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Schon beim Betreten des Lavaschlots hatte er eine ungewohnte Furcht verspürt, wie eine Figur in einem alten Horrorfilm, die mit nichts als einer flackernden Kerze in der Hand langsam und ängstlich den engen Korridor eines Spukhauses entlanggeht. Nur dass dieser Korridor hier ein Schacht war, den ein uralter Strom rot glühender Lava ins massive Gestein geschmolzen hatte, und dass Fuchidas Licht von der Lampe im Helm seines Raumanzugs stammte.

Unsinn!, fauchte er stumm. In deinem Raumanzug bist du sicher, und das Seil verbindet dich mit Rodriguez oben an der Oberfläche. Aber er rief den Astronauten und schwatzte dummes Zeug mit ihm, nur um sich zu vergewissern, dass er in diesem engen, dunklen Gang hier unten nicht völlig vom Rest des Universums abgeschnitten war.

Die VR-Kameras an seinem Helm zeichneten alles auf, was er sah, aber Fuchida dachte, dass sich nur Geologen für diesen engen, klaustrophobischen Tunnel interessieren würden.

Der Schlot führte schräg nach unten, und die Wände waren ziemlich glatt, an manchen Stellen sogar beinahe glasig. Das schwarze Gestein glänzte im Lichtschein der Lampe. Ab und zu wurde der Tunnel noch enger, dann verbreiterte er sich wieder, obwohl er nirgends so breit war, dass Fuchida die Arme ganz zu den Seiten ausstrecken konnte.

Schweiß trat ihm auf Lippen und Stirn und tröpfelte ihm kalt über die Rippen. Hör auf mit dem Unsinn, ermahnte er sich. Du warst schon in engeren Höhlen als dieser.

Er dachte an Elizabeth, die in Japan auf ihn wartete und die subtilen Brüskierungen des tief sitzenden Rassismus hinnahm, weil sie ihn liebte und bei ihm sein wollte, wenn er zurückkam. Ich werde zu dir zurückkommen, schwor er, auch wenn dieser Tunnel in die Hölle selbst hinabführt.

Das Seil schien sich hin und wieder zu verhaken. Er musste stehen bleiben und daran ziehen, um es wieder zu befreien. Vielleicht experimentierte Rodriguez auch mit der Seilspannung herum, dachte er. Immer tiefer ging er in den Tunnel hinein, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, fuhr hin und wieder mit den beschuhten Händen über die sonderbar glatten Wände.

Fuchida verlor jedes Zeitgefühl, während er hier und dort etwas von den Tunnelwänden abschlug und die Probenbeutel füllte, die am Gurt seines Geschirrs baumelten. Das vor der Brust befestigte Seil erschwerte ihm das Gehen; er musste es über die Schulter oder um die Taille herumführen und kam nur mit Mühe voran.

Dann fiel ihm im Lichtkreis seiner Helmlampe zur Linken eine Einbuchtung auf, eine Mini-Nische, die heller wirkte als die übrigen glänzend schwarzen Tunnelwände. Fuchida schob sich näher heran und beugte sich ein kleines Stück in die Nische, um sie zu untersuchen.

Das Produkt einer Lavablase, dachte er. Die Nische war kaum groß genug für einen Mann — einen Mann, der nicht mit einem hartschaligen Raumanzug und einem klobigen Tornistergerät befrachtet war, hieß das. Fuchida stand am Eingang der kleinen Nische und spähte staunend hinein.

Und dann fiel ihm ein roter Streifen auf, der die Farbe von Eisenrost hatte. Rost? Wieso hier und nicht woanders?

Er schob sich näher heran, zwängte sich in die enge Öffnung, um den Rostfleck zu inspizieren. Ja, eindeutig die Farbe von Eisenrost. Er holte einen Schaber aus dem Werkzeug-Set an seiner Taille und hatte Schwierigkeiten, ihn mit den ungeschickten, von Handschuhen behinderten Fingern festzuhalten. Wenn ich ihn fallen lasse, kann ich mich nicht bücken, um ihn aufzuheben — nicht in dieser engen Spalte, dachte er. Der rote Fleck zerbröselte unter der Berührung des Schabers. Merkwürdig, dachte Fuchida. Das sieht dem Basalt gar nicht ähnlich. Könnte er … nass sein? Nein! Bei diesem niedrigen Luftdruck gibt es kein flüssiges Wasser. Aber wie hoch ist der Druck im Innern des Gesteins? Vielleicht …

Das rote Zeug ließ sich problemlos in den Probenbeutel bröseln, den er mit zitternden Fingern darunterhielt. Es muss Eisenoxid sein, das irgendwie von Wasser zerfressen wird. Wasser und Eisen. Siderophile Organismen! Bakterien, die Eisen und Wasser umwandeln! Fuchida war sich dessen so sicher wie seiner eigenen Existenz. Sein Herz raste. Eine Kolonie eisenfressender Bakterien, die in der Caldera von Olympus Mons lebten! Wer wusste, was tiefer im Innern noch alles zu finden sein mochte?

Erst als er den Probenbeutel verschloss und in der an seinem Gurt hängenden Plastikbox verstaute, hörte er das seltsame Grollen. Wegen seines dicken Helms klang es gedämpft und weit entfernt, aber trotzdem, jedes Geräusch so tief im Innern des Tunnels war alarmierend.

Fuchida trat von der bröckeligen, rostroten Spalte zurück. Das Grollen schien lauter zu werden, wie das Knurren einer sich anschleichenden Bestie. Es war natürlich Unsinn, aber er glaubte, dass die Tunnelwände leicht erbebten und erzitterten. Du bist derjenige, der zittert, du Narr, ermahnte er sich.

Ganz weit hinten in seinem Kopf sagte eine Stimme:

Angst ist gesund. Man muss sich nicht dafür schämen, wenn man …

Das rostige Gestein verschwand in einem Schwall aus explodierendem Dampf, der Fuchida von den Füßen hob und ihn schmerzhaft an die gegenüberliegende Wand des Lavaschlots schleuderte.

ABEND: SOL 49

Fuchida wäre beinahe ohnmächtig geworden, als sein Kopf gegen die Rückseite des Helms knallte. Er sackte auf den Boden des Tunnels. Seine Sichtscheibe war völlig beschlagen, grelle Supernovae blitzten ihm in die Augen, sein Schädel dröhnte vor Schmerz.

Zähneknirschend und unter Aufbietung eiserner Willenskraft hinderte er sich daran, in die Bewusstlosigkeit zu entgleiten. Trotz des dumpfen Pochens in seinem Schädel zwang er sich, wach und wachsam zu bleiben. Nicht das Bewusstsein verlieren, befahl er sich. Nicht den feigen Weg nehmen. Du musst wach bleiben, wenn du am Leben bleiben willst. Er merkte, wie sich Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten und ihm in die Augen rannen, sodass er zwinkern und blinzeln musste.

Dann spülte eine Woge des Zorns über ihn hinweg. So etwas Dummes, schalt er sich. Ein Hydrothermalschlot. Wasser. Flüssiges Wasser, hier auf dem Mars. Du hättest es wissen müssen. Du hättest darauf kommen müssen. Der Wärmestrom, das rostige Eisen. Es muss hier siderophile Organismen geben, Bakterien, die Eisen und Wasser umwandeln. Sie haben die Wand geschwächt, und du hast so viel davon abgekratzt, dass der Druck sie gesprengt hat. Du hast einem Geysir ein Ventil geschaffen.

Ja, stimmte er sich zu. Jetzt, wo du diese Entdeckung gemacht hast, musst du weiterleben, um dem Rest der Welt davon zu berichten.

Seine Sichtscheibe war noch immer völlig beschlagen. Fuchida tastete nach dem Bedienungsknopf an seinem Handgelenk, um das Gebläse des Anzugs hochzudrehen und die Sichtscheibe frei zu machen. Er glaubte, die richtige Taste gefunden zu haben und drückte darauf. Nichts änderte sich. Tatsächlich, jetzt, wo er auf das leise Summen des Gebläses horchte, konnte er es überhaupt nicht mehr hören. Außer den Geräuschen seines eigenen mühsamen Atmens war alles still.

Warte. Sei ruhig. Denk nach.

Ruf Rodriguez. Sag ihm, was passiert ist.

»Tomas, ich hatte einen kleinen Unfall.«

Keine Antwort.

»Rodriguez! Hörst du mich?«

Stille.

Langsam und vorsichtig bewegte er beide Arme, dann die Beine. Er hatte Schmerzen am ganzen Körper, schien sich aber nichts gebrochen zu haben. Trotzdem blieb das Gebläse stumm, und Schweiß tropfte ihm in die Augen. Zwinkernd und blinzelnd sah er, dass die Sichtscheibe von selbst wieder klar zu werden begann. Offenbar ist das kein sehr starker Hydrothermalschlot gewesen, dachte er dankbar. Das Grollen war verstummt; der Tunnel schien nicht mehr zu beben.

Fast widerstrebend hob er den Arm bis in Augenhöhe und hielt die Handgelenkstastatur nah an die Sichtscheibe. Das Display war leer. Die Elektrik funktionierte nicht! Verzweifelt tippte er auf der Tastatur herum: nichts. Heizung, Wärmetauscher, Gebläse, Funk — alles aus.