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"Was auch immer passiert, kommt nicht vom Pfad ab!", forderte er eindringlich, "Derjenige, der vom Weg abkommt, wird sich augenblicklich in einen Haufen Steine verwandeln."

"Fürchtet Euch nicht vor den Gespenstern", fügte Kalio hinzu, "Sie können uns nichts antun. Die Geister wohnen in der Welt der Schatten und wenn ihnen langweilig wird, kommen sie in die unsrige. Sie können Kinder erschrecken oder zum Lachen bringen. Manchmal singen sie. Die Lieder der Gespenster sind gefährlich, weil sie die Menschen dazu bringen, den Sinn ihres Lebens zu vergessen. Hört nicht auf die Lieder der Gespenster und verlasst auf keinen Fall den Fußweg!"

"Schon viele haben versucht, die Zaubergeige zu finden", hob der Lehrer wieder an zu sprechen, "Aber alle sind in diesem Tal geblieben."

Er wies mit der Hand in die Ferne. Vor den Augen der kleinen Wanderer lag ein bezauberndes Bild. Steinformationen erstreckten sich in den bleigrauen Himmel. Sie sahen fast aus wie menschliche Skulpturen. Ein silberner Schein umgab jede der Figuren. Roter Mondschein fiel durch bedrohlich wirkende Wolken. Es war kalt und unangenehm. Nebelschwaden waberten immer wieder den Boden entlang. Es sah aus, als ob die Flüchtenden direkt über Wolken laufen würden. Die Prinzessin zog die Schultern fröstelnd hoch und wickelte sich enger in ihren Mantel ein.

"Der Weg ist ganz vom Nebel bedeckt", war wieder die beunruhigte Stimme des Lehrers zu hören.

"Ich kenne den Weg", erwiderte Kalio, "Haltet Euch aneinander fest. Dieses Tal erscheint nur so groß. Folgt mir."

Pummelette schmiegte sich an Prinzessin Pummelinchen. Hinter ihr schnaufte Pummelplatsch, der sich am Gürtel festhielt. Die Prozession bewegte sich langsam in das Tal hinab. Die ständig vor sich hin brabbelnde Kinderfrau bildete ihren Abschluss.

Kapitel 17

Die Begegnung mit den Gespenstern

Nach und nach gewöhnten sich die Augen der Kinder an das komische Licht im Tal. Gespenster waren nirgendwo zu sehen, obwohl die Kinder nach allen Seiten Ausschau hielten und sich die Steinformationen genau anschauten. Auf einmal ertönte eine Art Pfeifen und danach eine leise, bezaubernde Melodie.

"Haltet Euch die Ohren zu!", warnte der Lehrer.

Die Prozession stoppte. Die Kinder bedeckten ihre Ohren mit den Händen und schauten sich langsam um. Wie aus dem Nichts erschienen plötzlich direkt vor ihnen Meerjungfrauen in der Luft, die sich an den Händen hielten, im Kreis tanzten und wundervolle Laute von sich gaben. Ihre Kleidung bestand aus Schuppen und schillerte im rötlichen Mondlicht. Grüne Algen umrahmten ihre weißen Gesichter. Ihre langen Fischschwänze verloren sich in den Nebelschwaden.

Plötzlich lachte Pummelplatsch laut auf. Eine Meerjungfrau hatte den Knirps umschlungen und hochgehoben. Die kurzen Beinchen des kleinen Jungen baumelten in der Luft.

"Stopp!", rief die Kinderfrau und griff nach den über ihr schwebenden Schuhen Pummelplatschs. Nach der Kinderfrau schrieen auch Pummelette und die kleine Prinzessin. Erschrocken von dem plötzlichen Geschrei, zuckte die Meerjungfrau zusammen und ließ Pummelplatsch fallen, der direkt auf Fräulein Pummelmeier landete.

Und dann geschah das große Unglück. Die Kinderfrau verlor das Gleichgewicht und geriet vom Weg ab. Im selben Augenblick verwandelte sie sich in eine Statue aus Stein. Das alte Fräulein Pummelmeier sah nun genauso aus wie die anderen Steinbrocken, die entlang des Weges standen. Die Wanderer blieben wie erstarrt stehen und rührten sich vor lauter Angst nicht mehr.

"Fräulein Pummelmeier, meine Kinderfrau!", weinte die Prinzessin.

Der Lehrer seufzte traurig und wies auf den Gipfel des Schwarzen Berges. Sie mussten weiter marschieren. Sie mussten die Zaubergeige finden und die Einwohner Pummellands retten.

Die Meerjungfrauen verschwanden so plötzlich wie sie aufgetaucht waren. Aber unsere Freunde waren keine zwei Schritte gelaufen, als sie erneut auf weitere Einwohner des Tales trafen. Es waren Schlossgespenster, mit einer Meute gewaltiger Hunde im Schlepptau. Über den Köpfen der Flüchtenden kreisten Fledermäuse in Schwärmen. Aber weder die Prinzessin noch ihre treue Freundin Pummelette schauten weiter um sich.

"Immer auf dem Weg bleiben, immer schön auf dem Weg bleiben", flüsterte die kleine Prinzessin.

Nach und nach nahm ihre Angst ab. An der Spitze marschierte mit festem, sicherem Schritt der der schöne Kalio. Schon bei dem Gedanken an den Tod ihrer Kinderfrau traten Prinzessin Pummelinchen die Tränen in die Augen. Die Gespenster kreisten um die Kinder. Sie riefen, kreischten, schlugen mit den Flügeln und sangen ihre seltsamen Lieder – in der Hoffnung, damit die Gefährten vom Weg abzubringen. Aber da waren der Lehrer Pummelkowski, die treue Freundin Pummelette, der ungeschickte Pummelplatsch und natürlich er, der liebe, nette Kalio. In diesem Augenblick wurde der Prinzessin klar, dass sie alle Widrigkeiten überkommen und den König und die Pummelaner befreien würden.

Kapitel 18

Die Höhle der alten Hexe

Die alte Hexe Pummelante wartete auf ihren Besuch. Eine große Glaskugel, die von der Höhlendecke baumelte und aussah wie eine kleine Sonne, hatte ihn ihr schon lange vorher angekündigt. Die Kugel schwang in der Luft hin und her, mal von der Hexe weg, mal auf sie zu.

"Ich sehe schon, ich sehe schon", begann die Alte mit ihren Händen vor der Kugel zu gestikulieren, "Was zum Teufel wollen ungebetene Gäste hier? Wegen der Geige werden sie wohl kommen. Soll ich sie ihnen geben? Ach was, da könnt Ihr lange warten!"

Die Alte fing die pendelnde Kugel ein und begann, aufmerksam in sie hineinzuschauen.

"Da sieh mal einer an! Was für ein sympathisches Mädchen. Das muss die Prinzessin sein", redete die Hexe mit sich selbst, als sie Pummelinchen sah.

Eigentlich war sie eine gute Hexe und noch dazu sehr einsam. Sie unterhielt sich gerne mit Menschen. Da sie aber niemanden hatte, mit dem sie plaudern konnte, führte sie häufig Selbstgespräche.

"Und wer schreitet da an der Spitze voran? Ist das etwa Kalio?", regte sich die Alte auf, "Natürlich ist es Kalio, der Holzkopf, er würde auch das ganze Dorf mit hierher bringen."

Die alte Hexe wusste nicht, ob sie sich über den Besuch des unvernünftigen Burschen freuen oder sich über ihn ärgern sollte. Vor langer Zeit hatte Pummelante Mitleid mit dem kleinen Kalio und rettete ihn vor einer wütenden Bärin. Seither besuchte er die Alte regelmäßig. Zuerst war sie verärgert darüber, aber dann gewöhnte sie sich daran und gewann den Kleinen sogar lieb. Eines Tages zeigte sie ihm die Zaubergeige. Und von diesem Tag an hatte Kalio keine Ruhe mehr – er musste unbedingt das Geigenspiel erlernen. Und weil er beim Lernen sehr fleißig war, gelang ihm dies sehr schnell.

Kalio kam jeden Tag zur Hexe und sie reichte ihm die wertvolle Geige. Und sobald er anfing zu spielen, gingen merkwürdige Veränderungen mit der Alten vor. Sie brach in Tränen aus, strich Kalio über den Kopf und wurde so gutherzig, dass die Schlangen, Skorpione und sonstiges Ungeziefer in ihrer Höhle nach dem ersten Konzert des talentierten Jünglings flugs das Weite suchten.

"Kalio, es ist tatsächlich Kalio", empörte sich die Hexe erneut und ging zum Höhleneingang.

Die Prozession kam langsam näher. Die Wanderer schauten ängstlich zu der alten Hexe, wie sie am Eingang ihrer Höhle stand.

Kapitel 19

Aufklärung der Verhältnisse

Kalio hatte keine Angst vor der alten Hexe. In all den Jahren, die er sie kannte, hatte sie ihm nie etwas zuleide getan. Aber jetzt, als er ihren finsteren Blick und die böse funkelnden Augen bemerkte, verlangsamte er seinen Schritt.

"Sie mal einer an, ist das, wie Du Dich bei mir für meine Güte bedankst?", warf ihm die Alte vorwurfsvoll entgegen, "Ich wusste doch, dass man den Menschen nicht vertrauen darf, ich wusste es. Warum hast Du sie hierher gebracht?", zischte sie ihn zornig an und lief vor dem Höhleneingang auf und ab.