Jamie hörte sich den Rest der Botschaft an, dann schickte er zur Bestätigung ein kurzes »Mr. President, danke für Ihre guten Worte. Ich warte auf die offizielle Antwort der Nation. Noch einmal vielen Dank.«
Anschließend rief er Dex Trumball an.
Dex saß gerade beim Frühstück, als Stacy Deschurowa ihn ins Kommunikationszentrum rief. Er glitt auf den leeren Stuhl neben ihr und sah Jamies gleichmütiges, ernstes Gesicht auf dem Bildschirm. Neben ihm ließ Stacy das Logistik-Bestandsverzeichnis über den Monitor laufen und überprüfte ihre Vorräte.
»Was gibt's, Chief?«, fragte Dex lässig.
Jamie sagte: »Ich habe den Mars der Navajo Nation angeboten.«
Dex wäre beinahe vom Stuhl gefallen. »Du hast was getan?«
»Ich habe den Präsidenten der Navajo Nation gefragt, ob sein Volk formell die Nutzungsrechte für alle Gebiete auf dem Mars beanspruchen möchte, die wir bisher erforscht haben.«
»Aber die sind doch in Arizona!«
»Ich bin hier«, sagte Jamie mit fester Stimme. »Ich vertrete die Navajo Nation.«
»Heilige Scheiße«, murmelte Dex.
Stacy hatte ihren Bildschirm eingefroren. Sie starrte Dex und Jamie an.
»Ich sehe das so«, sagte Jamie, »wenn die Navajos Anspruch auf die Nutzung dieses Landes erheben, kriegt dein Vater es nicht in die Hände.«
»Das stimmt.« Ein Grinsen bahnte sich seinen Weg auf Dex' Gesicht. »Er müsste hier sein, müsste körperlich anwesend sein, um die Nutzungsrechte zu beanspruchen.«
»Und wir sind schon hier. Ich werde also den Anspruch anmelden, sobald ich vom Navajo-Rat grünes Licht bekomme.«
»Mannomann, das haut mich echt vom Hocker«, sagte Dex lachend. »Mein alter Herr wird 'nen Schlaganfall kriegen! Die Indianer stehlen dem weißen Mann das Land! Wozu!«
Jamie fragte: »Glaubst du, das hält deinen Vater wirklich auf?«
»Er kommt nicht mehr an das Bauwerk in der Felswand ran, auch nicht an die Hauptkuppel und die Vulkane, die Mitsuo erforscht hat — ja, er wird sich nirgends geschäftlich niederlassen können, wo wir schon gewesen sind.«
»Dann bleibt ihm noch eine Menge vom Mars übrig.«
»Ja, aber wir haben die Filetstücke! Oder vielmehr, deine Rothaut-Kumpels haben sie.«
»Dann könnte es funktionieren.«
»Ja, klar«, sagte Dex und wurde wieder nüchtern. »Gibt da nur ein Problem.«
»Welches?«
»Von der Finanzierung der nächsten Expedition können wir uns verabschieden.«
Dex war zu aufgeregt, um irgendeine nützliche Arbeit zu machen. Er ging ins Geologielabor, verbrachte seine Zeit jedoch damit, hektische Botschaften zur Erde zu schicken; er setzte sich mit Anwälten und Professoren für internationales Recht in Verbindung. Nach mehreren Stunden sah Wiley Craig schließlich von der Wärmestromkarte auf, an der er gerade arbeitete, und schüttelte den Kopf.
»He, Kumpel, was immer du da machst, aufm Arbeitsplan steht das nich.«
Dex blickte vom Computerbildschirm auf. »Ich sammle Informationen, Wiley.«
»Aber garantiert nich über Geologie.«
»Nein, da hast du verdammt Recht.« Dex erhob sich vom Hocker und ging zur Labortür. »Ich muss rüber zur zweiten Kuppel. Muss mit Jamie von Angesicht zu Angesicht sprechen.«
Wiley schüttelte nur den Kopf und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Tja«, brummelte er, »irgendeiner muss die Arbeit ja machen.«
Stacy war nicht überrascht, dass Dex zu Jamie in Kuppel Zwei wollte. Aber sie zeigte trotzdem wenig Verständnis dafür.
»Du hast hier zu tun«, sagte sie streng. Sie stand wie ein unüberwindlicher Linebacker in der Mitte des Kommunikationszentrums. »Laut Arbeitsprogramm …«
»Soll ich zu Fuß zum Canyon gehen?«, fuhr Dex auf. »Ich muss da hin, Stacy. Die Finanzierung der nächsten Expedition ist wichtig, Himmel noch mal!«
Sie stemmte ihre fleischigen Fäuste in die Hüften. »Willst du da drüben am Canyon zehn Milliarden Dollar auftreiben?«
Dex schenkte ihr ein jungenhaftes Grinsen. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber wir werden garantiert zehn Milliarden verlieren, wenn wir keinen Weg finden, um meinen Vater rumzukommen.«
Deschurowa schnaubte verächtlich. Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, steckte Vijay den Kopf zum offenen Eingang des Kommunikationszentrums herein.
»Hab ich mich verhört, oder hast du gerade gesagt, du wolltest mit einem Rover zur Kuppel Zwei rüber?«, fragte sie. »Ich möchte auch da hin.«
»Wie bitte? Warum?«, wollte Deschurowa wissen.
»Ich muss die Leute dort untersuchen«, antwortete Vijay. »Und psychologische Profile anlegen.«
Die Kosmonautin verdrehte die Augen zum Himmel. »Vielleicht sollten wir alle hinfahren und diese Kuppel endgültig aufgeben.«
»Sag ich ja schon seit Monaten«, erwiderte Dex mit spitzbübischem Grinsen.
»Dann fahrt doch!«, rief Deschurowa abrupt. »Vergesst eure Arbeit und gondelt fröhlich durch die Weltgeschichte.«
»Nun sei nicht sauer, Stacy«, sagte Dex beruhigend. »Wenn es nicht wirklich wichtig wäre, würde ich es nicht tun, das weißt du.«
»Ich weiß, dass du deinen Kopf immer durchsetzt. Fahrt! Nehmt den alten Rover. Lasst mir wenigstens eine der neuen Maschinen da.«
Die Nacht brach herein, bevor sie auch nur ein Viertel des Weges zur Kuppel Zwei zurückgelegt hatten, aber Dex fuhr trotz der Dunkelheit weiter — langsam zwar, aber sie kamen dennoch voran.
Im Scheinwerferlicht des Rovers sah Vijay, die neben ihm im Cockpit des Rovers saß, die deutlich erkennbaren Radspuren auf dem staubbedeckten Boden.
»Du folgst dem ausgefahrenen Weg«, sagte sie.
»Ja. Macht die Sache leichter Man weiß, dass man nicht auf irgendwelche großen Felsen oder Krater stoßen wird.«
»Wird Jamies Idee wirklich funktionieren?«, fragte Vijay und drehte sich ein wenig auf dem Sitz, um Dex direkt anzusehen. »Meinst du, er kann deinen Vater daran hindern, sich diese Region unter den Nagel zu reißen?«
»Sieht so aus«, sagte Dex und schaute nach vorn. »Aber die andere Seite der Medaille ist, dass mein Vater nicht mehr als Motor der Finanzierungskampagne für die nächste Expedition zur Verfügung stehen wird.«
Vijay dachte einen Moment lang darüber nach, dann sagte sie: »Dann wirst du seinen Platz einnehmen müssen.«
»Was?« Dex sah sie mit großen Augen verblüfft an.
»Wenn dein Vater das Geld für die nächste Expedition nicht auftreibt, wirst du's tun müssen.«
Er trat auf die Bremspedale und brachte den Rover zum Stehen. Langsam und methodisch schaltete er die Fahrmotoren ab.
»Ich werd's tun müssen«, sagte er leise.
»Wer sonst?«
Dex wirkte geistesabwesend, als sie nach hinten in die Kombüse gingen und ihr Abendessen in die Mikrowelle stellten. Sie aßen in fast völligem Schweigen. Vijay sah, dass Dex mit den Gedanken hundert Millionen Kilometer weit weg war.
»Das Problem ist«, sagte er, als sie den Tisch abräumten, »ich hab mich noch nie gegen meinen Vater durchgesetzt. Ich musste immer alles so machen, wie er es wollte — außer wenn ich ihn beschwatzen konnte, sodass er glaubte, was ich wollte, sei von vornherein seine Idee gewesen.«
»Jetzt wirst du dich gegen ihn durchsetzen müssen«, sagte Vijay.
Dex nickte bedächtig. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Meinst du nicht, es wird langsam Zeit, dass du's rausfindest?«
Sie standen beim Spülbecken in der Kombüse, zwischen der Mikrowelle und den Gestellen mit den Raumanzügen. Dex packte Vijay direkt über dem Ellbogen am Arm und zog sie an sich.
Sie legte ihm die flache Hand auf die Brust. »Nein, Dex.«
»Nein?«
»Es gibt bestimmt mehrere Millionen Frauen, die auf deine Rückkehr zur Erde warten. Du wirst jede Menge Auswahl haben.«