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»Seht!« Sie legte einen Finger an die Lippen und blickte über seine Schulter. »Sie werden es nicht wagen, uns zu folgen. Und in der Laube wird jetzt niemand sein. Sie sind alle beim Fest.«

»Warum brennt dann ein Licht im Innern?«

»Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich hat einer der Sprecher es brennen lassen, um...«

Tryss erstarrte. Drei Gestalten waren zwischen den Bäumen hervorgetreten und schritten auf die Laube zu. Die Neuankömmlinge schauten zu seiner Erleichterung nicht in ihre Richtung, sondern eilten direkt auf die Laube zu und gingen hinein. Das Licht warf ihre verzerrten Schatten an die Wände.

Drillis Atem hatte sich beschleunigt. Sie blickte in die Richtung, aus der seine Vettern gekommen waren, dann stahl sie sich plötzlich näher an die Laube heran und ging vor einem der großen, alten Bäume in die Hocke.

»Wenn deine Vettern uns finden, werden sie uns verraten«, sagte sie. »Besser, wir verstecken uns hier und riskieren eine Entdeckung durch die Sprecher.«

Sie blickte wieder zu der Laube hinüber. Jetzt konnten sie auch Stimmen hören.

»Wir sind angegriffen worden«, erklärte ein Mann düster. »Aber nicht von Menschen. Von Vögeln.«

»Vögel?« Tryss erkannte Sprecherin Sirris Stimme.

»Ja. Es waren vielleicht zwanzig. Sie sind wie eine lebendige Mauer aus den Baumwipfeln gekommen.«

»Was für eine Art von Vögeln?«

»Keine, die ich je zuvor gesehen habe. Wie große, schwarze Kiri.«

»Sehr große«, fügte eine dritte Stimme hinzu. »Ihre Flügelspanne ist der unseren fast ebenbürtig.«

»Wirklich?« »Ja.«

»Wie haben sie euch angegriffen?«

»Sie sind mit Schnäbeln und Krallen über uns hergefallen. Wir haben alle Kratzer davongetragen«, erwiderte der erste Besucher grimmig. »Niril hat ein Auge verloren, Liriss beide. Die Hälfte von uns hat zerrissene Flügelmembranen, und sowohl Virri als auch Dillir werden vielleicht nie wieder fliegen können.«

Stille folgte diesen Worten.

»Das ist schrecklich«, erwiderte Sirri mit echtem Kummer. »Was habt ihr dann getan? Wie seid ihr ihnen entkommen?«

»Überhaupt nicht. Sie haben uns zu Boden getrieben. Wir haben versucht, auf sie zu schießen, aber sie sind davongestoben, sobald wir unsere Bögen hervorgeholt hatten, geradeso als wüssten sie, wozu diese Waffen verwendet werden.« Der Sprecher hielt inne. »Wir sind für eine Weile zu Fuß gegangen, dann sind jene von uns, die noch fliegen konnten, in die Luft aufgestiegen. Wir haben uns dicht am Boden gehalten und sind zwischen den Bäumen hindurchgeflogen, weil wir gehofft hatten, im Falle eines weiteren Angriffs landen und kämpfen zu können.«

Es folgte ein Seufzen. »Wir können nicht noch mehr Gefahren gebrauchen als die, denen wir uns ohnehin schon gegenübersehen.«

»Ich habe noch nie zuvor von diesen Vögeln gehört. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um eine neu eingewanderte Art. Wir sollten sie vernichten, bevor sie sich so weit vermehren können, dass sie eine Bedrohung für uns alle darstellen.«

»Ich gebe dir recht. Wir müssen alle Stämme warnen und...«

»Da ist noch etwas anderes«, unterbrach der dritte Mann sie. »Mein Bruder glaubt, ich hätte mir das nur eingebildet, aber ich bin davon überzeugt, dass ich eine Landgeherin gesehen habe.«

»Eine Landgeherin?«

»Ja. Ich habe sie gesehen, als wir aufgebrochen sind. Sie hat uns beobachtet, und die Vögel hatten sich um sie herum versammelt.«

»Ich verstehe, warum dein Bruder Zweifel hegt. Noch nie zuvor haben sich Landgeher so weit in die Berge hineingewagt. Wie hat diese Frau ausgesehen?«

»Dunkle Haut. Schwarze Kleidung. Das ist alles, was ich dir erzählen kann. Ich habe nur einen flüchtigen Blick auf sie erhaschen können.«

»Das ist eigenartig. Ich muss über das, was du mir erzählt hast, nachdenken. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«

»Nein.«

»Dann werde ich dich zu deinem Stamm zurückgeleiten.«

Die verzerrten Schatten glitten zu einer Seite der Laube hinüber, dann traten drei Gestalten heraus. Tryss beobachtete mit hämmerndem Herzen, wie sie sich entfernten.

»Ich glaube nicht, dass wir das hätten hören dürfen«, flüsterte er.

»Nein«, erwiderte Drilli. »Zumindest haben sie uns nicht bemerkt.« »Nein.«

»Wir sollten zu den anderen zurückgehen.«

Aber mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie nahe sie war. Er wollte sich nicht von ihr entfernen, und auch sie machte keine Anstalten, ihre Worte in die Tat umzusetzen. Er konnte die Wärme spüren, die von ihrer Haut aufstieg, und ihren Schweiß riechen, in den sich ein unverkennbar weiblicher Duft mischte.

Sie rückte näher an ihn heran.

»Tryss?«

Ihre Stimme klang zaghaft und fragend, aber aus irgendeinem Grund wusste er, dass keine Frage folgen würde. Sein Name war die Frage. »Drilli?«, murmelte er. Er konnte sie in der Dunkelheit kaum sehen – nur die Umrisse ihres Kinns im Licht der Sterne. Langsam beugte er sich vor.

Ihre Lippen streiften seine. Ein Gefühl, das eine Mischung aus Schock und Jubel war, durchzuckte ihn, dann schloss sich ihr Mund über seinem, und sein Blut strömte heiß durch seine Adern. Zwei Gedanken blitzten in ihm auf.

Sie will mich.

Meine Vettern werden außer sich vor Wut sein! Seine Vettern kümmerten ihn wenig. Sie wollte ihn. Daran Konnte es keinen Zweifel mehr geben. Dies war nicht der keusche Kuss eines Freundes. Er spürte ihre Hände auf seinen Schultern und schob die Arme unter ihre Flügelmembranen, um sie an sich zu ziehen. Sie wich ein klein wenig zurück.

»Etwas musst du mir versprechen«, flüsterte sie.

Das Einzige, was er sehen konnte, waren die Sterne, die sich in ihren Augen widerspiegelten. »Alles.«

»Versprich mir, dass du den Sprechern bei der nächsten Zusammenkunft dein Geschirr zeigen wirst.«

Der plötzliche Themenwechsel ließ ihn zögern. »Mein Geschirr...?«

»Ja.« Sie hielt inne. »Du bist überrascht.«

»Ich hatte gerade an etwas ganz anderes gedacht«, gab er zu.

Sie lachte leise. »Ist es mir tatsächlich gelungen, ausnahmsweise einmal deine volle Aufmerksamkeit zu erringen?« Er zog sie an sich. Als er sie abermals küsste, öffnete sie den Mund. Sacht strich sie mit den Lippen über seine, und ein wohliger Schauer überlief ihn. Er legte die Finger auf ihren Rücken und spürte die wunderbar zarte Wölbung ihrer Wirbelsäule. Als sie an seiner Unterlippe zu knabbern begann, strich er mit einem Finger über die Naht ihrer Kleider, wo ihr Wams Platz für die Membranen ihrer Flügel ließ. Sie versteifte sich überrascht, dann entspannte sie sich und lehnte sich an ihn, und er konnte ihre Brüste warm und fest an seinem Oberkörper spüren.

Das ist einfach zu schön, dachte er. Er schob die Hände unter ihr Wams und seufzte, als er die nackte, seidenweiche Haut ihres Rückens spürte. Ihre Hände folgten unterdessen dem gleichen Weg unter seinen Kleidern und strichen von seinem Nacken langsam hinunter zu – er stieß ein überraschtes Kichern aus, als sie ihm in den Po kniff. Aber als er das Gleiche zu tun versuchte, löste sie sich von ihm. Ihrer beider Atem klang laut in der Stille. Sie holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus.

»Wir müssen zurückgehen.«

Er wandte enttäuscht den Blick ab, obwohl er wusste, dass sie recht hatte. Seine Vettern würden verärgert darüber sein, dass sie ihre Beute im Wald verloren hatten, und sie würden zu ihren Eltern zurückkehren und berichten, was sie gesehen hatten. Sie haben nicht alles gesehen, dachte er selbstgefällig.

»Versprich mir, dass wir dies wieder tun werden«, sagte er, und die Worte waren über seine Lippen gekommen, bevor er sie hatte abwägen können.

Sie lachte leise. »Nur wenn du mir versprichst, den Sprechern das Geschirr zu zeigen.«

Er stieß einen langen Atemzug aus, dann nickte er. »Ich verspreche es.«

»Dass du was tun wirst?«

»Ich werde den Sprechern das Geschirr zeigen.«