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Jetlag, sagte sich Trumball. Sie spürt noch den Jetlag vom Herflug. Aber in Wahrheit glaubte er das nicht; sie wirkte missvergnügt, beinahe wütend darüber, dass sie zu ihm gerufen worden war.

»Falls Ihr Interesse dem Antrag der Navajos gilt«, sagte sie ohne jede Einleitung außer einem sehr kühlen ›Guten Morgen‹, »so scheint er juristisch vollkommen korrekt formuliert und durchaus begründet zu sein.«

Trumball sank in seinen hohen ledernen Schreibtischsessel zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. »Ich soll in zwei Tagen mit der Unterstützungsmission starten«, sagte er milde. »Wenn dieser Navajo-Anspruch begründet ist, hat das für mich keinen Sinn mehr.«

»Ich wüsste nicht, was mit ihrem Anspruch nicht in Ordnung sein sollte«, erwiderte die Vorsitzende der IRB. Trumball hatte Schwierigkeiten, ihren Akzent einzuordnen. Deutsch vielleicht. Er hatte keine Ahnung von ihrer Herkunft. Er hatte seinem Personal nur befohlen, die Chefin der IRB in sein Büro zu schaffen.

»Dann wird man ihren Anspruch also anerkennen?«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Der gesamte Ausschuss muss zusammentreten und den Antrag formell billigen, aber ich sehe da kein Problem. Wir sind an internationales Recht und an die Verträge gebunden, die seit neunzehnhundertsiebenundsechzig von den verschiedenen Staaten ratifiziert wurden.«

»Ich verstehe«, sagte Trumball.

»Ich würde vorschlagen«, sagte sie steif, »Sie streichen Ihre Reisepläne und treten Ihren Platz auf dem Flug zum Mars an einen weiteren Archäologen ab.«

Trumball nickte. »Ja, mir scheint, das wäre klug.«

Ein langes Schweigen dehnte sich zwischen ihnen. Sie wartet darauf, dass ich ihr meine Interessen finanziell schmackhafter mache. Oder dass ich Drohungen ausstoße. Sie unter Druck setze. Er musterte ihr schmales, bleiches Gesicht und sah echte Feindseligkeit. Sie kann mich nicht leiden. Sie mag keine amerikanischen Milliardäre, die ihren Einfluss geltend machen. Aber sie mag mein Geld. Deshalb hat sie sich bereit erklärt, zu mir zu kommen.

»Mr. Trumball«, sagte sie schließlich mit ein wenig heiserer Stimme.

»Ja?«

»Ich weiß, dass Sie über diesen Verlauf der Dinge enttäuscht sind.«

Er nickte zustimmend.

»Aber ich hoffe, das wird keine Auswirkungen auf Ihren Beitrag zur dritten Expedition haben.«

»Wieso denn nicht?«, fuhr er auf.

»Weil die Erforschung des Mars wichtiger ist als … als … Ihre Pläne, Geld zu machen.«

Da. Jetzt war es heraus. Sie war eine verfluchte Sozialistin, genau wie all die anderen Bürokraten.

Aber er achtete darauf, dass seine Stimme ruhig und vernünftig klang, als er erwiderte: »Wichtiger für Sie, Madam. Nicht für mich.«

Sie schaute ihm direkt ins Gesicht. »Soll das heißen, Sie werden keinen Beitrag zur Finanzierung der dritten Expedition leisten, wenn wir den Navajos gestatten, Nutzungsrechte zu beanspruchen?«

»Genau das soll es heißen.«

»Aber wie ich Ihnen bereits erklärt habe, haben wir in dieser Sache keine Wahl. Ihr Anspruch ist rechtsgültig, und wir müssen das akzeptieren.«

»Dann müssen Sie sich Ihr Geld woanders suchen«, sagte Trumball.

Die Vorsitzende der IRB sprang auf. »Genau das hatte ich von jemandem wie Ihnen erwartet!«

Trumball stand ebenfalls auf. Langsam. »Dann habe ich Sie ja nicht enttäuscht. Das freut mich.« Er zeigte zur Tür. »Einen schönen Tag noch.«

Sobald sie draußen war, setzte er sich wieder und drehte den Sessel herum, sodass er auf die City und den Hafen von Boston tief unter sich hinausschauen konnte.

Ich sollte dem Indianer nicht die Schuld daran geben. Waterman wäre niemals von allein auf diese Idee gekommen. Dex steckt dahinter. Dex hat mich von einem ganzen Planeten vertrieben. Der kleine Hurensohn hat mich in die Eier getreten.

Seltsamerweise lächelte er.

Jamie blieb so lange draußen, wie es irgend ging, sammelte Proben von den Schichten an der Felswand, fuhr ganz hinunter zum Boden des Canyons, um Trudy und Mitsuo zu helfen, ging allein durch das stille, leere marsianische Gebäude. Aber schließlich musste er doch wieder in die Kuppel zurück. Die Felswand war bereits dunkel und verschattet, als die Sonne zum westlichen Horizont sank. Fuchida und Hall fuhren auf dem Weg zur Kuppel an der Felsennische vorbei nach oben. Vijay, die an der Kommunikationskonsole saß, erklärte ihm, die Sonne gehe gleich unter, und er müsse zurückkommen.

Sobald Jamie durch die Innenluke der Luftschleuse trat, sah er, dass Dex vor Begeisterung geradezu durch die Kuppel hüpfte.

»Die Hälfte aller Nachrichtenmedien der Welt will mit dir sprechen, Kumpel«, krähte er, kaum dass Jamie den Helm abgenommen hatte. »Die drehen alle durch da unten!«

»Irgendeine Nachricht von deinem Vater?«

»Nein. Aber Pete Connors hat sich gemeldet und erzählt, dass der liebe alte Dad seinen Flug abgesagt hat.«

Als er den Oberkörper aus dem Oberteil des Raumanzugs wand, sah Jamie, dass Vijay auf sie zugeeilt kam.

»Das heißt, er wird nichts zur Finanzierung der nächsten Expedition beitragen, nicht wahr?«, sagte Jamie.

»Wen interessiert's?«, fauchte Dex. »Ich werde mich darum kümmern, sobald wir wieder zu Hause sind.«

Vijay wirkte aufgeregt und besorgt. »Kommt ins Kommunikationszentrum, schnell!«, rief sie, beinahe nach Luft ringend. »Es hat einen Unfall gegeben!«

ABEND: SOL 368

Stacy Deschurowas fleischiges Gesicht war dreckverschmiert und schweißglänzend. Sie schaute grimmig und wütend drein.

»Vollständiger Ausfall des Hauptstromsystems«, erklärte sie Jamie. »Wir haben auf die Brennstoffzellen umgeschaltet, aber selbst wenn wir alles bis auf die Notfallstufe herunterfahren, werden wir die Nacht nicht überstehen.«

»Was ist passiert?«, fragte Jamie.

Stacy schüttelte den Kopf. »Die ganze Anlage hat sich abgeschaltet. Das Notsystem ist sofort angesprungen, aber wenn wir das Hauptsystem nicht vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Gang kriegen, werden wir … Moment. Hier ist Possum … äh … Wiley.«

Jamie saß an der Hauptkommunikationskonsole, Vijay neben ihm. Trudy, Mitsuo, Dex und Tomas drängten sich hinter ihnen.

Craigs Hängebackengesicht sah noch düsterer aus als das von Deschurowa, als er auf den Stuhl neben der Kosmonautin sackte.

»Der Atomreaktor is im Arsch«, berichtete er. »Kann sein, dass mein Raumanzug 'ne ordentliche Dosis Strahlung abgekriegt hat.«

»Was?«

»Irgend so 'n Dreckskerl hat 'n Loch zum Atomgenerator runter gegraben und Säure drübergegossen«, sagte Craig und schaute drein, als könnte er seine eigenen Worte kaum glauben.

Fuchida, der hinter Jamie stand, zischte: »Sabotage.«

Jamies Stimme klang hohl, als er sagte: »Du meinst, einer von euch beiden hat absichtlich …« Die Worte blieben ihm im Hals stecken; er bekam sie nicht heraus.

Craig schüttelte den Kopf. »Nee, das war keiner von uns. Jedenfalls nich notwendigerweise. Das Loch muss schon vor 'ner Woche oder länger gegraben worden sein. Mindestens so lange sickert die verdammte Säure schon in den Generator. Musste sich ja ers'ma durch den Schutzmantel fressen, bevor sie echten Schaden anrichten konnte.«

Im Kommunikationszentrum trat absolute Stille ein. Selbst das Summen der Geräte wirkte gedämpft.

»Aber eins sag ich euch«, fuhr Craig finster fort. »Es war garantiert Absicht.«

Eine ganze Weile sagte niemand ein Wort. Jamies Gedanken rasten. Ein Saboteur. Wir haben einen Saboteur unter uns. Einen Irren. Oder eine Irre.