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»Alles gut und schön«, unterbrach ihn Trumball. »Aber weder Sie noch eins der anderen Nachrichtennetze werden unser VR-Material kriegen. Außer wenn Sie fünfhundert Millionen auf den Tisch blättern.«

Newell schüttelte den Kopf. Er war dagegen gewesen, in der Hauptsendezeit ein Special über das marsianische Dorf zu bringen, aber die Anzugträger in den oberen Etagen hatten seinen Rat ignoriert. Wissenschaftssendungen haben kein Publikum, dachte Newell.

Nun ja, dieses Special über das marsianische Bauwerk würde vielleicht bessere Quoten erzielen als die meisten anderen, aber trotzdem, jeder hat das ganze reguläre Filmmaterial schon gesehen. Das Bauwerk tut nichts, es steht einfach da, eine leere Hülle. Also werden wir sprechende Köpfe zu sehen kriegen, ein paar davon auch noch in den Helmen von Raumanzügen, sodass wir nicht mal ihre Gesichter erkennen können, Herrgott noch mal!

»Aber wenn wir das VR-Zeug unseren Kunden gezeigt haben«, sagte Trumball langsam und griff nach seinem Drink, »wäre es natürlich möglich, dass wir über die erste Network-Ausstrahlung des Materials ins Geschäft kämen.«

Newell beugte sich sofort näher zu dem Alten. »Wie viel?«

Trumball nippte nachdenklich an seinem Scotch, leckte sich die Lippen und erwiderte: »Global News hat mir heute Nachmittag fünfundneunzig Millionen geboten. Bieten Sie mehr?«

Harry Farbers Nasenspitze war praktisch an den Telefonbildschirm gepresst. Er sah sein eigenes Spiegelbild auf dem Monitor; es überlagerte den Agenten des Herstellers aus Minneapolis, einen selten blöden Kerl. Harry schwitzte, sein Gesicht war rot und verzerrt.

»Die Dinger gehen weg wie warme Semmeln«, schrie er beinahe. »Sie verkaufen sich so schnell, dass uns heute Morgen das Inventarprogramm abgestürzt ist!«

»Das ist ja großartig, Mr. Farber«, sagte der blöde Kerl.

»Alle unsere Händler melden ähnliche Verkaufszahlen. Die Virtual-Reality-Sets verschwinden überall auf der Welt aus den Regalen.«

»Ja, aber ich brauche noch mal sechs Gros, und zwar sofort

Der Agent des Herstellers wirkte nicht sehr bekümmert.

»Mr. Farber«, sagte er mit einem trübseligen kleinen Lächeln, »wenn Sie wüssten, wie oft ich diese Bitte in den letzten paar Tagen schon gehört habe …«

»Aber ich brauche sie!«, beharrte Farber. »Ich habe hier Kunden im Laden, die darauf warten!« Er wedelte mit einer Hand in Richtung der Schlange immer ungeduldiger werdender Kunden am Tresen.

»Und Sie bekommen sie auch, Mr. Farber. So schnell, wie wir sie zu Ihnen schaffen können.«

»Und wann? Wie lange wird das dauern?«

Der Agent des Herstellers senkte den Blick. Wahrscheinlich schaute er auf einen Plan oder eine Rechnung. »Eine Woche bis zehn Tage, Mr. Farber.«

» Eine Woche? Sind Sie verrückt? Die Sendung vom Mars wird morgen ausgestrahlt! Vom Mars!«

»Mehr kann ich wirklich nicht für Sie tun, Mr. Farber«, sagte der Agent mit einem traurigen kleinen Kopfschütteln.

»Seit dieses Dorf oder was immer auf dem Mars entdeckt worden ist, will jeder so ein Virtual-Reality-Gerät kaufen.«

DIE STUDIOS

In den Fernsehstudios in aller Welt löste die sensationelle Nachricht von dem Bauwerk auf dem Mars einen hektischen Talkshow-Betrieb aus.

»Morgen, mit absoluter Sicherheit«, sagte die grauhaarige Dame mit dem netten Gesicht. Sie blinzelte ein wenig, weil sie nicht an die Studioscheinwerfer gewöhnt war.

»Jesus kommt morgen auf die Erde zurück?« Der Interviewer versuchte, seine Ungläubigkeit zu verbergen.

»Es ist Weihnachten. Sein Geburtstag.«

Der Interviewer versuchte, freundlich dreinzuschauen.

Über die Jahre hinweg hatte er jede Menge Verrückte und religiöse Fanatiker gesehen. Innerlich seufzte er. Solange diese Großmutter bei ihrer ganz speziellen Vorhersage von Christi Wiederkehr an Heiligabend blieb, brachte sie Quote.

Heute zumindest.

In dem beinahe unsichtbaren Empfänger in seinem linken Ohr hörte er die Nachfrage der Regisseurin, einer abgebrühten Schwarzen, deren Job von dieser Quote abhing.

Er wiederholte die Frage, die sie ihm gestellt hatte. »Unser Herr hat die Erde vor über zweitausend Jahren verlassen.

Wo war er die ganze Zeit?«

»Auf dem Mars natürlich«, sagte die Großmutter mit seligem Lächeln. »Er hat darauf gewartet, dass wir ihn auf dem Mars finden.«

»Das ist absolut überwältigend!«, sagte der junge, bärtige Astronom. Er trug ausgebleichte Chinos und ein rotkariertes Flanellhemd. Es war kalt in dem nicht beheizten Observatorium, obwohl die kalifornische Sonne aus einem makellos blauen Himmel strahlte.

Der Kameramann bibberte merklich. Die Interviewerin hoffte, dass es das Bild nicht verwackeln würde. Sie war aus härterem Stoff; auch wenn ihr noch so kalt war, sie hatte sich völlig unter Kontrolle.

»Sie meinen, dass wir die Gebäude auf dem Mars gefunden haben«, hakte sie nach.

»Dass wir intelligentes Leben gefunden haben!«, strahlte der junge Astronom. »Intelligentes Leben! Auf unserem nächsten Nachbarn im All!«

»Und was bedeutet das für unsere Zuschauer?«

Der Astronom schaute direkt ins Kameraobjektiv. »Es bedeutet, dass nicht nur Leben, sondern auch Intelligenz im Universum wahrscheinlich etwas ganz Alltägliches ist. Wir sind nicht allein. Intelligenz ist vielleicht so normal wie Kohlenstoff oder Wasser. Wahrscheinlich gibt es da draußen unter den Sternen unzählige intelligente Zivilisationen.«

Nun erschauerte auch die Interviewerin unwillkürlich.

Der Präsident der Navajo Nation kniff die Augen zusammen, weil er das grelle Licht der Fernsehscheinwerfer nicht gewohnt war. Das letzte Mal war er im Fernsehen gewesen, als das FBI eine Drogenrazzia auf dem Gebiet des Reservats durchgeführt hatte, ohne die Reservatspolizei hinzuzuziehen. Sie hatten behauptet, die Navajopolizei hätte den Verdächtigen sonst womöglich einen Tipp gegeben.

Ha! Sie hatten eine Menge Anwälte aus dem Volk und aus Washington in Trab gesetzt, um die Sache in Ordnung zu bringen. Die heutige Story war zumindest angenehmer Natur.

Der Reporter hielt dem Präsidenten ein Mikrofon unter die Nase und fragte: »Wie fühlen Sie sich bei dem Gedanken, dass ein Navajo diese Felsenbehausung auf dem Mars entdeckt hat?«

Der Präsident zuckte die Achseln und nickte. Dann sagte er: »Ziemlich gut, schätze ich.«

Der Reporter wartete auf mehr. Als nichts kam, runzelte er ein wenig die Stirn und fragte: »Was können Sie uns über Dr. Waterman erzählen?«

Der Präsident dachte eine Weile darüber nach. Der Reporter knirschte in stummer Frustration mit den Zähnen und hoffte, dass sie im Studio Zeit haben würden, diese nervtötenden Pausen rauszuschneiden.

»Ich habe Jamie Waterman leider nie kennen gelernt«, sagte der Präsident schließlich. »Aber ich kannte seinen Großvater ziemlich gut. Al hatte viele Jahre lang einen Laden drüben in Santa Fe.«

»Ja, das haben wir gehört«, stieß der Reporter hervor.

»Aber wie steht's mit Jamie Waterman, dem Wissenschaftler auf dem Mars …«

»Er ist nur ein halber Navajo, wissen Sie«, sagte der Präsident langsam. Dann lächelte er. »Aber ich schätze, das ist gut genug, hm?«

Der Reporter schnitt eine Grimasse. Er war den halben verdammten Tag hierher unterwegs gewesen, um dieses Interview zu machen, und was hatte er nun davon? Nichts als Mist.

Hodell Richards lächelte mit sichtbarer Selbstgefälligkeit.

»Vielleicht glauben sie mir jetzt.«

Richards war ein hagerer, beinahe asketisch wirkender Mann mit einem ewig jugendlichen Gesicht, das bei älteren Frauen den Wunsch weckte, ihn zu bemuttern. Bleistiftdünner Schnurrbart, aschblondes Haar, das ihm bis auf den Kragen seines Tweedjacketts fiel.