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Tryss sah sie von der Seite an. »Meinst du, es wäre anders ausgegangen, wenn ihr die Möglichkeit gehabt hättet, sie aus der Luft anzugreifen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Sie betrachtete das Geschirr. »Wir werden es erst erfahren, wenn wir es versucht haben. Gehst du... gehst du zu der Zusammenkunft heute Abend?«

Tryss zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht.«

»Ich habe gehört, dass gestern Abend ein Landgeher angekommen ist. Er ist über die Berge geklettert, um hierherzugelangen. Er wird auch bei der Zusammenkunft sein.«

»Sie haben ihn nicht getötet?«, fragte Tryss überrascht.

»Nein. Er ist keiner von denen, die unser Land stehlen. Er kommt von weit her.«

»Was will er?«

»Ich bin mir nicht ganz sicher, aber mein Vater hat etwas in der Art gesagt, dass die Götter uns diesen Mann geschickt hätten. Er will uns bitten, uns irgendeiner Sache anzuschließen. Wenn wir das tun, würden uns andere Landgeher vielleicht helfen, diejenigen loszuwerden, die uns unser Land nehmen.«

»Wenn sie dazu in der Lage sind, dann können sie unser Land auch selbst stehlen«, bemerkte Tryss.

Drilli runzelte die Stirn. »Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Aber die Götter haben ihn geschickt. Huan hätte das gewiss nicht geschehen lassen, wenn es bedeutete, dass wir alle getötet werden.«

»Wer kennt schon die Pläne der Göttin?«, erwiderte Tryss trocken. »Vielleicht ist ihr aufgegangen, dass es ein Fehler war, uns zu erschaffen, und dies ist eine Möglichkeit, wie sie sich unserer entledigen kann.«

»Tryss!«, sagte Drilli schockiert. »Du solltest nicht so über die Göttin reden.«

Er lächelte. »Vielleicht nicht. Aber wenn sie uns beobachtet, wird sie meine Gedanken ohnehin gelesen haben. Und wenn sie mich diese Dinge denken hören kann, dann erkennt sie auch, dass ich nicht glaube, was ich gesagt habe.«

»Warum sagst du es dann?«

»Weil mir die Möglichkeit in den Sinn gekommen ist und ich sie aussprechen musste, um zu begreifen, dass ich nicht daran glaube.«

Drilli starrte ihn an, dann schüttelte sie den Kopf. »Du bist wirklich ein eigenartiger Junge, Tryss.« Sie deutete mit dem Kopf auf das Geschirr. »Wirst du das zu der Zusammenkunft heute Abend mitnehmen?«

»Dieses Ding? Nein. Man würde mich auslachen.«

»Vielleicht auch nicht.«

»Ich habe es schon früher einigen Leuten gezeigt. Sie denken, dass es unmöglich sein wird, damit zu fliegen, oder dass es das Fliegen schwerfällig und gefährlich machen wird, und selbst wenn ich sie widerlege, glauben sie mir nicht, dass es möglich ist, damit zu jagen. Und im Moment bin ich mir ohnehin nicht sicher, ob es funktionieren wird. Zwei Eisenspitzen scheinen mir nicht genug zu sein. Ich habe versucht, das Geschirr so zu verändern, dass man mehr mitnehmen kann, aber... aber... es ist kompliziert.«

»So sieht es auch aus. Trotzdem würde ich es versuchen. Ich frage mich... Könntest du etwas anfertigen, das es mir ermöglichen würde, das Blasrohr im Flug zu benutzen?«

Er betrachtete zuerst das Rohr in ihren Händen, dann das Geschirr. Sie würde eine Art von Rahmen benötigen, um das Rohr ruhig zu halten, und außerdem eine Möglichkeit, es mit neuen Geschossen zu beladen. Sie könnte die Geschosse aus einem Beutel in das Rohr saugen. Außerdem waren diese Geschosse viel kleiner und leichter als Eisenspitzen, so dass sie mehr davon würde mitnehmen können... Er sog den Atem ein. Aber das war genial! Während ihm die verschiedenen Möglichkeiten durch den Kopf schössen, spürte er, dass seine Hände vor Aufregung zu zittern begannen.

»Drilli«, sagte er.

»Hmm?«

»Darf ich... darf ich mir dieses Rohr ausborgen?«

Auraya beobachtete fasziniert, wie ihr neues Haustier eine imaginäre Spinne die Wand hinaufjagte. Es war ein Veez – ein kleines, schlankes Geschöpf mit spitzer Nase, flauschigem Greifschwanz und großen Augen, die es mit einer hervorragenden Nachtsicht ausstatteten. Seine weichen Zehen spreizten sich auf der weiß getünchten Fläche und gestatteten es ihm irgendwie, sich mühelos an die Wand zu heften – und jetzt an die Decke. Der Veez hielt direkt über ihr inne und ließ sich plötzlich auf ihre Schulter fallen.

»Kein Päfer«, sagte er, dann sprang er auf einen Stuhl und rollte sich zusammen, seinen gefleckten, grauen Schwanz über die Nase gelegt.

»Kein Käfer«, stimmte Auraya ihm zu. Das Tier besaß die überaus bemerkenswerte Fähigkeit zu sprechen; allerdings beschränkte der Veez sich dabei auf Dinge, die ein solch kleines Geschöpf interessierten, wie Essen oder Trost. Sie bezweifelte, dass sie erhellende philosophische Gespräche mit ihm würde führen können.

Es klopfte an der Tür. »Herein«, rief sie.

Dyara trat ein. »Auraya. Wie geht es dir heute Morgen?«

»Owaya!«, wiederholte eine leise Stimme. Dyara blickte zu dem Veez hinüber. »Ah, wie ich sehe, hat der somreyanische Ältestenrat bereits sein traditionelles Geschenk für eine neue Weiße abgeliefert.«

Auraya nickte. »Ja. Zusammen mit einer erstaunlich raffinierten Ansammlung von Spielzeugen und Anweisungen.«

»Hast du ihm schon einen Namen gegeben?«

»Nein.«

Die ältere Frau ging zu dem Stuhl hinüber und streckte dem Veez einen Finger hin. Er schnupperte, dann legte er den Kopf schräg und ließ sich von Dyara hinter seinen winzigen, spitzen Ohren kraulen.

»Sobald du gelernt hast, deine Gedanken mit seinen zu verbinden, wirst du ihn recht nützlich finden. Du brauchst ihm nur ein Gedankenbild eines Gegenstands zu zeigen, und er wird ihn für dich holen. Er kann auch Menschen finden, obwohl es einfacher ist, wenn du ihm etwas gibst, das der Betreffende berührt hat. Dann kann er die Witterung des Gesuchten aufnehmen.«

»In den Anweisungen hieß es, Veez gäben gute Späher ab.«

Dyara lächelte. »Wobei Späher der höfliche Ausdruck für Spione ist. Wenn du dich mit seinen Gedanken verbindest, wirst du sehen können, was er sieht – und da ihre Nachtsicht hervorragend ist und sie an Orte gelangen können, die für Menschen unerreichbar sind, geben sie in der Tat gute, ahm, Späher ab.« Der Veez hatte inzwischen voller Wonne die Augen geschlossen und genoss ihre Liebkosung. »Aber du wirst ihn ebenso aufgrund seines Wesens zu schätzen lernen. Veez sind liebevoll und treu.« Sie hörte auf, das Tier zu kraulen. Der Veez öffnete die Augen und sah sie eindringlich an.

»Tratzen?«

Sie schenkte ihm keine weitere Beachtung und wandte sich zu Auraya um. »Wir werden...« »Tratzen!«

»Genug«, beschied sie ihm energisch. Er zog den Kopf ein wie ein getadeltes Kind.

»Außerdem können sie in diesem Alter ein wenig anspruchsvoll sein. Du musst streng mit ihm sein.« Sie entfernte sich von dem Stuhl und sah Auraya mit undeutbarer Miene von der Seite an. Nicht zum ersten Mal wünschte Auraya, sie hätte die Gedanken der anderen Frau ebenso mühelos lesen können, wie sie inzwischen die Gedanken der meisten Menschen zu lesen wusste.

»Gestern Abend hast du gesagt, du hättest am Nachmittag einen alten Freund besucht«, fuhr Dyara fort. »Es gibt eine Menge ›Späher‹ in der Stadt, die erpicht darauf sind, ihre Fähigkeiten zu beweisen und für mich zu arbeiten. Diese Späher melden mir, was sie gesehen haben. Heute Morgen hat einer von ihnen behauptet, der Freund, den du besucht hättest, sei ein Traumweber. Ist das wahr?«

Auraya musterte Dyara aufmerksam. Was sollte sie antworten? Sie wollte eine der Weißen nicht belügen. Ebenso wenig würde sie jedoch Schuldgefühle vortäuschen, weil sie ihren alten Freund aufgesucht hatte.

nem Heimatdorf. Ich habe ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Er hat die Botschaft vom Tod meiner Mutter in den Tempel gebracht. Dafür wollte ich ihm danken.«

»Wenn ich recht verstanden habe, wird er jetzt, da die Botschaft ausgeliefert ist, nach Hause zurückkehren.«

»Wahrscheinlich.« Auraya zuckte die Achseln. »Ich bezweifle, dass er sich lange hier aufhalten wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Leben in der Stadt ihm zusagt. Er war immer eher ein Einzelgänger.«