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Der Veez löste sich aus seiner Trance und hob den Kopf. »Mehr kraulen?«

Diese Bemerkung entlockte ihnen beiden ein leises Lachen. Leiard setzte den Veez auf die Bank. Das Tier begann von neuem, um Essen zu betteln, daher öffnete Auraya ihren Korb und holte Erfrischungen für sie alle hervor. Dann las sie laut die Anweisungen für das Spielzeug vor, und sie stellten Überlegungen zu der Frage an, ob es klug sei, dem Tier derartige Kunststücke beizubringen.

Nur allzu bald kam der Kahn zurück. Leiard wartete, bis das Boot an den Pollern festgemacht war, bevor er aufstand. Dann hielt er inne und blickte auf sie hinab.

»Wann wirst du nach Somrey segeln?«

Sie zuckte die Achseln. »Das hängt davon ab, ob ich einen Ratgeber finde. Wenn sich niemand zur Verfügung stellt, wird Mairae wahrscheinlich in etwa einem Monat allein aufbrechen.«

»Und wenn du jemanden findest?« »Früher.«

Er nickte, dann wandte er sich ab und ging zu dem Kahn hinüber. Nach einigen Schritten blieb er noch einmal stehen, drehte sich um, lächelte schwach und neigte den Kopf.

»Es war mir ein Vergnügen, mich mit dir zu unterhalten, Auraya von den Weißen. Ich werde die Position, die du mir angeboten hast, annehmen. Wann soll ich dich treffen?«

Sie sah ihn überrascht an. »Wie war das noch mit der Bedenkzeit?«

Er hob die Schultern. »Ich habe bereits nachgedacht.«

Sie betrachtete ihn eingehend. Von dem Aufruhr, der einige Zeit zuvor seinen Geist erfüllt hatte, war nichts mehr zu entdecken. Anscheinend hatte die Vernunft seine Furcht überwunden, nachdem er über das Problem nachgedacht hatte.

»Ich werde Juran sagen, dass du das Angebot angenommen hast. Wenn ich deine Anwesenheit im Turm benötige, werde ich dir eine Nachricht schicken.«

Er nickte knapp. Dann wandte er sich ab, stieg zu dem Kahn hinunter und ließ sich auf die niedrige Bank sinken. Sie gab den Stakern ein Zeichen, woraufhin die Männer die Leinen ins Boot warfen und wieder an Bord gingen. Kurz darauf glitt der Kahn stromaufwärts davon.

Auraya blickte Leiard nach, der gelassen zwischen den Stakern saß, und dachte über die Zweifel nach, die sie gehabt hatte. Sie hatte befürchtet, dass er sich nicht mit ihr treffen würde, aber er hatte es getan. Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass die Begegnung peinlich werden könnte, aber sie war in seiner Gegenwart so unbefangen gewesen wie eh und je. Gleichzeitig hatte sie sich ängstlich gefragt, wie seine Antwort ausfallen würde.

Jetzt brauchte sie nur noch über die Möglichkeit nachzugrübeln, dass seine neue Tätigkeit womöglich ihre Freundschaft zerstörte. Als der Kahn außer Sicht war, rief Auraya nach Unfug, griff nach ihrem Korb und machte sich auf den Rückweg zum Weißen Turm.

Fiamo nahm den letzten Schluck von seinem Gewürzwasser und lehnte sich an den Mast. Er war außerordentlich zufrieden mit sich, und das lag nicht nur an der Wirkung des Schnapses. Der Sommer brachte immer eine größere Ausbeute an Fischen, aber heute hatten sie mehr gefangen, als es für die Jahreszeit üblich war. Er würde ein hübsches Sümmchen Geld verdienen.

Er lächelte vor sich hin. Das meiste würde nach ihrer Rückkehr an die Mannschaft gehen – und an seine Frau. Aber er hatte gute Lust, ein wenig von dem Geld beiseitezulegen, um Geschenke für seine Söhne zu kaufen, wenn er das nächste Mal in den Nordosten segelte.

Im Augenblick gab es nicht mehr zu tun, als sich am Pier von Meran die Zeit zu vertreiben. Der Wind hatte nachgelassen und würde wahrscheinlich erst am späten Nachmittag wieder auffrischen. In der Zwischenzeit sah es so aus, als würde dies einer jener warmen, trägen Nachmittage werden, die zu nichts anderem gut waren, als mit seiner Mannschaft zu zechen.

Seine Männer waren Nachbarn und Verwandte. Er arbeitete schon seit Jahren mit ihnen zusammen, zuerst als einfacher Seemann im Dienst seines Vaters und jetzt, nachdem sein Vater vor fünf Jahren an Lungenfäule gestorben war, als Kapitän.

Plötzlich spürte Fiamo, dass das Boot sich ein klein wenig zur Seite neigte, und er hörte die Tritte schwerer Stiefel auf der Laufplanke. Er blickte auf und grinste, als der alte Marro auf Deck kam, in den Händen einen irdenen Krug und einen großen Fladen Brot.

»Vorräte«, sagte der Mann. »Wie du befohlen hast.«

»Das wurde auch Zeit«, erwiderte Fiamo schroff. »Ich dachte, du...«

»Kapitän!« Der Ruf kam von Harro, dem jüngsten Mitglied von Fiamos Mannschaft, dem Sohn eines Nachbarn. Fiamo hörte Unsicherheit und einen warnenden Unterton in der jungen Stimme. Harro stand am Bug, den Blick auf das kleine Dorf gerichtet.

»Hm?«

»Da kommt... da kommt ein Rudel Worns die Straße herunter. Es sind vielleicht zehn Tiere.« »Da kommt was?«

Fiamo rappelte sich hoch, und einen Moment lang trübten das Gewürzwasser und die plötzliche Bewegung seine Sicht. Als sein Blick wieder klarer wurde, sah er, was der Junge entdeckt hatte. Meran war der größte Hafen an diesem Küstenabschnitt, aber das zugehörige Dorf war eher klein. Am Ende des Piers begann eine Straße, die stetig in die gewellten Hügel emporstieg. Und über diese Straße kam jetzt eine wogende, springende Masse schwarzer Geschöpfe.

»Mögen die Götter uns schützen«, stieß er hervor und machte mit einer Hand das Zeichen des Kreises. »Die Leinen los! Läute die Glocke!«

Er hatte einmal im Licht eines vollen Mondes einen Worn gesehen. Das Tier war gewaltig gewesen, und wahrscheinlich hatte seine Furcht es ihm so groß erscheinen lassen. Diese Worns waren noch größer, als er es sich in seiner Fantasie jemals ausgemalt hatte. Auch das Sonnenlicht schien ihnen nichts anhaben zu können. Sie liefen mit geschmeidigen, gut aufeinander abgestimmten Bewegungen die Straße hinunter auf das Schiff zu.

»Beeilt euch«, fuhr er seine Männer an.

Die Seeleute waren aufgestanden, um sich dieses unmögliche Bild anzusehen. Auf seinen Befehl hin sprangen sie jetzt an die Seile. Fiamo trat an die Reling und rief den anderen Fischern, die im Hafen vor Anker lagen, eine Warnung zu. Dann begann sein eigenes Boot zu schaukeln, während seine Männer es vom Pier abstießen. Harro läutete aus Leibeskräften die Warnglocke.

Die Segel wurden heruntergelassen, blieben jedoch schlaff. Fiamo stellte fest, dass sein Herz hämmerte. Er beobachtete, wie die wenigen Dorfbewohner, die sich noch im Freien aufhielten, die Tiere sahen und in ihre Häuser flüchteten. Der Abstand zwischen seinem Boot und dem Pier wurde nur langsam größer. Das Stück Straße zwischen den Worns und dem Pier schrumpfte sehr viel schneller zusammen.

»An die Ruder!«, rief er.

Die Männer beeilten sich, seinem Befehl Folge zu leisten. Die näher kommenden Worns hatten inzwischen ebenen Boden erreicht. Jetzt wurde eine Gestalt mitten zwischen den Tieren sichtbar, und Fiamo keuchte ungläubig auf.

»Ein Mann! Auf einem von ihnen reitet ein Mann!«, schrie Harro.

Zur gleichen Zeit beschleunigte sich die Fahrt des Bootes, als zu beiden Seiten Ruder ins Wasser eingetaucht wurden. Fiamo blickte zum Pier hinüber. Die anderen Boote, die kleiner und leichter waren, waren schneller vorangekommen. Sein Boot war es, das dem Pier nun am nächsten war. Obwohl er bezweifelte, dass selbst Worns von dieser Größe so weit springen konnten, sagte irgendetwas ihm, dass er noch nicht außer Gefahr war.

Das Rudel ergoss sich wie eine schwarze Flut durch das Dorf. Fiamo konnte den Reiter inzwischen besser sehen, einen Mann, der mit Gewändern angetan war, wie kein gewöhnlicher Sterblicher sie trug. Das Boot befand sich mehr als zwanzig Schritte vom Pier entfernt und nahm Geschwindigkeit auf, da die Furcht der Mannschaft zusätzliche Kraft verlieh. Die Worns schenkten den Häusern keinerlei Beachtung. Sie sprangen auf den Pier und strichen an deren Außenkanten entlang. Der Reiter betrachtete die flüchtenden Boote, dann kehrte sein Blick zu Fiamos Boot zurück. Er hob die Hand. Fiamo holte tief Luft, darauf gefasst, sich dem Befehl des Fremden, zurückzukehren, zu widersetzen. Keine Stimme wehte über das Wasser. Stattdessen wurde die Fahrt des Bootes jäh gebremst.