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»Ja, aber …«

»Sie war allein im Rover, als das Radlager kaputtging.«

»Sie war auch nicht annähernd in der Nähe des Brennofens, als Tomas sich die Hand verbrannt hat.«

»Stimmt, aber sie hat am Brennofen gearbeitet, unmittelbar bevor Rodriguez sie abgelöst hat.«

»Es kann nicht Stacy sein«, beharrte Jamie. »Verdammt, Mitsuo, wir wissen nicht mal, ob es überhaupt einen Saboteur gibt. Diese Unfälle sind wahrscheinlich bloß Zufälle.«

Fuchida schüttelte ernst den Kopf.

»Nun mal langsam, Mitsuo«, sagte Jamie. »Was ist mit deinem eigenen Unfall? Auf dem Olympus Mons. Hat Stacy dir vielleicht den Knöchel verrenkt?«

Der Biologe sah Jamie an wie ein vom Vortrag eines Schülers enttäuschter Lehrer. » Einige Unfälle waren wirklich bloß Zufälle«, sagte er geduldig. Seine Stimme war so leise, dass er fast schon zischte.

»Und wieso können die anderen dann nicht auch Zufälle sein?«

»Es sind zu viele!«, beharrte Fuchida. »Ich habe eine statistische Analyse durchgeführt und sie mit Aufzeichnungen anderer Expeditionen verglichen.«

»Es hat erst eine Expedition zum Mars gegeben.«

»Nein, nein, Expeditionen in die Antarktis, Tiefseemissionen, Trecks durch die Sahara und so. Unsere Unfallquote ist doppelt so hoch wie normal!«

Jamie holte bewusst tief Luft. Bleib ruhig, sagte er sich.

Geh rational an die Sache heran.

»In Ordnung, Mitsuo«, sagte er leise. »Ich weiß die Arbeit zu schätzen, die du in diese Sache gesteckt hast, aber ich kann einfach nicht glauben, dass Stacy oder sonst jemand von uns die Ausrüstung zu sabotieren versucht.«

Fuchida setzte zu einer Erwiderung an, aber Jamie schnitt ihm das Wort ab. »Warum? Warum sollte jemand die Gartenkuppel durchlöchern oder den SolarBrennofen manipulieren? Das ergibt doch keinen Sinn.«

»Genau das meine ich ja«, flüsterte Fuchida eindringlich.

»Diese Person denkt nicht rational. Sie ist wahnsinnig.«

»Aber würde eine Wahnsinnige nicht auch noch andere Symptome zeigen?«

Fuchida spreizte die Hände. »Ich weiß es nicht.«

»Ohne echte Beweise können wir niemanden beschuldigen«, sagte Jamie.

»Und meine statistische Analyse ist kein echter Beweis?«

»Würde sie vor Gericht standhalten?«

»Das weiß ich nicht.«

»Ich auch nicht«, sagte Jamie.

»Ich soll morgen zur Kuppel Eins zurückfahren«, erklärte Fuchida. »Wenn Stacy merkt, dass ich sie verdächtige, könnte sie versuchen, einen weiteren ›Unfall‹ für mich zu arrangieren.«

»Das kann ich nicht glauben«, wehrte Jamie ab.

»Ich würde es vorziehen, hier zu bleiben und ihr aus dem Weg zu gehen«, sagte Mitsuo steif.

Jamie überlegte rasch. Wenn Mitsuo hier bleibt, muss Dex mit Tomas zur Kuppel Eins zurück, denn Tomas holt Trudy dort ab. Das heißt, Dex wird für die nächsten vier Wochen mit Vijay zusammen sein.

»Mir wäre es lieber, du würdest fahren, wie geplant«, sagte Jamie.

»Du könntest an meiner Stelle fahren«, erwiderte Fuchida.

Dann könnte ich bei Vijay sein, dachte er. Aber er hörte sich antworten: »Nein, Mitsuo, das geht nicht. Mein Platz ist hier.«

»Ich will nicht mit Stacy zusammen in der Kuppel sein«, sagte Fuchida in entschiedenem Ton.

Jamie sah dem Biologen aufmerksam ins Gesicht und stellte fest, dass Fuchida weder wütend noch aufgeregt war; er schien Angst zu haben.

»In Ordnung«, gab Jamie seufzend nach. »Ich schicke Dex zurück.«

Er fragte sich, ob sie nicht allesamt rapide wahnsinnig wurden.

NACHT: SOL 359

Merkwürdig, dachte Jamie, als er seinen Overall abstreifte, wir sind nur zu zweit in der Kuppel, und doch haben wir den ganzen Tag über kaum ein Dutzend Worte miteinander gesprochen.

Dex und Tommy gondelten zurück zur Kuppel Eins. Dort würde der Astronaut Trudy abholen und sie zum Canyon bringen. Rodriguez pfiff auf der ganzen Strecke vor sich hin und grinste wie eine Katze, die an Kanarienvögel denkt.

Bald haben wir eine richtige Straße zwischen den beiden Kuppeln ausgefahren, sagte sich Jamie. Wie die Furchen, die die Conestoga-Wagons in der Prärie hinterlassen haben.

Er hatte Fuchida nach der Abfahrt des Rovers nicht bewusst gemieden, und keiner von ihnen war in den Raumanzug gestiegen, um draußen zu arbeiten, aber irgendwie schienen er und der Biologe sich fast den ganzen Tag über an entgegengesetzten Enden der Kuppel aufzuhalten. Sie hatten sogar zu unterschiedlichen Zeiten gegessen, jeder allein in der Messe.

Ich bin wütend auf ihn, erkannte Jamie. Ich bin sauer, dass er mich gezwungen hat, Dex zur Kuppel Eins zu schicken.

Er und seine paranoiden Anschuldigungen! Stacy ist keine Saboteurin und sie ist auch keine Neurotikerin. Wahrscheinlich ist sie psychisch stabiler als wir alle zusammen.

Aber wer ist dann verantwortlich für diese Unfälle, fragte sich Jamie. Niemand, kam die sofortige Antwort. Es sind eben einfach Unfälle.

Trotzdem … Jamie erwog, die Sache mit Vijay zu besprechen. Sie ist unsere Psychologin, sie sollte darüber Bescheid wissen. Dennoch zögerte er. Fuchida hatte ihm das alles streng vertraulich erzählt; wenn er Vijay darüber informierte, wäre das ein Vertrauensbruch gegenüber dem Biologen.

Was ist wichtiger, fragte sich Jamie stumm. Mitsuos Paranoia geheim zu halten, oder die geistige Gesundheit der ganzen Expedition zu schützen?

Er wusste, wie die Antwort lauten sollte. Doch als er Vijay anrief, tat er das nicht, um die Expedition zu schützen, und er wusste es. Er rief sie an, weil er ihr Gesicht sehen, ihre Stimme hören wollte. Weil sie für die nächsten vier Wochen mit Dex zusammen sein würde und er eine Tagesreise von ihnen entfernt war.

Sie war wach. Ihr offenes Haar hing ihr lose um die Schultern. Die nackt waren. Sie war offenkundig in ihrer Kabine und bereitete sich darauf vor, schlafen zu gehen. Als sie sah, dass es Jamie war, lächelte sie warm vom Bildschirm seines Laptops herab.

»Hi, Kamerad«, sagte sie fröhlich. »Was machen die Bremsen?«

»Bremsen?«

»Insekten.«

»Hier gibt's keine Bremsen.«

»Eins der schönen Dinge, für die wir dankbar sein sollten, hm?«

Sie schien sich wirklich zu freuen, mit ihm zu sprechen, dachte Jamie. Dann wurde ihm klar, dass er sie wie ein Schuljunge angrinsen musste. Aber er spürte, wie sein Grinsen erlosch, als er sich an den Grund seines Anrufs erinnerte.

»Ich glaube, ich habe hier ein ziemlich unangenehmes Problem«, sagte Jamie und senkte die Stimme.

»Oh? Was Ernstes?«

»Sag du's mir.« Er schilderte ihr rasch Fuchidas Benehmen, ohne jedoch den Namen des Biologen zu nennen.

Vijay hörte aufmerksam zu. Als Jamie geendet hatte, sagte sie: »Du redest doch nicht von Dex, oder?«

»Nein«, gab er zu und schüttelte leicht den Kopf.

»Und Tommy ist es garantiert auch nicht.«

Jamie schwieg.

»Bleiben nur noch du und Mitsuo.«

»Ist es wichtig, wer es ist?«

»Natürlich ist das wichtig«, sagte sie. »Und da es dir so widerstrebt, einen Namen zu nennen, muss ich annehmen, dass es Mitsuo ist.«

»So viel zum Thema ›Bewahren von Geheimnissen‹«

murmelte Jamie.

»Wie macht er sich so? In seiner Arbeit, meine ich.«

»Gut. So gut wie immer.«

»Warum ist er diesmal nicht mitgefahren? Er hätte doch eigentlich hierher zurückkommen müssen, oder?«

Jamie holte Luft. »Er wollte nicht mit Stacy zusammen sein. Er hat Angst, sie könnte irgendwas anstellen oder so.«

»Hm.« Vijay zog die Augenbrauen zusammen. »Interessant.«

»Und?«