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Ueber diese Reden des Jünglings lachte der ältere der beiden Männer, daß er fast erstickte, während sein Kamerad mit der Hand nach den Schwerte fuhr. Das bemerkte der Jüngling, und gab ihm ohne Besinnen einen so derben Schlag mit der Faust auf die Hand, daß er sie nicht mehr zu rühren vermochte. Die Heiterkeit des ältern wurde hierdurch nicht wenig erhöht…»Ruhe gehalten, Herr Schotte!«rief er, sich mit Gewalt das weitere Lachen verhaltend,»um Deines eignen Vaterlandes willen! Und Ihr, Gevatter! die Hand vom Schwerte und kein solch bärbeißiges Gesicht mehr! wir wollen uns in Ruhe zusammen verständigen. Der junge Mensch ist naß geworden, und Ihr habt was auf die Finger bekommen: also seid Ihr zusammen quitt. Euch aber, junger Mensch, «setzte der Kaufmann hinzu mit düster-ernster Miene,»sage ich ein für allemal, laßt's Euch nicht noch einmal einfallen, Euch solche Gewalttätigkeit herauszunehmen. Das ist bei mir nicht am rechten Orte! sagt mir, wer Ihr seid! mein Gevatter hat, wie Ihr seht, mehr als genug von Eurem Schlage.«—»Auf eine höfliche Frage bin ich nie karg mit einer höflichen Antwort, «versetzte der Jüngling, dem der Ernst des andern, wenn auch wider Willen, Achtung abnötigte,»zudem werde ich Eurem Alter die gebührliche Achtung nie vorenthalten, vorausgesetzt daß Ihr meine Geduld durch Euren Spott und Hohn auf keine zu scharfe Probe stellt. Seit ich den Fuß nach Frankreich und Flandern gesetzt habe, nennen mich die Leute den Musje mit der roten Samttasche; wegen des Falkenbeutels, den ich an der Seite trage. In meiner Heimat führe ich aber den Namen Quentin Durward.«

«Durward?«wiederholte der ältere Mann.»Ist das ein Edelmannsname?«—»In unserer Familie lebt er fort im fünfzehnten Grade, «erwiderte der Jüngling,»und ebendarum fühle ich zu keinem andern Berufe Neigung, als zum Waffenhandwerk.«—»Ein echter Schotte! voll Blut und voll Stolz, aber dafür ohne Dukaten im Sack… na, Gevatter, «wandte er sich zu seinem Begleiter,»geh nur voraus und bestell ein gutes Frühstück für uns, dort beim Maulbeerbusche, hörst Du? Ich denke mir, der junge Mensch wird sich wohl ebenso dran halten, wie die verhungerte Maus ans Käsebrot in der Küche der Hausfrau. Was endlich den Zigeuner anbetrifft…«

Der Gevatter, wie der ältere Mann mit Vorliebe seinen Kameraden nannte, zeigte wieder sein düsteres Lächeln, entfernte sich aber mit schnellen Schritten. Der andere aber wandte sich wieder an Durward:»Wir wollen miteinander gehen und können unterwegs im Walde, in der Hubertuskapelle, gleich eine Messe mitanhören. An fleischliche Dinge zu denken, ehe man die Seele gestärkt hat, ist nicht eben christlich.«

Hiergegen hatte Quentin Durward als guter Katholik nichts einzuwenden, wenn ihm auch der Wunsch, die nassen Kleider vom Leibe zu bekommen, näher liegen mochte. Den Kameraden mit dem zur Erde gewandten Gesicht hatten sie bald aus den Augen verloren, trotzdem sie den gleichen Weg mit ihm gingen, bis sie den Fuß in einen ziemlich dichten Wald setzten, der von langen Alleen durchschnitten wurde, über die man hüben und drüben das Wild so ruhig hinziehen sah, als ob es sich hier unter ganz besonderem Schutze wüßte. — »Ihr fragtet, ob ich guter Bogenschütze sei?«nahm der junge Schotte das Wort;»nun, so gebt mir doch einen Bogen und ein paar Pfeile, und Ihr sollt im Handumdrehen ein Stück Wildbret haben.«—»Sapperlot, junger Mensch!«erwiderte der Kaufmann,»da nehmt Euch doch ein bißchen in acht — aufs Wild hat mein Gevatter ein ganz besonderes Augenmerk, und läßt in dieser Hinsicht mit sich nicht spaßen.«—»Der sieht doch weit mehr aus wie ein Fleischer als wie ein Weidmann!«rief Durward,»ich kann mir wahrhaftig nicht denken, daß solch ein hündischer Kriecher wie der, einen guten Jäger abgeben könnte?«—»Laßt nur gut sein, junger Mensch, «entgegnete sein Begleiter,»mein Gevatter sieht freilich auf den ersten Blick nichts weniger als einladend aus, aber ich habe noch von keinem, der mit ihm umgeht, über ihn klagen hören.«

In dem Tone, mit welchem das gesagt wurde, fand Quentin Durward etwas so Abstoßendes, daß er nicht umhin konnte, den Kaufmann schärfer zu beobachten, und da kam es ihm vor, als ob er in dem halben Lächeln, das dessen Lippen umspielte, wie auch in dem kecken Blicke von dessen schwarzen Augen einen gewissen Ausdruck gewahrte, der seine nicht eben angenehme Verwunderung zu begründen schien. Es ist mir, dachte er bei sich, manches über Räuber und Wegelagerer zu Ohren gekommen, die sich auf allerlei Weise an allein unterwegs befindliche Wanderer heranwagen; wie, wenn der Mensch dort ein Mörder, der alte Schurke hier aber sein Helfershelfer wäre? Ich will doch lieber auf meiner Hut sein. Mehr als eine tüchtige Tracht schottischer Senge sollen sie, so wahr mir Gott helfe, nicht vorfinden!

Während dieses Selbstgesprächs gelangte er unter dem Geleit seines Führers an eine Stelle, wo die großen Bäume weiter auseinander standen, und wo der Boden unter ihnen, von Unterholz und Gebüsch befreit, einen Rasenteppich vom sanftesten Grün zeigte, das vor den sengenden Sonnenstrahlen geschützt hier besser fortzukommen schien als irgendwo anders in Frankreich. Die Bäume, die hier standen, waren meist Buchen und Ulmen, aber von solcher Größe, daß sie Baumhügeln glichen, die in die Luft emporstiegen. In ihrer Mitte, an der offensten Stelle der Lichtung stand eine kleine Kapelle und unfern von ihr floß ein Bächlein geräuschlos entlang, nebst einer Hütte, in welcher der einsame Priester, der hier den Gottesdienst versah, hauste. Ueber dem gewölbten Portale der Kapelle stand ein steinernes Bild des heiligen Hubertus, mit einem Jagdhorn um den Hals und zu Füßen eine Koppel Hunde.

Hierher lenkte Durwards Führer seine Schritte, und kaum waren sie auf die Lichtung hinausgetreten, als auch schon der Einsiedler in seiner Kutte aus seiner Hütte trat, um sich in die Kapelle zu begeben. Durward verneigte sich tief vor dem frommen Manne, wie es die gute Sitte erheischte, während sein Begleiter, dem Anschein nach von noch tieferer Frömmigkeit erfüllt, sich auf ein Knie niederließ, den Segen des frommen Mannes zu empfangen, und ihm dann demütigen Schrittes und in einer Haltung, die auf tiefe Zerknirschung hinwies, in das Gotteshaus folgte.

Das Innere desselben war dem Heiligen, der hier verehrt wurde, auf das engste angepaßt, denn es entsprach durchaus seinem Berufe, da er noch auf Erden wandelte. An Stelle von Teppichen und Vorhängen sah man nur Felle von Jagdtieren, und überall an den Wänden waren Verzierungen angebracht von Hörnern, Bogen, Köchern und andern Jagdsymbolen und Jagdgerätschaften; und selbst die Messe zeigte durch ihre abgekürzte Form, daß es eine sogenannte» Jagdmesse «war, wie sie vor Edlen und Mächtigen gehalten zu werden pflegte, die ja in der Regel, wenn sie sich in eine Kirche zum Gottesdienste begeben, ihrem Sport mit Ungeduld entgegensehen. Durwards Begleiter schien jedoch während der kurzen feierlichen Handlung die gespannteste Aufmerksamkeit zu entfalten; und der schottische Jüngling sah zu seinem lebhaften Bedauern ein, daß er dem alten Herrn das bitterste Unrecht angetan habe, als er sich von seinem Charakter solche ungeheuerliche Vorstellung gemacht hatte, wie, daß er ein Räuber und Wegelagerer sein oder wenigstens zu solchem Gesindel halten könne. Jetzt fiel es ihm im Gegenteil schwer, ihn nicht für einen Heiligen zu halten.