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»Immer langsam, Kumpel. Stütz dich auf mich. Wir müssen dich zum Flugzeug zurückbringen, bevor du erstickst.«

Jamie strich unentwegt um Trudy Hall herum, die jetzt an der Kommunikationskonsole saß. Deschurowa hatte darauf bestanden, weiter Dienst zu machen, aber Jamie hatte ihr befohlen, in die Kombüse zu gehen und etwas zu essen. Er war dankbar, als sie gehorchte, auch wenn sie es offenkundig nur widerstrebend tat.

»Du solltest dich auch mal ausruhen, Kamerad«, erklärte ihm Vijay. Sie hatte ihm einen Teller mit Abendessen ins Kommunikationszentrum gebracht.

»Sobald sie wohlbehalten im Flugzeug sind«, sagte Jamie. »Dann können wir alle für heute Schluss machen.«

»Wie lange ist es jetzt her?«, fragte Vijay.

Jamie warf einen Blick auf die Digitaluhr über dem Hauptbildschirm. »Über eine Stunde, seit Rodriguez ihm nachgegangen ist.«

Dex Trumball fuhr langsam durch die tintenartige Schwärze der Marsnacht.

»Abendbrot steht auf dem Tisch«, rief Craig. »Komm und iss was, oder ich werf's den Schweinen vor.«

»Weshalb fahren wir nicht weiter, Wiley?«, fragte Trumball über die Schulter hinweg.

»Weil wir uns nich unsere Baumwollpflückerhälse brechen wollen, deshalb. Stell die Motoren ab, Dex.«

»Ach komm, Wiley. Nur noch ein paar Klicks.«

»Jetzt«, sagte Wiley mit Eisen in der Stimme.

Seufzend stieg Trumball auf die Bremspedale und brachte den Rover langsam und weich zum Stehen.

Nachdem er die Fahrmotoren abgestellt hatte und nach hinten zum Tisch zwischen den Liegen gekommen war, sank Dex auf den Rand seiner Liege nieder und starrte eine Weile auf die Schale mit dem Fertiggericht.

»Ich weiß, was du vorhast, Amigo«, sagte Craig, der ihm auf seiner eigenen Liege gegenübersaß.

Dex grinste ihn an. »Ja? Was?«

»Du willst so weit kommen, dass wir in Jamies Moment der Entscheidung näher am Generator als an der Basis sind. Stimmt's?«

Nickend erwiderte Trumbalclass="underline" »Warum nicht?«

»Haste keine Angst vor 'nem Staubsturm?«

»Wiley, wenn Jamie bei der ersten Expedition so einen Sturm überstanden hat, warum sollten wir das dann nicht auch können?«

»Wär klüger, in der Basis zu sein, wenn ein Sturm kommt. Warm und gemütlich.«

»Wenn ein Sturm kommt. Was würdest du denken, wenn wir die Flucht ergreifen und zur Kuppel zurückfahren würden, und dann gibt's gar keinen Sturm?«

»Wie schön, dass ich am Leben bin.«

Trumball betrachtete ihn einen Moment lang eingehend. Dann steckte er seine Plastikgabel in das unidentifizierbare Zeug in der Schale vor sich und fragte: »Wenn Jamie uns umzukehren befiehlt, was machst du dann?«

Craig erwiderte traurig seinen Blick. Die eisblauen Augen mit den Tränensäcken sahen Dex unverwandt an. »Weiß ich noch nich«, antwortete er. »Aber ich überleg's mir schon die ganze Zeit.«

Trumball grinste ihn an. »So? Na, dann überleg mal Folgendes mit, Wiley. Es wird einen Finderlohn für diejenigen geben, die die Pathfinder-Sonde bergen. Eine hübsche Stange Geld für die Jungs, die sie zurückholen. Und das sind wir beide.«

»Wie viel?«

Trumball zuckte die Achseln. »Sechsstellig, schätze ich.«

»Hmm.«

Trumball beobachtete das Gesicht des älteren Mannes genau. »Ich brauch das Geld natürlich nicht«, setzte er hinzu. »Ich wäre bereit, dir meine Hälfte abzutreten, Wiley. Wenn wir weiterfahren, ganz gleich, was Jamie sagt.«

Craigs Miene war ausdruckslos, aber er sagte: »Also, das klingt ziemlich interessant, alter Freund. Wirklich ziemlich interessant.«

Rodriguez hatte das Eis vergessen.

Er schleifte Fuchida halb durch den Tunnel. Die kleine Lichtpfütze seiner Helmlampe war das Einzige, was die totale, überwältigende Dunkelheit um sie herum durchbrach.

»Wie geht's, Kumpel?«, fragte er den japanischen Biologen. »Sprich mit mir.«

Fuchida drückte seinen Helm an den des Astronauten und antwortete: »Mir ist heiß. Kochend heiß.«

»Da hast du aber Glück. Ich frier mir den Arsch ab. Ich glaube, meine Anzugheizung ist im Kühlmodus.«

»Ich … ich weiß nicht, wie lange ich ohne Ventilation überleben kann«, sagte Fuchida. Seine Stimme zitterte leicht. »Mir ist ein bisschen schwummrig.«

»Kein Problem«, erwiderte Rodriguez mit gespielter Zuversicht. »Wird 'n bisschen stickig werden in deinem Anzug, aber ersticken wirst du nicht.«

Der erste Kosmonaut, der einen Raumspaziergang gemacht hatte, wäre beinahe am einem Hitzschlag gestorben, erinnerte sich Rodriguez. Alexei Leonow sagte, er habe in seinem Anzug »bis zu den Knien« im Schweiß gestanden, bevor er wieder in seine um die Erde kreisende Raumkapsel zurückkam. Sein Anzug habe gequatscht, wenn er sich bewegte. Die verdammten Anzüge halten alle Körperwärme im Innern; deshalb müssen wir die wassergekühlte Unterwäsche anziehen und haben Wärmetauscher dabei. Aber wenn die Ventilatoren die Luft nicht mehr umwälzen, sind die Tauscher verdammt nutzlos.

Rodriguez behielt eine Hand am Seil. In dem schwachen Licht seiner Helmlampe sah er, dass es nach oben führte, aus diesem Abgrund heraus.

»In einer halben Stunde sind wir wieder im Flugzeug, vielleicht sogar noch eher. Dann kann ich dein Tornistergerät reparieren.«

»Gut«, sagte Fuchida. Dann hustete er wieder.

Es schien Stunden zu dauern, bis sie aus dem Tunnel kamen, zurück auf das Sims an der Flanke der riesigen Caldera.

»Komm, halt dich am Seil fest. Wir gehen rauf.«

»In Ordnung.«

Aber Rodriguez rutschte der Stiefel weg, und er fiel schmerzhaft auf die Knie.

»Verdammt«, brummte er. »Es ist glatt.«

»Das Eis.«

Der Astronaut hockte sich hin. Beide Knie pochten schmerzhaft.

»Ist es zu glitschig zum Hochsteigen?« In Fuchidas Stimme schwangen erste Ansätze von Panik mit.

»Ja. Wir werden uns von der Winde raufziehen lassen müssen.« Er legte sich auf den Bauch und bedeutete dem Biologen, dasselbe zu tun.

»Ist das nicht gefährlich? Was ist, wenn wir uns dabei die Anzüge aufreißen?«

Rodriguez klopfte auf die Schulter von Fuchidas Anzug. »Hart wie Stahl, Amigo. Die reißen nicht auf.«

»Bist du sicher?«

»Willst du die Nacht hier unten verbringen?«

Fuchida packte das Seil mit beiden Händen.

In sich hineingrinsend, ergriff Rodriguez ebenfalls das Seil und befahl Fuchida, die Winde in Gang zu setzen.

Innerhalb von Sekunden spürten sie, wie das Seil erschlaffte.

»Stopp!«

»Was ist los?«, fragte Fuchida.

Rodriguez zog ein paar Mal leicht an dem Seil. Es fühlte sich lose an, die vorherige Spannung war verschwunden.

»Heilige Scheiße«, sagte er leise.

»Was ist?«

»Wir sind zu schwer für das Gerät, wenn wir beide am Seil hängen. Wir ziehen es da oben aus dem Boden.«

»Heißt das, wir sitzen hier fest?«

NACHT: SOL 49

»Ich sehe schon, dass keiner von uns zum Schlafen kommen wird.«

Stacy Deschurowa lächelte, als sie das sagte, aber ihre strahlenden blauen Augen waren todernst. Trudy Hall hatte noch Dienst an der Kommunikationskonsole. Stacy saß neben ihr, während Jamie langsam hinter ihr auf und ab ging. Vijay hatte sich einen anderen Stuhl herangezogen, saß am Eingang und beobachtete sie alle.

In der Kabine des Kommunikationszentrums war es eng und warm, weil sie sich alle vier darin zusammendrängten. Jamie antwortete nicht auf Deschurowas Bemerkung; er marschierte nur weiter auf und ab, fünf Schritte von einer Trennwand zur anderen, dann wieder zurück.

»Tommy muss ihn inzwischen gefunden haben«, sagte Trudy und drehte ihren Stuhl dabei ein kleines Stück zu Stacy.

»Warum meldet er sich dann nicht?«, fragte Stacy beinahe zornig.