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Trumball hörte sich den Plan seines Sohnes zur Bergung der alten Gerätschaften an. Er fand, dass der Junge dünner wirkte als sonst. Wenn seine Mutter das sah, würde sie einen hysterischen Anfall bekommen und ihm sagen wollen, dass er mehr essen und ja seine Vitaminpräparate nehmen sollte.

Doch als Dex die Details seines Planes abspulte, vergaß er das physische Erscheinungsbild seines Sohnes sehr rasch. Bei Gott, dachte Trumball. Da hat der Junge wirklich mal eine gute Idee gehabt. Ein Dutzend Anrufe, und ich hätte ein Dutzend Bieter für diesen alten Schrott. Mehr wäre nicht nötig. Vielleicht nicht mal so viele. Letztendlich würde es Hunderte von Bietern aus jedem Winkel des Globus geben.

Dann kam ihm ein neuer Gedanke. Wie wär's, wenn wir die Sachen den Franzosen anböten? Die müssen doch irgendein Wissenschaftsmuseum haben, das sie gern hätte. Oder das Pariser Disneyland!

Er lachte laut auf. Beschwatzen wir die Franzosen mit diesem alten Haufen Raumschrott, damit sie sich bei dem Osteuropageschäft nicht quer stellen. Das würde bestimmt funktionieren! Wenn ich das den Leuten in der Londoner Niederlassung erzähle. Denen zeige, wer der Mann ist, der ihre Probleme lösen kann. Ihnen sage, dass ich eigentlich ihre Jahresprämien kriegen müsste!

Er spielte Dex' Nachricht noch einmal von vorn ab und rief dann seinen hauseigenen Wissenschaftsberater an, einen Physiker vom MIT, den er auf Honorarbasis beschäftigte. Anschließend führte er noch zwei weitere Telefonate. Eines mit dem Generaldirektor des Unternehmens, das die Landetriebwerke für die Trägerrakete des Treibstoffgenerators hergestellt hatte, das andere mit den Leuten im Kontrollzentrum in Tarawa. Es war bereits dunkel, als er genug Informationen hatte, um seine Entscheidung zu treffen. Erst dann schickte er seinem Sohn auf dem Mars eine Nachricht.

Am nächsten Morgen hatte Dex reichlich zu tun. Er katalogisierte die aus Tithonium Chasma mitgebrachten Gesteins- und Bodenproben und testete ausgewählte Steine darauf, ob sie Hydrate enthielten. Wie ein Chirurg, der einen Tumor seziert, schnitt er mehrere Steine mit einer Diamantsäge auf und trennte so dünne Scheiben heraus, dass er hindurchschauen konnte.

Wie jeder Chirurg hatte er eine Assistentin, die ihm zu Hand ging: Trudy Hall, deren Interesse am Wassergehalt der Steine ebenso groß war wie seines. Sie verbrachten den ganzen Tag im Geologielabor und untersuchten die Steine mit dem Gaschromatographen und Massenspektrometer. Das Gerät verwandelte eine mikroskopische Menge der Gesteinsprobe mit einem Energieblitz seines winzigen Lasers zu Dampf und trennte diesen anschließend in seine molekularen Bestandteile auf. Am Ende des Tages waren sie beide müde, und ihnen taten alle Knochen weh, weil sie sich lange Stunden ununterbrochen über Laborgeräte gebeugt hatten. Dennoch hüpfte Trudy beinahe, als sie das Geologielabor verließen und sich auf den Weg zur Messe machten. Dex grinste von einem Ohr zum anderen.

»Ihr beiden seht ja glücklicher aus als Flitterwöchner«, sagte Possum Craig, der von der Werkbank aufblickte, wo er das störrische Ventil einer Luftpumpe reparierte.

»Worauf du dich verlassen kannst, Wiley«, sagte Trumball mit einem Zwinkern. »Wenn sie kochen könnte, würde ich sie heiraten.«

»Ich kann kochen«, gab Hall schlagfertig zurück, »aber ich bin noch viel zu jung, um ans Heiraten zu denken.«

Jamie Waterman kam mit einer Spur Neugier in seinem gleichmütigen Gesicht quer durch die Kuppel auf sie zu.

»Was gefunden?«, fragte er und gesellte sich zu Trumball und Hall, die zum Heißwasserbehälter gingen.

»Doch, ja«, sagte Trudy. »Sogar eine ganze Menge.«

Auf Jamies Gesicht erschien ein verwirrtes Lächeln. »Und, wollt ihr uns davon erzählen?«

»Ich finde, wir sollten damit bis zum Abendessen warten«, sagte Trumball, immer noch mit breitem Grinsen, »wenn alle ums Lagerfeuer versammelt sind.«

»Wie wär's mit einer kleinen Vorschau?«, fragte Jamie.

Trumball sah Trudy Hall an. »Sollen wir's ihm sagen?«

Sie sah Jamie an und wandte sich dann wieder an Dex. »Na ja, er ist immerhin der Chef.«

»Schon, aber …«

Jamie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun mal los, ihr zwei! Was habt ihr rausgefunden?«

»Ganz einfach«, antwortete Trudy, die vor Aufregung beinahe übersprudelte. »Die Steine, die Hydrate enthalten, tragen auch Flechten. Die trockenen Steine haben keine Flechten.«

»Die Flechte muss die Hydrate spüren können«, sagte Trumball. »Sie kann die Anwesenheit von Wasser irgendwie riechen, selbst wenn es nicht flüssig ist.«

»Selbst wenn es chemisch in die molekulare Struktur des Gesteins eingebunden ist!«, fügte Hall hinzu.

Sie hatten den Heißwasserspender erreicht, aber keiner von ihnen griff nach einem Becher.

Jamie fragte langsam: »Seid ihr euch da sicher?«

»Jede Probe, die wir untersucht haben«, erwiderte Dex. »Hydrate und Flechte zusammen; keine Hydrate, keine Flechte.«

Kopfschüttelnd sagte Jamie: »Nein, ich meine, dass die Flechten Wasser spüren.«

»Wie lässt sich das sonst erklären?«, fragte Hall.

»Nun, vielleicht sterben die Flechten, die sich in Gestein ohne Hydrate anzusiedeln versuchen, einfach an Wassermangel ab.«

Trudy machte ein langes Gesicht. »Oh.«

»Also Moment mal«, sagte Trumball. »Das wäre eine Möglichkeit, okay, aber das heißt nicht …«

»Ockhams Skalpell, Dex«, sagte Hall niedergeschlagen.

»Wie?«

»Ockhams Skalpell«, wiederholte sie. »Wenn es zwei mögliche Erklärungen für ein Phänomen gibt, ist die einfachere für gewöhnlich die zutreffende.«

»Das heißt nicht, dass er Recht hat«, sagte Trumball beinahe streitsüchtig.

»Doch, ich fürchte schon«, sagte Trudy. Ihre Stimme war nur noch ein Wispern. »Wir waren so begeistert über die Hydratfunde, dass wir die auf der Hand liegende Erklärung übersehen haben.«

Trumball sah sie mit finsterer Miene an und wandte sich dann an Jamie. »Ich finde trotzdem, dass wir uns die Sache genauer anschauen sollten. Vielleicht kann die Flechte wirklich Hydrate im Gestein spüren.«

»Vielleicht«, gab Jamie zu. »Aber solltet ihr eure Zeit nicht lieber auf die Frage verwenden, wie sie die Wassermoleküle aus dem Gestein löst? Das ist ein echtes Problem.«

Halls Gesicht hellte sich wieder auf. »Ja, das ist das Problem, nicht wahr? Was für eine unglaubliche Anpassungsleistung!«

Jamie nickte und ging davon. Erst als er hinter der geschlossenen Tür seiner Kabine in Sicherheit war, erlaubte er sich ein Lächeln, dass er Dex' Ballon hatte platzen lassen.

Während des Abendessens erstatteten Trudy und Dex dem ganzen Team ausführlich Bericht darüber, was sie an diesem Tag getan hatten. Alle waren sich einig, dass Jamies Erklärung für das Fehlen von Flechten in wasserlosem Gestein wahrscheinlicher war: Flechten, die sich in trockenem Gestein anzusiedeln versuchten, starben an Wassermangel. Trumball trat zähneknirschend für die Idee ein, dass die Flechte irgendwie die Hydrate spüren konnte, aber seine Versuche waren halbherzig und gingen bald in dem aufgeregten Palaver darüber unter, wie die Organismen wohl nutzbares Wasser aus den Hydraten extrahierten.

Fünfzehn verschiedene Theorien kamen in ebenso vielen Minuten auf den Tisch; alle trugen ihre Ideen vor, kaum dass sie ihnen eingefallen waren. Alle außer Rodriguez, der in missmutigem Schweigen dasaß, wie Jamie bemerkte. Er gibt sich immer noch die Schuld am Verlust des Schwebegleiters, dachte er. Wie kann ich ihn da herausholen?

Possum Craig hatte auch eine Theorie über die Flechte: »Ich glaub, die kleinen Racker ham alle 'n Diplom in Chemie und bau'n winzige Chemielabors in den Steinen.«

Die anderen johlten und stöhnten.

»Nein, wartet«, sagte Trudy Hall, als das Gelächter erstarb. Sie saß Craig gegenüber und schaute ihm direkt in die Augen. »Possum hat im Grunde absolut Recht.«