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zum Teufel, sie werden eine neue Fachrichtung gründen, eine ganz neue Disziplin. Außerirdische Anthropologie.

›Xenologie‹ nennen sie's. Vielleicht richte ich einen Lehrstuhl für Xenologie in Yale ein und übernehme ihn gleich selbst.

Nein, dachte er. Ich übernehme die Position, die Dad jetzt hat. Dann führe ich das Kommando. Ich stellte die Finanzierung auf und die Expeditionen zusammen. Ich gründe eine richtige Firma: Mars Expeditions, Inc. – C.

Dexter Trumball, Präsident und geschäftsführender Direktor.

Ich bringe die Spender dazu, einzelne Wissenschaftler zu finanzieren. Die Touristen werden für die Wissenschaftler bezahlen! So wird die Sache laufen. Jedes Touristenticket deckt die Kosten für den Flug eines Wissenschaftlers zum Mars. Genial!

Wenn ich zur Erde zurückkomme, bin ich berühmt. Dann mache ich diesen Ruhm zu klingender Münze. Ich gehe mit jeder Debütantin zwischen Boston und Atlanta ins Bett und luchse ihren Vätern genug Geld ab, um ein Dutzend Expeditionen zum Mars zu schicken. Oder hundert. Ich baue eine Touristenanlage gleich hier am Rand des Canyons, dann können sie zu der Nische absteigen, sich das Dorf anschauen und sich anschließend ganz nach unten auf den Grund des Canyons begeben. Ich baue einen richtigen Fahrstuhl, damit sie komfortabel und sicher rauf und runter fahren können. Ich sorge dafür, dass sie den lieben alten Dad vergessen. Wenn ich zur Erde zurückkomme, bin ich der Star. Dann bin ich so verdammt wichtig, dass selbst Dad es zugeben muss.

WEIHNACHTEN

»Natürlich feiern wir in Japan Weihnachten«, sagte Mitsuo Fuchida.

Er saß auf einer der Liegen, eingeklemmt zwischen Stacy Deschurowa und Dex Trumball. Jamie saß auf der Liege gegenüber, neben Trudy Hall. Auf dem schmalen Tisch, der sie trennte, standen die Überreste ihres Weihnachtsessens, jetzt kaum noch mehr als Krümel und Knochen.

Das Weihnachtsfestmahl war fast so gut gewesen, wie Stacy behauptet hatte. Echter Truthahn – Keulen und weißes Brustfleisch – mit Süßkartoffeln, grünen Bohnen und Preiselbeeren. Unverwüstlicher englischer Kuchen zum Nachtisch. Es gab sogar eine kleine Ration Weißwein in Plastikbehältern für jeden von ihnen. Dex braute einen extrastarken Kaffee als Weichmacher zum englischen Kuchen.

»Ist das Christentum in Japan heutzutage so stark?«, fragte Trudy.

Fuchida schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Aber wir feiern Weihnachten genauso wie ihr – als Mega-Event für den Einzelhandel.«

Alle lachten. Sie saßen in dem Rover, den Deschurowa gefahren hatte. Ein räudiger Baum aus Aluminiumstreifen stand schief bei der Luftschleuse, beleuchtet von winzigen blinkenden Glühbirnen aus dem Elektronikvorrat. Sie hatten keine Geschenke füreinander, außer der Wärme ihrer eigenen Gesellschaft.

Das reichte.

Jamie lehnte sich gemütlich an die Wand zurück, während die anderen munter schwatzten und schäkerten.

Morgen würde Deschurowa mit dem alten Rover zur Kuppel zurückfahren, während die vier Wissenschaftler in diesem hier wohnen und damit beginnen würden, die Fundstätte mit dem Bauwerk unter Leitung von DiNardos Ausschuss gründlich zu erforschen.

Das wird eine langwierige Angelegenheit werden, dachte Jamie. Wir werden äußerst sorgfältig sein müssen. Mit einer halbstündigen Pause zwischen unseren Fragen und ihren Antworten.

Aber das ist morgen, sagte er sich. Heute ist Weihnachten.

Er war angenehm beduselt von der kleinen Portion Wein, die er zum Essen getrunken hatte. Alle anderen wirkten genauso entspannt, genauso glücklich.

Jamie schaute zu Dex hinüber, der Fuchida grinsend mit Bemerkungen zur religiösen Bedeutung eines Einkaufsbummels piesackte. Plötzlich kam ihm eine Idee.

Er schlüpfte hinter dem Tisch hervor, murmelte ein »Entschuldigt mich« und machte sich auf den Weg zum Cockpit.

»He, Jamie!«, rief Dex. »Das Pissoir ist in der anderen Richtung.«

Er drehte sich um und bedachte sie mit einem Lächeln.

»Ich kann aus dem Fenster pinkeln.« Er zog den Kopf ein und glitt auf den rechten Cockpit-Sitz.

Die vier redeten, scherzten und lachten mit solcher Lautstärke, dass Jamie nicht das Gefühl hatte, das Headset aufsetzen zu müssen. Trotzdem stöpselte er es ein und hielt das Stiftmikro nah an die Lippen, als er seine Botschaft an Darryl C. Trumball schickte.

»Mr. Trumball, ich weiß nicht, wo Sie sind, und ich habe nicht nachgesehen, wie viel Uhr es jetzt in der Zeitzone von Bosten sein mag, also entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie bei Ihrer Weihnachtsfeier störe. Ich dachte nur, es wäre ein nettes Geschenk für Ihren Sohn, wenn Sie ihn anrufen und ihm frohe Weihnachten wünschen würden.«

Mit einem Blick auf seine Armbanduhr fuhr Jamie fort:

»Wir haben hier noch knapp drei Stunden Weihnachten, also sollten Sie sich mit Ihrem Anruf nicht allzu viel Zeit lassen. Ich weiß, dass Dex es zu schätzen wüsste. Danke.«

Er gesellte sich wieder zu der Gruppe, als sie gerade anfingen, Weihnachtslieder zu singen. Trudy hatte eine CD

mitgebracht, und bald hallte der Rover von volltönenden Weihnachtsliedern wider, dargebracht von niemand Geringerem als dem Westminster Abbey Chor. Die fünf Forscher sangen aus vollem Halse mit.

Jamie schaute immer wieder zur Kontrolltafel im Cockpit, um zu sehen, ob das Lämpchen für eingegangene Botschaften blinkte. Es blieb dunkel. Dex schien nichts davon zu ahnen, was er getan hatte; er sang und lachte so laut wie alle anderen. Vielleicht sogar noch lauter.

Um Mitternacht war immer noch kein Anruf von der Erde gekommen. Doch falls irgendwelche Marsianer über die bitterkalte, fast luftlose Ebene am Rand des Grand Canyons streiften, so hätten sie in der dünnen Nachtluft seltsame, fremdartige Stimmen gehört, die stümperhaft sangen:

»Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, der Weihnachtsmann will Äpfel klaun. Er zieht sich grüne Kleider an, dass er sich besser tarnen kann …«

ABEND: SOL 111

»Mir tut der Rücken weh.«

Jamie blickte auf und sah, wie Fuchida den Helm abnahm.

Der Biologe wirkte müde; Linien der Erschöpfung furchten seine Stirn, und seine Augen waren trübe.

Jamie hatte gerade den Staub von seinem Raumanzug abgesaugt, nachdem sie einen weiteren Tag in der Felsenbehausung gefegt hatten. Fuchida war als Letzter des Teams mit dem Seil heraufgefahren und zum Rover zurückgekehrt.

Seit über einer Woche fegten und wischten die vier Forscher nun sorgfältig und mühselig den Staub vom Boden und von den Wänden des Gebäudes. Unter der Anleitung von DiNardos Archäologenund Paläontologenausschuss auf der Erde hatten Jamie, Dex, Trudy und Mitsuo die ursprünglich zur Reinigung von Raumanzügen und elektronischen Geräten vorgesehenen Bürsten zu provisorischen Besen und Staubwedeln umgebaut.

Tag für Tag säuberten sie mühevoll ein kleines Stück in einem der Räume und siebten gewissenhaft den Staub, damit sie auch ja keine Tonscherbe und keinen Metallspan übersahen. Aber sie fanden nichts. Abend für Abend humpelten sie mit schmerzendem Rücken und verkrampften Fingern, die stundenlang die improvisierten Griffe ihrer primitiven Werkzeuge gepackt gehalten hatten, zum Rover zurück.

»Wer immer hier war«, sagte Dex nach einer Woche müde, »hat alles fein säuberlich abtransportiert. Hier ist nichts. Überhaupt nichts.«

Fuchida hatte bereits seine obere Liege heruntergeklappt und kletterte hinauf. »Wir verschwenden unsere Zeit. Trudy und ich sollten auf dem Grund des Canyons sein, bei den Flechten.«

Jamie, der in der Kombüse gerade sein Abendessen in die Mikrowelle stellte, spitzte die Ohren. Wenn Mitsuo anfängt, sich zu beklagen, haben wir hier echte Probleme.

»Ich werde heute Nacht mit DiNardo darüber sprechen«, versprach er. »Vielleicht können Dex und ich zu Ende fegen, während ihr beiden zu der Flechte hinunterfahrt.«