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Das Lächeln, mit dem der Assistent auf die Frage reagierte, verriet Trumball, dass der junge Mann seinen Vorschlag schon seit Tagen in der Schublade hatte. Er war nicht fix genug, um spontan einen Plan zu entwickeln. Intelligent, ja. Aber kein schneller Denker.

»Ich schlage vor, Sir«, sagte der Assistent, »dass wir eine prominente, allgemein bekannte Persönlichkeit suchen, die bereit wäre, mit der nächsten Expediton zum Mars zu fliegen. Und diese Expedition schicken wir so bald wie nur möglich los. Wir müssen aus der Publicity und der allgemeinen Begeisterung Kapital schlagen, solange die Sache heiß ist.«

Trumball schwieg. Er wartete auf mehr.

Der Assistent fuhr fort: »Eine allgemein bekannte Persönlichkeit, Sir. Zum Beispiel einen Fernsehstar, oder vielleicht sogar einen prominenten Politiker. Vielleicht einen der ehemaligen Präsidenten!«

»Nein«, hörte Trumball sich sagen. »Keinen Politiker.«

Und dann schenkte er dem beflissenen jungen Assistenten auf dem Bildschirm tatsächlich ein Lächeln. Er wusste genau, was er tun würde. Und es wird ganz allein mein Verdienst sein, sagte er sich.

Ohne seinen neu ersonnenen Plan zu enthüllen, schaltete er das Bildtelefon aus und griff nach dem Bourbon. Soll sie doch ihren Vortrag halten, sagte er sich. Soll sie jammern und schmeicheln, bis sie heiser wird.

Er lachte so laut, dass sein Chauffeur trotz der kugelsicheren Glastrennwand zwischen ihnen erschrak.

NACHT: SOL 144

Jamie spazierte nackt durch das Dorf am Grund des Canyons. Die Sonne brannte heiß auf seine bloßen, gebräunten Schultern. Die Dorfbewohner beachteten ihn nicht; sie gingen ihren täglichen Verrichtungen nach, als wäre er gar nicht da.

Sie waren jedoch nur Schatten. Jamie glaubte, durch sie hindurchsehen zu können, als wären sie Hologramme oder Gespenster. Er versuchte mit ihnen zu sprechen, aber es kamen keine Worte aus seinem Mund. Er versuchte sie zu berühren, aber seine ausgestreckten Finger erreichten sie nicht ganz.

»Großvater«, brachte er heraus, »warum reden sie nicht mit mir?«

Und er merkte, dass er ein Kind war und neben seinem Großvater herging. Al trug seinen besten Anzug, den hellblauen mit dem Jackett im Western-Stil. Sein dunkles Haar war zu einem langen Zopf gebunden, der ihm bis auf den Rücken fiel.

»Sie können nicht mit dir reden, Jamie«, sagte Al. »Sie sind alle tot.«

»Aber ich kann sie sehen.«

Al lachte vergnügt. »Natürlich. Mich kannst du ja auch sehen, und ich bin tot.«

Jamie erkannte, dass sein Großvater Recht hatte. Doch als er wieder hinschaute, hatten die Dorfbewohner sich verändert. Sie waren keine Männer und Frauen mehr, wie die Menschen des Volkes, sondern andere Wesen. Sie sahen beinahe wie Hunde aus, hatten jedoch sechs Beine statt vier. Nein, sah Jamie, keine sechs Beine. Vier Beine und zwei Arme, die in Händen oder so etwas Ähnlichem endeten.

Ihre Augen waren groß und traurig. Sie bewegten sich langsam, als ob sie sehr müde wären.

»Sie sind von weither gekommen, um dich zu sehen«, erklärte Al. »Aus einer Zeit vor Millionen von Jahren.«

Der sechsjährige Jamie wollte sie streicheln, aber seine Hand ging durch ihre schimmernden, ätherischen Bilder hindurch.

»Du bist alles, was sie noch haben, Jamie«, sagte Al. Seine Stimme war ein Seufzen, das mit dem leisen Wispern der Brise verschmolz. »Du bist alles, was sie noch haben.«

Und Jamie stand in seinem Raumanzug auf dem kahlen, leeren Boden des Canyons, und die leise Brise wehte wispernd an seinem Helm vorbei. Das Dorf war fort, und hoch oben in der Steilwand sah er die dunkle Nische im Fels, in der die Marsianer ihren Tempel erbaut und sich zum Sterben gelegt hatten.

»Lass sie nicht noch einmal sterben«, sagte die Stimme seines Großvaters aus seinen Helmlautsprechern. »Lass nicht zu, dass ihre Geister für immer tot bleiben.«

Jamie wachte langsam auf, kämpfte sich ins Bewusstsein wie ein Schwimmer, der sich an die Oberfläche zurückarbeitet, nachdem er zu lange zu tief unter Wasser gewesen ist.

Als er endlich die Augen aufschlug, befiel ihn eine jähe Verwirrung, die fast schon an Furcht grenzte. Ich bin nicht im Rover!

Und dann fiel es ihm wieder ein. Deschurowa und Rodriguez hatten das Reserve-L/AV zum Rand des Canyons geflogen. Sie schliefen jetzt in ihrem Wohnmodul, so wie auf dem Herflug von der Erde. Auf diesen Kompromiss hatten sie sich geeinigt; die Wissenschaftler wohnten im L/AV viel komfortabler als in einem der Rover, die anderen blieben in der Kuppel. Die beiden Astronauten konnten die benötigten Nahrungsmittel und Vorräte zum Canyon bringen, bis die Reservekuppel eintraf. Der Vorstand des IUK hatte sich sofort bereit erklärt, sie herzuschicken, und die Russen waren gerade dabei, sie in ihrem Startzentrum in Kasachstan auf eine Trägerrakete zu montieren. Laut Plan sollte sie an Sol 325 beim Canyon eintreffen — falls der Start plangemäß erfolgte.

Komisch, sinnierte Jamie, als er von seiner Liege aufstand. Während des Fluges fand ich diese Blechbüchse zu klein, zu eng. Wie eine Gefängniszelle. Aber nachdem ich nun wochenlang in den Rovern gehaust habe, kommt sie mir wie eine Suite im Waldorf-Astoria vor.

Es war noch früh, sah Jamie. Im Modul war es still, bis auf das unvermeidliche Summen elektrischer Geräte. Außer ihm war noch niemand auf. Er aalte sich volle drei Minuten lang unter der Dusche, bis das warme Wasser automatisch nadelkalt wurde. Dann rasierte er sich rasch und dachte dabei an die Zeit auf dem College zurück, als er versucht hatte, sich einen Bart stehen zu lassen. Dünn, glatt und dunkel war der gewesen; er hatte damit eher wie ein bedrohlicher Mandarin aus einem alten Spionagefilm als wie ein knackiger Campus-Hengst ausgesehen.

Als er die Leiter zur Kombüse hochkletterte, sah Jamie zu seiner Überraschung, dass Dex bereits am Tisch mit den spindeldürren Beinen saß und einen Becher frisch gebrauten Kaffees in beiden Händen hielt.

»Du bist ja früh auf«, sagte Jamie und ging zum Gefrierschrank.

»Konnte nicht schlafen«, sagte Dex.

Jamie sah ihn genauer an. Dex' forsch-fröhliches Grinsen war verschwunden. Seine Augen wirkten trübe.

»Was ist los?«

»Rate mal, wer mit der nächsten Expedition herkommt.«

»DiNardo?«

»Schön wär's.«

»Wer dann?«

»Mein alter Herr.«

»Dein Vater?« Jamies Stimme war fast eine volle Oktave höher als sonst.

Dex nickte grimmig.

»Er kommt hierher? Zum Mars?« Jamie schob die Tür des Gefrierschranks zu und zog sich den Stuhl neben Dex heraus.

»Er hat gerödelt wie ein Wilder. Die dritte Expedition soll zwei Wochen vor unserem Abflug hier landen. Das IUK ist dabei, das Wissenschaftlerteam zu rekrutieren, und Dads Geldleute geben gerade das Raumschiff und die Ausrüstung in Auftrag. Sämtliche Archäologen und Paläontologen auf der Erde rennen ihnen die Tür ein, um mitfliegen zu dürfen. Kann sein, dass sie die Plätze versteigern, Himmel noch mal.«

»Aber er kommt mit?«

»Da kannst du deinen süßen kleinen Arsch drauf verwetten. Er kommt, und ich fliege nach Hause. Er wird persönlich das Kommando über die kommerziellen Operationen hier auf dem Mars übernehmen.«

Jamie merkte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. »Kommerzielle Operationen«, murmelte er.

»Vielleicht will er den Hotdog-Stand betreiben«, sagte Dex humorlos.

»Ist er nicht schon zu alt? Ich meine, es gibt doch Sicherheitsvorschriften und so weiter …«

Dex schüttelte den Kopf. »Gesund wie 'n Maultier. Zum Teufel, sie lassen ja jetzt schon gebrechliche alte Omas mit diesen Clipperships zum Mond gondeln. Wenn man mit einem normalen Flugzeug fliegen kann, kann man auch in den Orbit fliegen. Und wenn man in den Orbit fliegen kann, kann man auch zum Mond fliegen.«