn aus tiefster Finsternis heraus zu attackieren.

Das war kein Leben!

Mit der Zeit war er zu dem Schluß gekommen, daß, so ehrenvoll seine Ernennung zum Kommandanten eines strategisch so wichtigen Grenzpostens auch war und so absolut er seine Macht auch ausübte, ihn das nicht für die ständigen Angstausbrüche entschädigte, die es bedeutete, sich jede Nacht schlafen zu legen, ohne die vollkommene Sicherheit zu haben, am nächsten Morgen aufzuwachen und seine Genitalien noch dort zu haben, wo sie hingehörten.

Daher mußte er sich immer wieder die Augen reiben, als eines schönen Morgens der Wachposten auf dem Turm seine Waffe abfeuerte und damit ein großes, festlich geschmücktes Kanu ankündigte, das sich mit einer Ladung aus zwanzig wunderschönen YorubaFrauen näherte, die sangen, lachten und ihnen freundschaftlich zuwinkten. Er fragte sich, ob er immer noch träumte.