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Menschen, denen er begegnet war, sahen nicht im mindesten bedrückt aus. Ganz im Gegenteil. Dies schien eine völlig andere Welt...

Außer daß Jahr für Jahr die Raumschiffe nach Omega flogen, mit ihren Ladungen Gefangener, denen man die Erinnerung geraubt hatte. Wer verhaftete sie? Wer verurteilte sie? Was für eine Gesellschaft brachte sie hervor?

Die Antworten auf diese Fragen mußte er selbst herausfinden.

Früh am nächsten Morgen begann Barrent mit seinen Nachforschungen. Seine Methode war einfach. Er klingelte an Haustüren und stellte Fragen. Er warnte alle seine Opfer davor, daß seine Fragen mit Tricks oder Unsinn durchsetzt sein könnten, dessen Zweck es war, die allgemeine Bewußtseinsbasis zu testen. Auf diese Weise, fand Barrent, konnte er überhaupt alles über die Erde erfragen, konnte widerstreitende Meinungen vernehmen, und das alles, ohne sich selbst eine Blöße zu geben

Allerdings bestand noch immer die Gefahr, daß irgendein Beamter seine Ausweise zu sehen wünschte oder daß letzten Endes doch noch die Polizei auftauchte, wenn er sie am wenigsten erwartete. Aber dieses Risiko mußte er eingehen. Von der Orange Esplanade ausgehend, bewegte sich Barrent nordwärts und machte bei jedem Haus halt. Die Ergebnisse waren recht unterschiedlich, wie ein ausgewähltes Beispiel seiner Arbeit zeigt:

(Bürgerin A. L. Gotthreid, Alter 55, Beruf: Haushälterin. Eine starke Frau, die sich sehr aufrecht hielt, höflich, ohne viel Humor.) »Sie möchten meine Meinung über Klassen und Stände hören? Habe ich Sie richtig verstanden?«

»Jawohl.«

»Ihr Meinungsforscher wollt immer alles mögliche über Klassen und Stände wissen. Man sollte meinen, daß ihr inzwischen schon alles erfahren habt, was es darüber zu erfahren gibt.

Aber meinetwegen. Heutzutage gibt es nur noch eine Klasse, da alle gleich sind. Nämlich die Mittelklasse. Dann bleibt also nur noch die eine Frage, zu welchem Teil der Mittelklasse man gehört. Zu dem oberen, dem mittleren oder dem unteren.«

»Und wonach richtet sich das?«

»Nach allen möglichen Dingen. Nach der Art, wie jemand ißt, spricht, sich kleidet, wie man sich in der Öffentlichkeit benimmt.

Nach dem Auftreten. Nach der Kleidung. Man kann einen Angehörigen der oberen Mittelklasse immer an seiner Kleidung erkennen. Ein Irrtum ist da ausgeschlossen.«

»Ich verstehe. Und die untere Mittelklasse?«

»Erstens einmal fehlt denen, die ihr angehören, eine gewisse schöpferische Energie. Zum Beispiel tragen sie Fertigkleidung, ohne sich die Mühe zu machen, diese auf irgendeine Weise zu verschönern. Das gleiche trifft bei ihren Häusern zu. Einfache, phantasielose Verzierungen tun's eben nicht, das möchte ich hier sagen. Solche Leute empfängt man nicht bei sich zu Hause.«

»Vielen Dank, Bürgerin Gotthreid. Und in welche Rangstufe würden Sie sich einreihen?« (Mit einem ganz geringen Zögern:) »Oh! Darüber habe ich mir eigentlich noch nie Gedanken gemacht - obere Mittelklasse, glaube ich.«

(Bürger Dreister, Alter 43, Beruf: Schuhverkäufer. Ein schlanker, ruhiger Mann, für sein Alter jung aussehend.) »Ja, Sir. Myra und ich haben drei schulpflichtige Kinder. Alles Jungen.«

»Können Sie mir in etwa sagen, worin ihre Schulausbildung besteht?«

»Sie lernen lesen und schreiben und gute Bürger zu werden

Schon jetzt bereiten sie sich auf einen Beruf vor. Der Älteste übernimmt einmal mein Geschäft - die Schuhe. Die ändern beiden gehen bei einem Gemüsehändler und in einem

Kurzwarengeschäft in die Lehre. Aus dieser Branche stammt die Familie meiner Frau.

Sie lernen auch ihren Stand zu bewahren und die allgemeinen Methoden, um sich im Gesellschaftssystem nach oben zu arbeiten.

Das ist das wichtigste, was sie in den öffentlich zugänglichen Schulklassen lernen.«

»Und gibt es denn auch andere Klassen, die nicht öffentlich sind?«

»Ja, natürlich gibt es noch die geheimen Klassen. Jedes Kind nimmt daran teil.«

»Und was lernen sie in den geheimen Unterrichtsstunden?«

»Das weiß ich nicht. Sie sind geheim, wie ich schon sagte.«

»Sprechen denn die Kinder nie darüber?«

»Nein, sie reden über alles mögliche, aber nicht darüber.«

»Haben Sie denn gar keine Ahnung, was in den geheimen Klassen vor sich geht?«

»Tut mir leid. Aber das weiß ich wirklich nicht. Wenn ich es erraten sollte - aber das ist wirklich nur eine ganz persönliche Meinung -, dann würde ich sagen, es ist etwas Religiöses. Aber da müssen Sie schon einen Lehrer fragen.«

»Vielen Dank. Und in welche Rangstufe würden Sie sich selbst einreihen?«

»Mittlere Mittelklasse. Daran besteht gar kein Zweifel.«

(Bürgerin Maryjane Morgan, Alter 51, Beruf: Lehrerin. Eine große, knochige Frau.)' »Ja, Sir. Ich. glaube, das ist so im großen und ganzen unser Lehrplan an der Little-Beige-Schule.«

»Außer den geheimen Klassen.«

»Wie bitte?«

»Die geheimen Klassen. Von denen haben Sie noch gar nichts erwähnt.« »Das kann ich leider auch nicht.«

»Und warum nicht, Bürgerin Morgan?«

»Ist das eine Fangfrage? Jeder weiß doch nur zu gut, daß an den geheimen Klassen keine Lehrer teilnehmen dürfen.«

»Wer darf dann an ihnen teilnehmen?«

»Die Kinder natürlich!«

»Aber wer unterrichtet sie?«

»Darüber führt die Regierung Aufsicht.«

»Natürlich. Aber wer unterrichtet denn in den geheimen Klassen?«

»Ich habe keine Ahnung. Und es geht mich auch nichts an. Die geheimen Klassen sind eine uralte und angesehene Institution.

Was in ihnen vorgeht, hat höchstwahrscheinlich religiösen Charakter. Aber das ist nur eine Annahme von mir. Was immer es auch sein mag, mich geht es nichts an. Und Sie auch nicht, junger Mann, ganz gleich, ob Sie Meinungsforscher sind oder nicht.«

»Vielen Dank, Bürgerin Morgan.«

(Bürger Edgar Niel, Alter 107, Beruf: Pensionierter Offizier. Ein großer, leicht gebückter Mann mit scharfen, eiskalten blauen Augen, die vom Alter noch nicht getrübt sind.) »Ein bißchen lauter, bitte. Wie war die Frage?«

»Über die militärischen Streitkräfte. Im besonderen fragte ich

»Ich erinnere mich wieder. Ja, junger Mann, ich war Oberst im 21. nordamerikanischen Raumfahrt-Kommando. Das war eine reguläre Einheit der Verteidigungs-Corps der Erde.«

»Und haben Sie sich dann vom Dienst zurückgezogen?«

»Nein, der Dienst hat sich von mir zurückgezogen.«

»Wie bitte?« »Sie haben mich richtig verstanden, junger Mann. Das war vor dreiundsechzig Jahren. Die Streitkräfte der Erde wurden demobilisiert, ausgenommen die Polizei, die ich aber nicht mitrechnen kann. Aber alle regulären Truppen wurden aufgelöst.«

»Und warum hat man das getan, Sir?«

»Es gab niemanden, gegen den man hätte kämpfen können. Es gab noch nicht einmal jemand, vor dem man sich hätte hüten müssen, wie man mir sagte. Verdammte Narrheit, das ist meine Meinung. «

»Könnten die Streitkräfte denn nicht wieder gebildet werden?«

»Selbstverständlich. Aber die gegenwärtige Generation eignet sich nicht zum Dienst unter den Waffen. Es gibt keine Führerpersönlichkeiten mehr, vielleicht noch einige wenige nutzlose alte Knaben wie mich. Das würde Jahre dauern, bis sich wieder eine wirksame, gut geführte Streitkraft gebildet hätte.«

»Und bis dahin ist die Erde völlig schutzlos gegenüber einer eventuellen Invasion von außen her?«

»Ja, die gesamte Schutzpflicht obliegt den Polizeieinheiten.