TAGEBUCHEINTRAGUNG
Nichts, was ich tue, läuft wie geplant. Es hat über eine Woche gedauert, bis der Atomgenerator ausgefallen ist. Statt abzufliegen, kommen sie nun alle hierher. Ich muss etwas noch Schlimmeres tun. Etwas, das sie ZWINGT, den Heimflug anzutreten, von diesem gottverlassenen Ort zu verschwinden und dorthin zurückzukehren, wohin wir gehören. Aber was kann ich tun? Vielleicht Feuer. Feuer reinigt alles. Feuer vertreibt das Böse. Schließlich haben sie Feuer benutzt, um die bösen Geister aus den Hexen zu vertreiben, oder nicht? Feuer ist genau das, was ich jetzt brauche.
TARAWA: SOL 372
»In den alten Zeiten«, sagte Pete Connors, »wurde jedes einzelne Ausrüstungsstück auf Bestellung angefertigt. Jedes Fahrzeug, jeder Sensor, jede Mutter und jede Schraube wurde speziell für das Projekt hergestellt. Deshalb war die Weltraumforschung so teuer.«
Der Flugkontrolleur ging mit zwei Reportern am Strand spazieren und gab ihnen Hintergrundinformationen über den bevorstehenden Start. Rechts von ihnen donnerte die Brandung gegen das Riff des Atolls, und dahinter erstreckte sich der blaue Pazifik, so weit das Auge reichte, unter einem balsamischen Himmel, der mit weißen Wolken-Wattebäuschen getüpfelt war. Links von ihnen stand der gedrungene, konische Rumpf einer Clippership-Rakete an der Startrampe, umhüllt von einem stählernen Spinnennetz von Gerüsten, auf denen geschäftige Techniker herumwimmelten.
»Es ist immer noch nicht billig«, sagte die Reporterin mit erhobener Stimme, um sich trotz des frischen Windes und der fernen Brandung Gehör zu verschaffen. Der Wind und die Feuchtigkeit hatten ihr kastanienbraunes Haar verwuschelt. Trotz der warmen Sonne trug sie noch immer eine Hose und eine langärmelige Bluse.
Connors schenkte ihr ein Zahnpastalächeln. »Nein, das stimmt. Aber es ist erheblich besser als früher. Ist jetzt um ein Vielfaches billiger.«
Der Reporter — er war noch jung, aber sein Bauchansatz war nicht zu übersehen, und sein Haar lichtete sich bereits — schaute ernst und ein wenig finster drein. »Ja, aber ganz gleich, wie Sie's formulieren, die Nachschubmission startet nicht planmäßig. Also, wann ist es denn nun so weit?«
»Wir haben jetzt nächsten Montag ins Auge gefasst«, antwortete Connors unverzüglich. »Könnte ein Nachtstart werden, wir wissen es noch nicht genau.«
»Aber das Startfenster …«
»Da sind wir ziemlich flexibel. Mit der zusätzlichen speziellen Schubkraft des Nuklearantriebs können wir das Startfenster erheblich erweitern.«
Die Frau bat sie, einen Moment stehen zu bleiben. Sie zog die Schuhe aus, schüttelte den Sand heraus und stopfte sie in ihren geräumigen Rucksack.
Der Reporter fragte: »Reicht denn eine Woche, um das Raumschiff mit allem Nötigen auszustatten?«
»Sie meinen den Reserve-Stromgenerator?« Connors nickte eifrig. »Da zahlt sich unsere Logistik-Strategie aus. Seit dem eigentlichen Start vor über einem Jahr haben wir Ersatzgeräte auf Lager. Der Reservegenerator ist auf dem Weg aus den Staaten hierher, und wir haben schon einen neuen bestellt, um unseren Lagerbestand an Ersatzgeräten wieder aufzufüllen.«
»Rechnen Sie damit, dass der Atomgenerator noch mal ausfällt?«, fragte die Frau.
Connors setzte sein breitestes Lächeln auf. »Nein. Aber wir haben auch nicht damit gerechnet, dass uns derjenige, der ausgefallen ist, im Stich lassen würde.« Von den mehreren hundert Männern und Frauen, die auf Tarawa für die zweite Marsexpedition arbeiteten, wussten nur fünf — darunter Connors —, dass der Atomkraftgenerator sabotiert worden war. Und er hatte keineswegs vor, diese Zahl auf sechs oder sieben anwachsen zu lassen.
»Dann werden Sie also am Montag starten können?«
»Sieht so aus«, erwiderte er und nickte. »Und falls es sich noch ein paar Tage verzögert, wäre das auch kein Problem.«
»Und der Flug zum Mars wird fünf Monate dauern.«
»Richtig. Sie werden ungefähr drei Wochen vor dem Abflug der ursprünglichen acht vom Mars landen.«
»Was ist mit den Wissenschaftlern?«, fragte die Frau. »Wie kommen die mit diesem Aufschub klar?«
»Sie können es natürlich kaum erwarten, endlich loszufliegen«, gab Connors zu. Dann breitete er die Arme aus und machte eine ausholende Geste, die den Strand, die Lagune und den atemberaubenden Himmel umfasste. »Aber es bricht ihnen auch nicht gerade das Herz, dass sie noch eine Woche hier warten müssen.«
Beide Reporter lachten.
NACHT: SOL 375
»Hi«, sagte Rodriguez. »Das A-Team meldet sich zur Wachablösung.«
Ohne sich zu ihm umzudrehen, zeigte Stacy Deschurowa auf die Ziffern der Digitaluhr auf dem Hauptbildschirm an der Kommunikationskonsole. »Du bist zu früh dran.« Auf der Uhr war es ein Uhr achtundfünfzig.
»Ich konnte nicht schlafen«, sagte Trudy Hall.
Deschurowa blickte auf und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Du meinst, dieser Flegel mit seinem übermäßig starken Sexualtrieb wollte dich nicht schlafen lassen.«
Rodriguez hob die Hände. »He, gib nicht mir die Schuld. Ich kann nichts dafür.«
Wiley Craig stand langsam von dem Stuhl neben Stacy auf. »Also, ich kann schlafen, das schwör ich euch. Kann kaum noch die Augen offen halten.«
»Geh schon«, sagte Rodriguez. »Wir übernehmen jetzt.«
Deschurowa hatte Jamies Idee, dass niemand allein arbeiten sollte, eifrig unterstützt, nachdem sie und Craig in Kuppel Zwei eingetroffen waren. Die Arbeit ging dadurch erheblich langsamer vonstatten, aber in den letzten sieben Sols hatte es keine »Unfälle« mehr gegeben.
Deschurowa erhob sich von ihrem Stuhl. Er knarrte hörbar.
»Hoffentlich war das der Stuhl und nich du«, witzelte Craig.
Sie versuchte, ihn zornig anzufunkeln, musste aber schließlich grinsen, wie die anderen auch. Sie und Craig machten sich auf den Weg zu ihren Kabinen, während Rodriguez an der Kommunikationskonsole Platz nahm.
»Behalt die beiden im Auge«, flüsterte er Trudy über die Schulter hinweg zu. »Vergewissere dich, dass sie zu ihren Unterkünften gehen.«
Jamie lag hellwach auf seiner Liege, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Diese Expedition wird zu einem Fiasko, dachte er. Wegen dieses Saboteurs, wer immer es sein mag, geht die Arbeit nur noch im Schneckentempo voran. Obwohl wir in den letzten ein, zwei Monaten ja nun auch nicht gerade sonderlich viel erreicht haben.
Er starrte in die Schatten der Kuppel hinauf. Nicht einmal dem seufzenden Nachtwind gelang es, ihn zu beruhigen und seine Sorgen zu dämpfen.
Na ja, wenn die Archäologen erst mal hier sind, können sie in dem Bauwerk rumschnüffeln, und wir können wieder unseren ursprünglichen Aufgaben nachgehen. Es gibt einen ganzen Planeten zu erforschen. Gott weiß wie viele andere Felsenbehausungen wir finden werden, sobald wir anfangen, aktiv nach ihnen zu suchen.
Er hörte langsame Schritte durch die Kuppel tappen. Leise erhob sich Jamie von seiner Liege und ging zur Tür der Kabine. Sie war fast ganz geschlossen, aber nicht verriegelt, sodass er sie lautlos einen Spaltbreit aufschieben konnte.
Er sah Wiley Craig auf dem Weg zu seiner Kabine müde vorbeischlurfen. Stacy muss schon schlafen gegangen sein, dachte er.
Als er zu seiner Liege zurückkehrte, wünschte Jamie zum millionsten Mal, dass Vijay hier bei ihm wäre. Nicht jetzt, befahl er sich. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas. Ich muss rausfinden, wer der Wahnsinnige ist. Er wird noch jemanden umbringen, wenn wir ihn nicht bald erwischen!
Auf der Digitaluhr war es neun Minuten nach drei, als Rodriguez sich auf seinem Stuhl zurücklehnte und das logistische Inventarprogramm schloss.
»Bis zur Landung der Nachschubmission kommen wir klar«, dachte er laut.
»Werden sie hier oder bei Kuppel Eins landen?«, fragte Trudy. Der Bildschirm vor ihr zeigte eine Mikroaufnahme der tief unter der Oberfläche lebenden Bakterien.