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Sein Trabant dieses Namens trat in die Stube, fast genau wie der Bogenschütze selbst gekleidet, bloß die Beinschienen fehlten ihm, und die Rüstung war weit gröber gearbeitet, auf der Mütze fehlte der Federstutz und sein Oberkleid war weniger weit, und statt aus Samt nur aus Sersche und grobem Tuch. Balafré nahm die Goldkette vom Halse, biß mit seinen unverwüstlichen Zähnen etwa zwei Zoll davon ab und gab das Stückchen dem Trabanten.»Da, Andreas! trag das zu meinem Gevatter, dem fidelen Pater Bonifaz, nach Sankt-Martins hinüber, bestell ihm einen Gruß und sag ihm, ich trüg ihm nicht weiter mehr nach, daß er nach unserer letzten Kneiperei ohne Adieu sich von mir gedrückt hätte. Dann sag ihm auch, mein Bruder und meine Schwester und die ganze Glenhulakiner Sippe seien tot, und er solle so gut sein, für ihre Seele ein paar Messen zu lesen. Was ich ihm durch Dich von meiner goldnen Kette schickte, würde schon als Kirchenlohn für das bißchen Messelesen ausreichen. Sag ihm auch, meine Sippe in Glenhulakin hätte immer einen gottesfürchtigen Wandel geführt, und wenn er daraufhin vielleicht meinte, sie könnten schon ohne Messe aus dem Fegefeuer heraus sein, so soll er das Geld auf einen Fluch gegen das hundsföttische Gesindel dieser Ogilvies verwenden… auf welchem Wege, soll ihm überlassen bleiben, aber er soll denjenigen wählen, auf dem ihnen am besten beizukommen ist… Verstanden, Halunke?«— Der Trabant nickte.»Hüte Dich aber, «rief Balafré noch,»daß sich ja nicht etwa ein Glied von dem abgebissenen Kettenstück ins Wirtshaus verirre! denn dann machst Du Bekanntschaft mit Steigriemen und Sattelgurt, und zwar solange, bis Deine Haut aufspringt… Ich merke schon, Kerl, Du hast schon wieder mal Durst? Na, dann nimm einen tüchtigen Schluck, ehe Du Dich auf den Weg machst. «Mit diesen Worten reichte er ihm einen vollen Humpen. Der Trabant leerte ihn auf die Neige. Dann entfernte er sich, um dem Pater den Auftrag zu bestellen.

«So, Neffe, «wandte sich nun Balafré wieder an Quentin Durward,»nun sag mir, wie Du eigentlich bei der Affäre mit blauem Auge davongekommen bist?«—»Ich stand mit den älteren und stärkeren zusammen in Reih und Glied gegen die feindlichen Ogilvies, «erwiderte Durward,»und hab mitgekämpft, bis wir schließlich unterlagen. Ein böser Schlag streckte mich nieder, und ich trug eine schlimme Wunde davon.«—»Das ist mir vor 10 Jahren nicht besser gegangen, «erwiderte der Oheim,»wie sie mich damals herausgeputzt haben, das kannst Du mir ja heute noch ansehen. «Bei diesen Worten wies er auf die dunkelrote, tiefe Furche, die sein Gesicht in der Quere schnitt;»dergleichen Risse hat noch kein Schwert eines Ogilvie gezogen!«—»Zerrissen haben die Ogilvies gerade genug, «versetzte Quentin,»aber sie hatten schließlich ihren Blutdurst gestillt und gaben mich auf Bitten meiner Mutter los. Es war gerade ein Mönch von Aberbrothock in der Nähe, und dem erlaubten sie, mich zu verbinden; ich mußte jedoch, zusammen mit der Mutter, geloben, Mönch zu werden.«—»Du, und Mönch?«rief Balafré,»so was ist ja noch nicht dagewesen! Mich hat noch nie jemand, auch im Traume nicht, in eine Mönchskutte zu stecken gewagt; daß ich wenigstens nicht wüßte!. und doch muß ich mich eigentlich, wenn ich darüber nachdenke, wundern, denn ich hätte doch ganz sicher keinen schlechten Pater abgegeben. Aber mag es drum stehen, wie es wolle, mir hat's bis jetzt niemand zugemutet, einen solchen Berufswechsel vorzunehmen; und Dir ist das zugemutet worden, Neffe? Warum denn bloß, um alles in der Welt?«

«Damit unser ganzes Geschlecht aus der Welt getilgt werde!«erklärte Quentin Durward,»wenn nicht im Grabe, so doch im Kloster!«—»Hm, nun verstehe ich, «erwiderte Balafré,»diese Ogilvies sind doch ganz infame Halunken! und doch hätten sie sich damit betrügen können! wie war's denn mit dem Probste Robsart? der fällt mir gerade ein! er hatte doch auch die Weihen bekommen, war aber dann aus dem Kloster gewichen und Hauptmann bei einer Freikompagnie geworden. Der hat sich ein allerliebstes Kebsweib genommen und mit ihr drei Jungen gezeugt. Dem Mönchsvolk, lieber Neffe, ist nun mal nicht über den Weg zu trauen, ein Mönch wird Soldat und Vater von Kindern, ehe man sich's versieht. Aber erzähle weiter von Deinen Glenhulakiner Geschichten!«—»Da gibt's nicht viel mehr zu erzählen, Oheim, «antwortete Durward,»ich mußte eben ins Kloster, wurde Novize, mußte nach den Klosterregeln leben und sogar lesen und schreiben lernen.«—»Lesen und schreiben, sagst Du?«rief Balafré, der zu den Leuten gehörte, die alle Kenntnisse, die das Maß des eignen Wissens übersteigen, für Wunderdinge ansehen,»so was ist ja noch nicht dagewesen! Das kann man doch nicht glauben! welcher Durward hätte wohl vor Dir seinen Namen schreiben können? und ein Lesley doch auch nicht! ich bin der letzte von den Lesleys und kann so wenig schreiben wie fliegen! Aber, beim heiligen Ludwig! wie haben sie es denn bloß angestellt, daß sie Dir das beigebracht haben?«—»In der ersten Zeit war's freilich ein bißchen schwer, «sagte Durward,»dann ist's aber leichter geworden. Wie bei allem im Leben, kommt's hier eben auf die Uebung an. Ich war infolge des starken Blutverlustes schwach zum Umfallen, und wollte meinem Retter, dem Pater Peter, kein Herzeleid bereiten. Drum gab ich mir auch alle Mühe, aufzupassen, und dann ist die Mutter auch krank geworden und gestorben, und da hat sich's in einem günstigen Augenblick mal gefügt, daß ich's dem Pater gestehen konnte, daß ich zum Mönchsstande gar keine Neigung hätte, sondern lieber in die Welt hinaus möchte, mein Glück zu versuchen, und so wurde denn vereinbart, daß es den Anschein haben sollte, als wenn ich aus dem Kloster geflohen wäre, damit den Ogilvies nicht ein Grund geboten würde, ihre Rache an meinem Wohltäter zu kühlen; und aus diesem Grunde habe ich auch den Falken des frommen Paters mit auf den Weg genommen. Entlassen aber bin ich unter der Hand in aller Form Rechtens aus dem Kloster, wie ja das Siegel und die Handschrift des Abtes beweisen.«

«Na, das ist ja im Grunde auch besser, «meinte Balafré,»wenn auch schließlich König Ludwig nicht viel danach früge, ob Du gemaust hast oder nicht, so kann er es doch nicht leiden, wenn sich einer gegen ein Kloster vergangen hat. Darauf kann ich aber wetten, Junge, daß Dir alles mögliche fehlt zu einem anständigen Unterhalte?«—»Nun, ja Oheim, «erwiderte der Jüngling,»Dir kann ich's ja gestehen: dazu ist mir weiter nichts nötig, als das nötige Kleingeld.«—»Eine schlimme Sache, wenn die Dinge so stehen, «meinte Balafré,»ich spare ja auch nichts vom Solde, denn so leicht ist's eben auch nicht, mit Ehren solchen Stand zu wahren; aber was ich brauche, habe ich schließlich doch immer, und wenn es mal Matthäi am letzten wird, na, sieh, dann muß eben mal die goldne Kette herhalten. Du wirst aber fragen, Neffe, wie ich zu solchen schönen Dingen komme? Na, sie wachsen ja freilich nicht wie die Narzissen auf dem Felde, aus denen die Bauerndirnen sich Ketten drehen; aber Du kannst sie Dir ganz ebendort her holen wie ich, nämlich vom guten Könige von Frankreich! denn wer Schätze zu suchen ein Herz hat, der findet sie dort, wenn auch hie und da mit Lebensgefahr; aber er findet sie eben doch!«—»Ich dächte aber, die Leute hätten mir gesagt, «erwiderte Quentin,»der Herzog von Burgund hielte einen bessern Hofstaat als der König von Frankreich? und unter seiner Fahne sei mehr Ehre zu gewinnen?«—»Du redest wie ein Tor, Neffe, «sagte darauf Balafré,»aber man kann's Dir nachsehen, denn als ich den Fuß nach Frankreich gesetzt hatte, redete ich gerade so dumm und albern wie Du; ich hatte auch keine andre Vorstellung von einem König als einem höhern Wesen, das den ganzen Tag unter einem Thronhimmel säße, mit seinen obersten Paladinen von früh bis spät schmause, die goldne Krone nie vom Haupte nähme, oder an der Spitze seiner Truppen dem Feinde entgegenrücke, wie etwa Robert Bruce oder der Wilhelm in unsrer eignen Vaterlandsgeschichte. Im Vertrauen gesagt, Neffe! Politik ist die richtige Kunst, die sich für die Könige schickt, und diese Kunst hat der König Ludwig von Frankreich so recht eigentlich für sich gepachtet, die versteht er wie kein andrer Monarch in ganz Europa! Du darfst mir, weiß Gott! glauben, Ludwig ist der klügste von allen Fürsten, der je den Purpur trug! und doch habe ich ihn noch kaum ein einziges Mal auf seinen Schultern gesehen, so lange ich schon in seinem Dienste bin. Viel öfter aber habe ich ihn herumlaufen sehen in seinem Schlosse und seinem Lande in einer Kleidung, wie sie sich kaum für unsereinen schicken möchte!«—»Aber, Oheim, «wandte der Jüngling ein,»Ihr erwidert ja gar nichts auf meinen Einwand? wenn ich einmal in fremdem Lande dienen muß, so möchte ich es doch gern da tun, wo mir der größte Vorteil winkt, wo ich mich am ehesten und hervorragendsten auszeichnen könnte!«—»Das verstehe ich schon, lieber Neffe, «versetzte Balafré,»aber es fehlt Dir in solchen Dingen noch am richtigen Urteil. Der Burgunder Herzog ist ein Brausekopf, ein eisenfester Wagehals, der sich an der Spitze seiner Mannen selbst ins Gefecht stürzt, und wenn wir, Du oder ich, uns bei ihm befänden, meinst Du, wir könnten's dort weiter bringen, als er selber und alle seine Adelinge? wollten wir nicht gleichen Schritt mit ihnen halten, dann wäre doch sicher der Herr burgundische Generalprofoß nicht weit von uns, und täten wir's anderseits ihnen gleich, nun, dann wär's eben gut, und es hieße, wir hätten eben unsern Sold verdient. Höchstens hieße es einmal, wenn wir was ganz Besonderes verrichtet hätten, aus herzoglich burgundischem Munde: Ha! brav gemacht! sehr brav — gebt ihm einen Gulden, Seneschall, daß er mal auf unser Wohl einen guten Schluck trinken kann! Aber von Rang, Land oder Schätzen kommt in seinem Dienste an einen, der nicht Burgunder ist, kein Tüttelchen: das laß Dir gesagt sein, denn was der zu verschenken hat, kommt bloß an Landeskinder!«—»Dann sagt mir aber, Ohm, «erwiderte Quentin,»wohin soll ich mich um einen Dienst wenden?«