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Der Gastgeber behielt sein zweifelndes Lächeln bei, aber insgeheim dachte er: Was ich nicht alles tue, um die hohen Quoten zu halten.

Pete Connors saß an seinem Schreibtisch in Tarawa, umgeben von Bildtelefonen, die ihn mit dem Startzentrum in Baikonur in Kasachstan, dem Büro des Vorsitzenden des Internationalen Universitätskonsortiums in New York, der Internationalen Raumstation in der Erd-Umlaufbahn und dem Büro der Leiterin der Logistikabteilung der Expedition dreißig Meter weiter unten auf demselben Flur verbanden.

Sämtliche Gesichter auf den Bildschirmen wirkten gequält, frustriert, beinahe zornig, und sie sprachen — oder schrien schon fast — alle gleichzeitig.

»In Ordnung«, sagte Connors mit fester Stimme, »hören wir auf mit dem Quatsch.«

Sie verstummten alle.

»Wir müssen den Start der Nachschubmission verschieben, das ist klar. Alle einverstanden?«

Mürrisch stimmten sie der Reihe nach zu.

»Okay, das ist kein Beinbruch. Es werden keine Köpfe rollen, und die Leute auf dem Mars geraten durch den Aufschub nicht in Gefahr. Ist das klar?«

Nicken und Gemurmel.

»Ich weiß, Sie stehen alle mächtig unter Druck seitens der Medien. Ignorieren Sie das einfach.«

»Und wie, zum Teufel, sollen wir das anstellen?«, fragte der Leiter des Startzentrums in Baikonur, ein Russe mit grimmigem Gesicht.

»Leiten sie alle Fragen der Medien an mich weiter«, sagte Connors. »Ich kümmere mich um die Pressefritzen.«

»Wirklich?«, fragte die Frau in New York.

Mit einem freundlichen, vernünftigen Lächeln erwiderte Connors: »Ja. Ich lade zu einer großen Pressekonferenz hier auf dieser linden Tropeninsel ein. Dann kommen diese Nervensägen hierher, und Sie sind sie los und können Ihrer Arbeit nachgehen, und wir können sie mit sich wiegenden Palmen und einem Rundgang durch die Einrichtungen des Kontrollzentrums unterhalten.«

»Ich verstehe«, sagte der Ingenieur in der Raumstation. »Da unten ist gerade Nebensaison.«

Connors lächelte breit. »Sie haben's erfasst.«

Sobald Beverly Urey die Reporter abgewimmelt hatte, machte sie sich wieder an ihre Arbeit.

Hypothese: Ein gewaltiger Meteoroitenschwarm ist vor ungefähr fünfundsechzig Millionen Jahren durch das innere Sonnensystem gezogen.

Beweise: Ein Artensterben von gigantischen Ausmaßen, sowohl auf der Erde als auch auf dem Mars, verursacht durch die Einschläge der Meteoriten.

Erste Frage: Auf der Erde hat man Impaktkrater gefunden und sie mit dem Artensterben an der K/T-Grenze in Zusammenhang gebracht. Können wir ähnliche Krater auf dem Mars finden und sie präzise datieren?

Zweite Frage: Der Mond muss auch getroffen worden sein. Können wir Krater dieses Alters auf dem Mond lokalisieren? Und wie steht es mit den anderen Planeten?

Dritte Frage: Können wir den Meteoroitenschwarm finden?

Sie seufzte, als sie über die letzte Frage nachsann. Vor fünfundsechzig Millionen Jahren. Was immer von dem Schwarm übrig sein mag, er ist viel zu weit entfernt, als dass unsere Teleskope ihn entdecken könnten.

Dann setzte sie sich auf, und ihre Augen wurden auf einmal groß vor Angst. Sofern ihr Orbit sie nicht wieder zu uns zurückbringt!

Pater DiNardo kniete in dem kleinen Beichtstuhl. Normalerweise vermittelte ihm dessen dunkle Enge ein gewisses Maß an Trost, wie eine Rückkehr in den Mutterleib.

Heute jedoch nicht.

Sein Beichtvater auf der anderen Seite des Gitters setzte sich schwer hin, sodass die Holzbank knarrte. DiNardo roch das Rasierwasser des Priesters; es übertönte den fernen Duft des Weihrauchs vom Altar.

»Segnet mich, Vater, denn ich habe gesündigt«, begann DiNardo seine Beichte.

Der Priester schwieg und wartete.

DiNardo schluckte schwer und schmeckte Galle. Er holte Luft und flüsterte dann eindringlich: »Ich habe gegen das erste Gebot verstoßen.«

»Gegen das erste Gebot?«

»Ich fürchte, dass ich meinen Glauben verliere«, antwortete DiNardo unglücklich.

»Ich verstehe nicht«, sagte der Beichtvater.

»Es ist wegen der Marsianer.«

»Die Marsianer sind die Ursache dafür, dass du deinen Glauben verlierst?« Die leise Stimme des Priesters klang verwirrt und beunruhigt.

»Ja.«

»Wie kann das sein?«

DiNardo zögerte. Dann erklärte er: »Wie kann ein gerechter und gnädiger Gott eine Rasse intelligenter Wesen erschaffen und sie dann alle umbringen?«

»Woher weißt du …«

»Sie waren intelligent«, zischte DiNardo. »Sie haben Gebäude errichtet. Sie haben eine Schrift erfunden. Ich kann nicht glauben, dass sie keine Seele hatten.«

»Nun, vielleicht hatten sie eine.«

»Wie konnte Gott dann zulassen, dass seine eigene Schöpfung vernichtet wurde?«

»Wir können die Wege des Herrn nicht ergründen«, sagte der Beichtvater.

»Es ist nicht richtig«, flüsterte DiNardo rauh. »Sie alle umzubringen … ausnahmslos alle …«

Der Beichtvater schwieg eine Weile. Dann sagte er leise: »Auf dem Mars hat das Jüngste Gericht bereits stattgefunden.«

Dieser Gedanke verschlug DiNardo den Atem.

»Offenbar hatte Gott beschlossen«, fuhr der Beichtvater fort, »den Weg der Marsianer durch das Tal der Tränen zu Ende zu bringen. Er hat sie zu sich gerufen. Ihre Zeit der Prüfungen endete vor fünfundsechzig Millionen Jahren.«

»Das Jüngste Gericht«, murmelte DiNardo.

»Es ist nicht an uns, Gottes Handlungen infrage zu stellen. Wir müssen akzeptieren, was er getan hat.«

»Das Jüngste Gericht«, wiederholte DiNardo.

»Es mag dir hart erscheinen, aber die Marsianer sind jetzt in ihrer himmlischen Heimat und schauen das Angesicht Gottes. Ist das grausam?«

DiNardo hätte beinahe laut gelacht. »Nein, Vater. Sie haben natürlich Recht. Ich habe es aus einer rein säkularen Perspektive betrachtet.«

»Um Buße zu tun, wäre vielleicht eine Zeit der Einkehr angebracht. Erneuere deine spirituelle Kraft, mein Freund.«

Einkehr? DiNardo erstarrte bei dem Gedanken. Er sollte eine Woche oder mehr im Gebet und in Meditation verbringen, abgeschottet vom Rest der Welt? Ohne die Neuigkeiten vom Mars zu erfahren?

Das wäre nicht nur eine Buße, sondern eine Strafe, dachte er.

VIERTES BUCH

DIE ENTSCHEIDUNG

Hört die weisen Worte der Alten. Cojote ist der Listenreiche, der dem Volk Leiden beschert. Aber manchmal hilft er ihm auch. Niemand kann ganz und gar schlecht sein. Oder ganz und gar gut.

NACHMITTAG: SOL 342

»Ein Ding von Schönheit is 'n Glück für immer«, sagte Wiley Craig. In seinem Ton lag echte Anerkennung.

Die Ummantelung des Gartens neben der neuen Kuppel war endlich fertig, eine rechteckige Konstruktion aus Glasbausteinen, ausschließlich aus Stoffen erbaut, die im Marssand vorhanden waren. Craig und Rodriguez standen neben der großen Parabolschüssel des Solarspiegels, der ihnen die Hitze für den Brennofen geliefert hatte, und bewunderten ihr Werk.

Rodriguez nickte in seinem Helm. »Wir haben sie auch in Rekordzeit fertig gestellt.«

Craig lachte. »Na, war ja nich so 'n toller Rekord, den wir da zu schlagen hatten, Tom. Und dazu kommt, dass während der Bauarbeiten niemand verletzt worden is.«

Rodriguez bewegte seine zernarbte Hand im Handschuh und murmelte: »Ja, das stimmt.«

Die neue Kuppel stand zusammen mit ihrem Garten-Gewächshaus am Rand der Steilwand des Canyons. Vier Buckyball-Seile liefen an der Nische mit dem uralten Gebäude vorbei nach unten, bis zum Boden der Schlucht.

Hall und Fuchida waren dort unten und studierten die Flechte im Gestein, während ein neuer Bohrer vor sich hintuckerte und in der Tiefe lebende Bakterien aus dem Bereich unter der Permafrostschicht heraufholte.