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»Für mich ist das Freizeit«, erwiderte Jamie. »Wir könnten Tomas hallo sagen, wenn wir schon mal hier sind, meinst du nicht?«

»Überall um uns herum ist der Mars, und da gehst du zufällig gerade in diese Richtung«, konterte sie.

Ihr koboldhaft neckischer Ton entging ihm keineswegs. Statt sich auf ein Geplänkel mit ihr einzulassen, rief Jamie Rodriguez zu: »Hola, Tomas! Què pasa?«

Der Astronaut kniete in seinem Raumanzug unter einer Flügelspitze des Flugzeugs. Seine beschuhten Hände steckten in einer offenen Wartungsklappe in der Triebwerksverkleidung. Man konnte nicht erkennen, ob er im Helm den Kopf drehte, aber seine besorgte Stimme kam aus ihren Helmlautsprechern: »Tengo um probleina con esta maldita … äh, Einspritzdüse.«

»Was hat er gesagt?«, fragte Shektar.

»Wo liegt das Problem?«, fragte Jamie auf Englisch.

Er hörte Rodriguez glucksen. »Schön, dass du auf Englisch umschaltest, Mann. Ich glaub nicht, dass mein Spanisch gut genug ist, um mich über Gelenke mit gasdynamischer Schmierung und Tieftemperatur-Zündsysteme auszulassen.«

Rodriguez schien seinen Katzenjammer über den Verlust des unbemannten Schwebegleiters überwunden zu haben. Jamie hatte ihn aufmerksam beobachtet, weil er wusste, dass Tomas Fuchida mit dem bemannten Flugzeug in dasselbe Gebiet bringen sollte, in dem der Schwebegleiter verloren gegangen war. Der Astronaut hatte alle Anstrengungen unternommen, den Verlust des unbemannten Gleiters aufzuklären, aber je näher sein eigener Flug rückte, desto weniger schien er sich für die Absturzursache zu interessieren.

Jamie und Rodriguez plauderten eine Weile im Techniker-Kauderwelsch; Shektar verstand kein Wort von dem, was sie sagten.

Schließlich fragte Jamie: »Also, was ist — wird es fliegen, Orville?«

Rodriguez lachte. »Es wird, Wilbur. Und wenn ich die verdammten widerspenstigen Treibstoffpumpen mit meinem eigenen Blut schmieren muss.«

Jamie erkannte, dass Rodriguez es trotz seines lockeren Tonfalls vollkommen ernst meinte. Er würde diesen Vogel fliegen, mit Fuchida als Passagier. Wenn etwas schief ging, war es um ihn geschehen.

Und um mich auch, erkannte Jamie. Ich muss ihnen das endgültige Okay für den Flug geben. Es spielt überhaupt keine Rolle, wie viele Techniker auf der Erde seine Arbeit noch mal nachprüfen und für gut befinden. Die endgültige Verantwortung trage ich. Ist Tomas seelisch bereit für diese Mission? Vielleicht sollte ich mit Vijay darüber sprechen.

Ihm fiel etwas ein, das Conners ihm damals während des Trainings erzählt hatte, noch vor der ersten Expedition.

»Siehe die primitive Schildkröte«, hatte der Astronaut zitiert. »Sie kommt nur voran, wenn sie den Kopf herausstreckt und damit den Hals riskiert.«

Pilotenweisheit. Astronautenhumor. Aber Jamie wusste, dass es stimmte. Wenn wir hundertprozentige Sicherheit wollten, säßen wir noch in unseren vier Wänden auf der Erde. Zum Teufel, wir würden noch in Höhlen leben und hätten zu große Angst, um Feuer zu machen.

»Mir ist ein Spaziergang draußen auf dem Land versprochen worden«, erinnerte ihn Skektar.

»In Ordnung«, sagte er rasch. »Bleib dran, Tomas.«

»Was hab ich sonst schon zu tun?«

Jamie und Vijay umrundeten das hohe, weit ausladende Schwanzende des Flugzeugs und gingen auf die untergehende Sonne zu. Sie schalteten ihren Anzugfunk von der allgemeinen Kommunikationsfrequenz auf eine andere, die es ihnen erlaubte, sich zu unterhalten, ohne Rodriguez oder jemand anderen in der Kuppel zu stören, der die allgemeine Frequenz vielleicht gerade überwachte.

»Mit Tommy scheint jetzt wieder alles in Ordnung zu sein«, sagte Vijay übergangslos.

Überrascht erwiderte Jamie: »Hat er dir von seinen Problemen erzählt?«

»Der? Nie im Leben, Kamerad.«

»Woher weißt du dann …?«

»Ich wäre eine tolle Psychologin, wenn mir nicht aufgefallen wäre, wie geknickt er dreingeschaut hat, oder?« Shektars Stimme klang ein wenig amüsiert. »Ich meine, der arme Kerl ist ja wie Falschgeld durch die Gegend gelaufen.«

»Er hat sich für den Absturz des Gleiters verantwortlich gefühlt.«

»Er ist drüber weg.«

»Mit deiner Hilfe?«

Ein oder zwei Herzschläge lang antwortete sie nicht. Dann: »Oh, ich hab ihn ein paar Mal strahlend angelächelt und ihm auf die Schulter geklopft. Schien ihn ein bisschen aufzumuntern.«

»Wird er fliegen können?«

»Wäre sogar das Beste für ihn«, gab sie zurück. »Wenn du ihn jetzt von der Mission abziehen würdest, wäre er am Boden zerstört.«

Jamie nickte in seinem Helm und fragte sich, wie viel von diesen Maßnahmen zur Hebung der Moral Eingang in Vijays offizielle Unterlagen fand.

Sie entfernten sich langsam von der Kuppel, gingen über den mit Steinen übersäten roten Sand.

»Oh Gott, das ist ja noch öder als das Outback«, meinte Vijay leise.

»Aber schön«, sagte Jamie.

»Das findest du schön?« Ungläubigkeit sprach aus ihrem Ton.

»Du vergleichst es mit der Erde, mit einem Ort, den du kennst oder vielleicht sogar liebst.«

»Dagegen ist Coober Pedy der Garten Eden.«

Jamie schüttelte den Kopf. »Zieh keine Vergleiche. Das ist eine andere Welt, Vijay. Nimm sie so, wie sie ist. Betrachte sie mit neuen Augen.«

Noch während er das sagte, erkannte Jamie, dass er selbst die marsianische Landschaft instinktiv mit der felsigen Einöde des Navajo-Reservats verglich. Befolge deinen eigenen Rat, dachte er. Betrachte sie mit neuen Augen.

Und er sah Schönheit. Die Welt vor ihren Augen war eine Sinfonie der Rottöne: Überall lagen rostfarbene Felsbrocken herum, sanfte Dünen in Ocker und Kastanienbraun erstreckten sich bis zum hügeligen, unebenen Horizont, der Himmel war von einem zarten Rosa, das sich über ihnen zu Blau verdunkelte. Eine leise Brise strich über sie hinweg; er hörte ihr freundliches Raunen durch seinen Helm. Es war richtig, harmonisch, eine ausgewogene Welt ohne Druck, lärmende Menschenmengen, riesenhafte Gebäude oder verkehrsreiche Straßen.

Ohne Menschen, erkannte er. Vielleicht sollten wir nicht in übervölkerten Städten leben. Vielleicht sollten wir in kleinen Familien leben, in kleinen Gruppen mit viel freiem Raum um uns herum.

»Weißt du«, sagte Vijay langsam, »es ist wirklich irgendwie schön, auf gewisse Weise. Friedlich.«

Ja, dachte Jamie. Friedlich. Aber wenn Dex seinen Willen bekommt, dann werden hier Touristen durchtrampeln und Bauunternehmer Städte bauen, und ein Heer von Ingenieuren wird überall herumwuseln, um all das zu ändern und ein zweites Phoenix, Tokio oder New York daraus zu machen.

»Natürlich ist es hier nur friedlich, weil wir nicht aus diesen Anzügen herauskönnen«, fuhr Vijay fort. »Es ist schön, weil wir hier eigentlich nicht leben können, wir können nur zu Besuch kommen.«

»Der Mars duldet uns«, sagte Jamie. »Solange wir seine Welt respektieren.«

»Im Grunde sind wir gar nicht auf dem Mars, nicht wahr? Ich meine, wir können den Wind nicht spüren und nicht barfuß über den Sand laufen.«

»Nein. Wir sind Besucher. Gäste.«

Sie trat näher zu ihm, und Jamie versuchte, ihr den Arm um die Schultern zu legen. In den überdimensionalen hartschaligen Anzügen mit den klobigen Tornistergeräten war das jedoch unmöglich.

Stattdessen fasste er sie am Arm und führte sie wortlos auf den Kamm einer niedrigen, bogenförmigen Felsenkette. Die Spätnachmittagssonne warf ihre langen Schatten über die kahlen Sanddünen, die in symmetrischer Anordnung bis zu dem beunruhigend nahen Horizont marschierten. Das Sonnenlicht enthielt keine Wärme; ohne die schützenden Anzüge, die sie umhüllten, wären sie schnell erfroren. Und ohne die Luft aus den Tanks in ihren Tornistern wären sie noch schneller erstickt.