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Über dem Herzen wie der niedrigste seiner Sklaven.

Aber jetzt näherte sich eine andere Frau und markierte ihn auf dem Unterarm.

Wie den tapfersten seiner Krieger.

Und bald kam eine weitere mit einem neuen rotglühenden Eisen und drückte es ihm auf die Wange, wobei sie ihm die Lippen verbrannte.

Und eine weitere suchte seine Stirn.

Schließlich riß ihm eine junge Frau, die laut den Namen ihres getöteten Mannes ausrief, die Kleider vom Leib und verkohlte ihm die Genitalien.

Jetzt endlich stieß er einen verzweifelten Schrei aus.

Sie brachten ein neues Eisen, öffneten ihm den Mund und rissen ihm die Zunge heraus. So erfüllte sich die Weissagung, daß er lebend in die Hölle fahren, aber nicht einmal eine Stimme haben würde, um darüber zu klagen.

An den Händen, Fußsohlen und sogar auf der Kopfhaut leuchtete bald das Siegel mit der Krone und dem »N« des Königs vom Niger, und als sie ihn zu Boden stießen und ihm den Rücken mit Brandzeichen überzogen, krümmte und wälzte sich JeanClaude Barriere vor Schmerzen, denn jeder Zentimeter seiner Haut hatte sich in eine blutende Wunde verwandelt, die das Gewicht seines Körpers nicht ertragen konnte.

Schließlich machte Yadiyadiara eine herrische Geste, damit sie von ihm abließen, und nahm auf den Stufen des Throns Platz.

Ihre Gefährtinnen taten es ihr gleich, verharrten still und betrachteten den schrecklichen Todeskampf des ehedem allmächtigen Königs vom Niger, der immer noch stöhnte und sich in der Mitte seines riesigen mit Seidenvorhängen geschmückten Saals krümmte.

Kurz darauf kamen die Fliegen.

Hunderte, Tausende, vielleicht gar Millionen von Fliegen, die sich von den offenen Wunden MulayAlis nährten. Reglos war er liegengeblieben und starrte an die Decke im Bewußtsein, bei lebendigem Leib von den Fliegen verschlungen zu werden.

Als es Abend wurde, tauchten die Weißen auf, mit Celeste Heredia an ihrer Spitze. Nachdem sie unbewegt das grausame Schauspiel verfolgt hatte, nahm sie eine der Pistolen, die Gaspar Reuter am Gürtel trug, richtete wortlos den Lauf auf den Kopf des Sterbenden und drückte ab.

Danach wies sie mit der Waffe auf den blutigen Leichnam und wandte sich den Eingeborenen zu, die sie immer noch reglos ansahen.

»Die Rache macht unsere Lieben nicht wieder lebendig«, bedeutete sie ihnen mit unendlicher Gelassenheit. »Und die Grausamkeit lindert nicht den wahren Schmerz, der sich tief in unserem Herzen befindet.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Die Qual, die ihr diesem Elenden zugefügt habt, bringt mir meinen Vater nicht wieder und euch nicht die Ehemänner oder Söhne. Nur die Vergebung hilft uns zu vergessen, und nur die Liebe hilft uns dabei, eine gerechtere Welt aufzubauen.« Sie näherte sich dem Thron aus Gold und Elfenbein, ging um ihn herum, sah ihn lange an, und schließlich stellte sie sich hinter ihn und stürzte ihn die Stufen hinunter. »Keine Tyrannen mehr!« fügte sie hinzu. »Keine Sklavenhändler und keine Sklaven mehr. Ich schwöre euch im Angedenken an meinen Bruder, daß von jetzt an an den Ufern des großen Niger nur noch freie Menschen leben werden, egal von welchem Stamm, welcher Rasse oder Hautfarbe.«

»Wirst du unsere Königin sein?« wollte Yadiyadiara mit einem sehnsuchtsvollen Ton in der Stimme wissen.

Das Mädchen schenkte ihr das süßeste und heiterste Lächeln, während sie bestimmt den Kopf schüttelte.

»Ich bin nicht gekommen, um zu herrschen«, sagte sie. »Ich bin gekommen, um euch zu lehren, daß jeder Mensch das Recht hat, sein eigener und einziger König zu sein.«

»Es muß aber immer einen geben, der befiehlt, und andere, die gehorchen!« wandte die YorubaFrau mit felsenfester Überzeugung ein.

Celeste Heredia ließ sich mit der Antwort Zeit, sah alle Anwesenden sehr lange an, und schließlich fragte sie sehr sanft:

»Warum?«