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In der Tür flackerte ein Lichtschein. Auf der Schwelle stand die Königin der Blauen Ratten an der Spitze ihres Heeres. Es wurde ganz still. Alle starrten entsetzt auf das gewaltige schnurrbärtige Monster.

"Alle mal herhören!", befahl die Ratte, "Ihr alle seid erbärmliche, nichtsnutzige Menschlein. In Euren Herzen ist keine Liebe mehr. Eure Augen sind voller Hass. Ihr bringt Eure Lehrer um. Ihr seid Handlanger des Bösen. Und jetzt ist das Böse zu Euch gekommen. Wir hassen die Menschen. Wir sind das Böse, das aus Euren Herzen gewachsen ist. Wenn sich unter Euch einer findet, dessen Herz noch voller Liebe ist, könnt Ihr gerettet werden." Die Blaue Ratte ließ ihre tellergroßen schwarzen Augen durch das Gewölbe schweifen. Es schien, als ob sie sie auslachte. Mit hängenden Köpfen schwiegen die Pummelaner. Es gab nichts, das sie erwidern konnten. In ihren Herzen gab es keine Liebe mehr. Die Ratte sprach die Wahrheit.

"Dann ist über Euer Schicksal entschieden – möge es so sein!" Das eiserne Gitter schob sich krachend vor den Eingang. Nun war es klar – es gab niemanden, der sie retten konnte.

Kapitel 13

Verborgen im Wald

Die kleine Prinzessin und ihr Gefolge eilten auf einem schmalen Pfad voran und versuchten, sich unter den dichten Baumkronen zu verstecken. Im Wald war es dunkel. Der schwache Schein der Lampe erleuchtete gerade so den Weg. Von allen Seiten brachen die Geräusche des Waldes auf sie ein. Pummelplatsch, der sich immer noch an der Kinderfrau festklammerte, ließ ihre Hand immer noch nicht los.

"Bis Mitternacht werden wir es bis zur Hütte des Försters schaffen", schätzte Pummelette.

"Dort ist Herr Pummelkowski, der wird uns helfen", erwiderte, fröstelnd vor Kälte, Prinzessin Pummelinchen.

"Er muss uns helfen. Schließlich ist er sehr klug", stimmte auch die Kinderfrau zu.

"Diese widerlichen Ratten müssen verjagt und die Pummelaner befreit werden", entschied die kleine Prinzessin und hielt die Kapuze ihres Mantels fest.

Alle schwiegen zustimmend. Um Mitternacht erreichten sie tatsächlich eine große Lichtung. Die Försterhütte stand mitten darauf. Ihr einziges Fenster, nur wenige Schritte von den Flüchtenden entfernt, war schwach erleuchtet. Die Tür war nicht verschlossen. Nur eine Sekunde später stürzten Pummelinchen, Pummelette und die Kinderfrau, die Pummelplatsch nach sich zog, in die dunkle Hütte.

"Eure Hoheit, seid Ihr das?", hörte man eine bekannte Stimme aus dem Inneren und der Lehrer erschien zur Begrüßung der Prinzessin. Die Prinzessin ließ die Kapuze fallen und fing unvermittelt an zu weinen.

"Ist ja schon gut. Beruhigt Euch, Eure Hoheit", tröstete Herr Pummelkowski die Prinzessin und strich ihr über das Köpfchen, "Es gibt nichts Traurigeres als die Tränen einer kleinen Prinzessin."

Pummelinchen schluchzte weiter. Und dann fing plötzlich, für alle unerwartet, Pummelplatsch an zu heulen.

"Also nein, das hilft doch alles überhaupt nichts", entgegnete der Lehrer und wurde allmählich unruhig, "Erzählt endlich, was Euch passiert ist."

Pummelette und die Kinderfrau fingen gleichzeitig und einander ins Wort fallend an zu erzählen. Vor dem inneren Auge des Lehrers zog das Heer Blauer Ratten vorbei. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Nach dem Ende der Geschichte, ließen sich die Gäste auf einer alten Strohmatratze nieder. Nach einer Weile hörte man nur noch das Prasseln der Holzscheite im Herd und das friedliche Atmen schlafender Kinder. Herr Pummelkowski saß auf dem einzigen Stuhl. Mit dem Kopf in den Händen dachte er nach.

"Guter Rat kommt über Nacht", sprach er und wandte sich der Kinderfrau zu, "Mir ist da ein Gedanke gekommen. Aber erst mal lasst uns schlafen. Wir werden morgen all unsere Kräfte brauchen."

Kapitel 14

Die Liebe der kleinen Prinzessin

Am Morgen war es düster und regnerisch. Es schien fast so, als ob das Wetter auch gegen die Flüchtenden wäre. Die Tür zur Hütte öffnete sich knarrend und auf der Schwelle erschien ein langhaariger Jüngling. Er schaute flüchtig zur Prinzessin und wandte sich dann dem Lehrer zu:

"Sie haben mich gerufen, Maestro?"

"Darf ich vorstellen, Eure Hoheit", wandte sich Herr Pummelkowski an die Prinzessin, "Das ist Kalio, der Sohn des Försters und mein Schüler. Er spielt wunderbar Geige."

Kalio verneigte sich höflich vor der Prinzessin. Wie schön er war! Volle schwarze Locken umrandeten sein blasses Gesicht. Seine grauen Augen schauten klug und melancholisch drein. Die Prinzessin errötete und senkte ihren Blick, aus Angst, ihre Gedanken zu verraten.

Es war tatsächlich so, dass die kleine Prinzessin sich auf den ersten Blick in den Jüngling verliebt hatte. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust, wie ein Vögelchen in Gefangenschaft. Keine Ahnung, wie lange sie noch wie erstarrt dagestanden hätte, wäre da nicht Pummelette gewesen, die ihr zuflüsterte:

"Oh, was für ein schöner Bursche! Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt."

"Kalio wird uns helfen", gab der Lehrer bekannt, "Er wird uns auf jeden Fall helfen. Er kann Geige spielen und hat ein reines Herz."

"Ich verstehe überhaupt nichts", hob die Kinderfrau an zu sprechen, "Was haben denn die Geige und ein reines Herz damit zu tun?"

"Nun ganz einfach, die Blauen Ratten können nur von jemandem besiegt werden, der ein reines Herz hat und die Zaubergeige spielen kann."

Herr Pummelkowski ging zum Herd und begann seine Erzählung.

Kapitel 15

Das Geheimnis der Zaubergeige

"Es gibt eine alte Legende, die folgendermaßen lautet", begann der Lehrer seine Geschichte mit ruhiger Stimme, "Eines Tages, wenn die Liebe aus den Herzen der Menschen verschwindet, werden riesengroße Blaue Ratten aus den Kellern aufsteigen und großes Leid wird über alle Einwohner Pummellands kommen. Bleigraue Wolken werden am Himmel aufziehen, die Vögel werden aufhören zu singen und die Blumen verwelken. Alle Menschen werden dann Gefangene des Bösen sein."

"Und wie kann man das Böse besiegen?", rief Pummelette erschrocken aus.

Herr Pummelkowski schaute seine Zuhörer eindringlich an:

"Das Böse zu besiegen, wird nur einem Menschen mit reinem Herzen gelingen. Ich glaube, dass Kalio dieser Mensch ist", fuhr der Lehrer fort, "In den alten Aufzeichnungen fand sich noch ein weiterer Hinweis. Dort wird ein junger Mann erwähnt, eine Zaubergeige und die Liebe. Nur die Liebe kann über das Böse siegen. Das Licht der Liebe erfüllt die Seele eines jeden Menschen. Die Blauen Ratten fürchten sich vor dem Licht. Die Blauen Ratten fürchten sich vor der Liebe."

"Aber wo finden wir bloß diese Zaubergeige?", fragte die Kinderfrau beunruhigt, "Die Ratten können jeden Augenblick im Wald auftauchen."

"Ja, wir müssen uns beeilen", stimmte der Lehrer zu, "Die Geige befindet sich in einer Höhle auf dem Gipfel des Berges. Der Weg dorthin ist voller Gefahren. Wir müssen dazu das Tal der Gespenster durchqueren."

"Das Tal der Gespenster!", flüsterte Pummelplatsch bange und ergriff erneut die Hand der Kinderfrau.

"Ach, Du ängstlicher kleiner Fettsack!", fiel Pummelette wütend über ihn her, "Wir lassen Dich hier, damit die Ratten ihre Freude an Dir haben!"

Pummelplatsch sagte kein Sterbenswörtchen mehr und schaute sie eingeschnappt an. Der pummelige Pummelplatsch hatte in den letzten Tagen vor lauter Aufregung abgenommen, so dass man ihn kaum noch erkannte. Pummelettes Ausbruch ihm gegenüber war also nicht gerechtfertigt gewesen.

"Wir werden alle gemeinsam aufbrechen", mischte sich der Lehrer ein. Zu der Kinderfrau gewandt fuhr er mit einem tiefen Seufzer fort: "In den Herzen dieser kleinen Kinder ist überhaupt keine Liebe mehr übrig geblieben."

Kapitel 16

Das Tal der Gespenster

Das Tal der Gespenster befand sich auf halbem Wege zum Gipfel des Schwarzen Berges. Auf dem schmalen Fußweg konnte man nur hintereinander gehen. Pummelplatsch musste nun zu seinem Bedauern die Hand der Kinderfrau frei geben. Herr Pummelkowski drehte sich zu der merkwürdigen Wandertruppe um: