»Eine Chance besteht noch«, antwortete Joe. »Ich habe deinem Mädchen von dir berichtet, vielleicht können ihre Freunde etwas für dich tun. Was mich anbetrifft, so erwarte ich noch eine 'Begnadigung.«
»Gibt es so etwas?« fragte Barrent.
»Es ist alles möglich hier. Trotzdem ist es besser, sich nicht allzu große Hoffnungen zu machen.«
»Wie gehen diese Spiele eigentlich vor sich?« fragte Barrent, »Sie sind genau das, was man sich darunter vorstellt«, erklärte Joe.
»Kämpfe von Mann zu Mann oder gegen die verschiedensten Typen der Flora und Fauna von Omega, Nadelstrahl- und Hitzewaffen-Duelle. Sie sind nach dem Vorbild der alten Gladiatorenkämpfe auf der Erde aufgezogen, habe ich mir sagen lassen.«
»Und wenn jemand mit dem Leben davonkommt, steht er außerhalb des Gesetzes.«
»Das ist richtig.«
»Aber was heißt das, außerhalb des Gesetzes zu stehen?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Joe. »Niemand scheint viel darüber zu wissen. Alles, was ich herausfinden konnte, war, daß die Überlebenden der Spiele von dem Schwarzen geholt werden. Das soll auch nicht gerade angenehm sein.«
»Das glaube ich gern. Sehr wenige Dinge auf Omega sind angenehm.«
»Ach, so schlecht ist es hier gar nicht«, sagte Joe. »Du besitzt
eben nicht den rechten Geist der -«
Die Ankunft einer Wachtruppe unterbrach ihn. Es war an der Zeit, daß die Männer in Barrents Zelle in die Arena geführt wurden.
»Keine Begnadigung«, bemerkte Barrent.
»Na ja, da kann man eben nichts machen.« Joe zuckte die Achseln.
Unter starker Bewachung wurden sie zu der eisernen Tür geführt, die den Zellengang von der Arena trennte. Gerade als der Kapitän der Wache die Tür auf stoßen wollte, kam ein dicker, gutgekleideter Mann aus einem Seitengang herbeigeeilt. Er schwenkte ein paar Blätter Papier.
»Was soll das?« fragte der Kapitän.
»Ein richterlicher Erlaß«, antwortete der Dicke und reichte dem Kapitän die Papiere. »Auf der anderen Seite finden Sie eine Aufhebeverfügung.« Er zog noch mehr Papiere aus der Tasche. »Und hier habe ich noch die Bestätigung für eine BankrottÜbertragung, eine Erbgut-Verpfändung, einen Erlaß des Habeas corpus und eine Gehaltsbestätigung.«
Der Kapitän stieß seinen Kopfhelm zurück und kratzte sich die niedere Stirn. »Ich werde nie verstehen, was ihr Rechtsanwälte immer daherredet. Was soll das Ganze bedeuten?«
»Er ist frei«, erklärte der Dicke und zeigte mit dem Daumen auf Joe.
Der Kapitän nahm die Papiere, warf einen erstaunten Blick darauf und reichte sie dann einem Gehilfen. »Also gut«, brummte er. »Nehmen Sie ihn mit. Aber in den guten alten Tagen gab's so was nicht! Nichts unterbrach den geordneten Ablauf der Spiele.«
Mit einem triumphierenden Grinsen trat Joe an den Wachen vorbei auf den dicken Rechtsanwalt zu. »Haben Sie irgendwelche Papiere für Will Barrent?« fragte er.
»Nein«, antwortete der Rechtsanwalt. »Sein Fall liegt in anderen Händen. Ich fürchte, er wird noch nicht fertig aufgerollt sein, bis die Spiele vorüber sind.«
»Aber dann werde ich höchstwahrscheinlich schon tot sein«, sagte Barrent.
»Diese Tatsache - das kann ich Ihnen versichern - wird bestimmt nicht die ordnungsgemäße Abwicklung und Handhabung Ihrer Papiere beeinflussen«, erklärte der dicke Rechtsanwalt voller Stolz. »Tot oder lebendig - Sie werden alle Rechte zugesprochen bekommen.«
»In Ordnung! Weitergehen!« befahl der Kapitän der Wache.
»Viel Glück«, rief Joe. Und dann marschierten die Gefangenen hintereinander durch die Eisentür in das blendende Licht der Arena.
Barrent überstand die Manngegen-Mann-Kämpfe, in denen ein Viertel der Gefangenen getötet wurde. Danach rüstete man die Männer mit Schwertern aus, um sie gegen die tödliche Fauna von Omega kämpfen zu lassen. Die Bestien, die ihnen gegenüberstanden, hatten riesige Mäuler und dicke Panzer; sie lebten in der Wüstenregion im Süden von Tetrahyde. Nach einem Verlust von fünfzehn Männern waren auch diese Monster bewältigt.
Barrent wurde einem Saunus gegenübergestellt, einem schwarzen fliegenden Reptil aus den westlichen Bergen. Eine Weile bedrängte ihn diese häßliche Kreatur mit ihren Giftzähnen hart. Aber dann hatte er einen Einfall. Er gab den Versuch, in die Flanke der Bestie zu stoßen, auf und konzentrierte sich darauf, ihre breiten, fächerartigen Schwanzfedern abzutrennen. Als ihm das gelungen war, verlor der Saunus die Balance und krachte gegen die hohe Wand, die die Kämpfenden von den Zuschauern trennte. Danach war es ein leichtes, das einzige große Auge des Saunus zu durchbohren. Die erregte Zuschauermenge applaudierte begeistert.
Barrent ging zurück in den umgitterten Teil der Arena und beobachtete die anderen Männer, die sich gegen die Trichometreds zu wehren versuchten, unglaublich flinke kleine Tiere von der Größe einer Ratte und der Behendigkeit eines Wolfes. Dieser Kampf kostete fünf Teams Gefangener das Leben. Nach einer kurzen Zwischenpause mit Duellen wurde die Arena gesäubert.
Jetzt hoppelten amphibienartige Wesen mit harten Schalen herein. Sie waren in ihren Bewegungen unbeholfen, aber von einer mehrere Zentimeter dicken Panzerschale geschützt. Ihre schmalen peitschenden Schwänze dienten ihnen zugleich als Fühler und waren äußerst gefährlich für den, den sie trafen. Barrent mußte gegen eine dieser Kreaturen kämpfen, nachdem sie vier seiner Leidensgenossen außer Gefecht gesetzt hatte.
Er hatte die früheren Kämpfe sorgfältig beobachtet und die einzige Stelle entdeckt, die der Fühler nicht erreichen konnte.
Barrent wartete auf eine Gelegenheit und sprang dann mitten auf den breiten Rücken der Bestie.
Als der Rücken sich zu einem gewaltigen Schlund öffnete denn das war die Art und Weise, wie die Amphibie fraß -, rammte Barrent sein Schwert in die Öffnung. Die Bestie brach sofort zusammen, und die Zuschauermenge drückte ihren Beifall aus, indem sie Kissen in die Arena schleuderte.
Dieser Sieg ließ Barrent allein mitten in der blutgetränkten Arena zurück. Die restlichen Gefangenen waren entweder tot oder zu stark verletzt, um weiterzukämpfen. Barrent wartete gespannt darauf, was für eine Bestie ihm das Komitee der Spiele als nächstes präsentieren würde.
Eine einzelne Ranke streckte sich aus dem Sand, dann eine weitere. Innerhalb von wenigen Sekunden wuchs inmitten der Arena ein dicker Stamm in die Höhe, aus dem sich immer mehr Ranken und Wurzeln schlängelten, die alles Fleisch, lebend oder tot, in kleine Mäuler steckten, die den Baum umgaben. Dies war der Aasbaum, der in den Sümpfen im Nordosten beheimatet war und nur mit äußerster Schwierigkeit eingeführt werden konnte.
Es hieß, daß er gegen Feuer äußerst empfindlich war; aber Barrent hatte keins zur Verfügung.
Das Schwert mit beiden Händen umfassend, hieb Barrent Äste und Zweige ab; doch an ihrer Stelle wuchsen neue. Er arbeitete mit wahnsinniger Schnelligkeit, damit die Ranken ihn nicht umzingelten. Seine Arme wurden müde, und der Baum regenerierte rascher, als er ihn niederschlagen konnte. Es schien keine Möglichkeit zu geben, ihn zu zerstören.
Seine einzige Hoffnung lag in den langsamen Bewegungen des Baums. Diese waren zwar schnell - für eine Pflanze, aber nicht im Vergleich mit der menschlichen Muskulatur. Barrent sprang aus einer Ecke hervor, in der ihn die sich schlängelnden Ranken einzufangen drohten. Fast zwanzig Meter von ihm entfernt, halb im Sand verborgen, lag ein zweites Schwert. Barrent lief darauf zu und hörte zugleich warnende Rufe aus den Zuschauerreihen. Schon fühlte er eine Ranke um den Knöchel.
Er hackte sie ab, aber andere rankten sich um seine Hüfte. Er stemmte sich fest gegen den Boden und schlug die beiden Schwerter gegeneinander, in der Hoffnung, auf diese Weise einen Funken erzeugen zu können.
Beim ersten Versuch brach das Schwert in seiner rechten Hand in zwei Hälften. Barrent hob sie auf und versuchte es immer wieder, während die Ranken ihn unentwegt dichter an die Mäuler heranzogen. Da sprühte ein Regen von Funken vom aneinanderschlagenden Stahl auf. Einer berührte eine Ranke.