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»Na, da warst du ja nun. Jetzt geh wieder in deine Kabine.«

Überrascht von der Schärfe in ihrem Ton warf Dex ihr einen spöttischen Salut zu. »Ich habe meine Pflicht getan, Käpt'n Bligh, und kehre jetzt in mein Logis zurück.«

Trudy lächelte nicht. Dex fand, dass sie eher verärgert als belustigt wirkte.

Auf dem Rückweg zu seiner Kabine warf er einen raschen Blick durch die offene Tür ins Kommunikationszentrum.

Rodriguez war über die Konsole gebeugt, sein Kopf lag auf den verschränkten Armen.

Das kann doch wohl nicht wahr sein, dachte Dex. Tommy macht ein Nickerchen. Kein Wunder, dass Trudy so sauer ist. Er sollte nicht mitkriegen, dass ihr Freund pennte.

Trudy klopfte das Herz bis zum Hals, während sie heimlich von der Toilette aus beobachtete, wie Dex zu seiner Kabine zurückkehrte und hineinging. Sie rührte sich nicht von der Stelle, bis sie seine Falttür zugleiten sah und das leise Klicken des Riegels hörte.

Es wäre so einfach gewesen, wenn sie den Garten nur mit einer Kunststoffhülle ummantelt hätten, wie ursprünglich geplant. Dann hätte sie nur den Kunststoff durchlöchern und die subarktische marsianische Nachtluft ihr tödliches Werk tun lassen können. Aber diese Möglichkeit hatte sie selbst zunichte gemacht, als sie die Schutzhülle der Gartenkuppel während des Staubsturms durchlöchert hatte.

Jetzt war der Garten von festen Glasmauern geschützt.

Die konnte sie höchstens mit einem der Traktoren zerbrechen, und selbst dann würde sie so lange dazu brauchen, dass die anderen herauskommen und sie aufhalten würden, bevor sie fertig war.

Nein, sagte sich Trudy, Feuer ist genau das Richtige. Feuer reinigt. Ein Feuer wird ihnen die Augen öffnen, und dann sehen sie endlich, an was für einem seidenen Faden unser Leben hier hängt, wie nah wir bei jedem Atemzug dem Tode sind. Ein Feuer wird uns nach Hause bringen, dorthin, wo wir in Sicherheit sind, wo es warm ist und wir nachts hinausgehen, zu den Sternen hinaufschauen und Wolken vorbeijagen sehen können, ohne uns Sorgen machen zu müssen, der Anzug könnte versagen, der Staub könnte einen erwischen oder man könnte bei einem Ausfall der Heizung erfrieren.

Trotz Fuchidas Warnungen und Jamies Vorsichtsmaßnahmen war es lächerlich einfach gewesen, genug Methan in den Garten zu schmuggeln. Man zapfte einfach welches vom Treibstoffgenerator ab, wenn man draußen war, und brachte es in Probenbehältern in den Garten. In den gut isolierten Behältern blieb es flüssig – nicht für immer, aber lange genug. Zwei Ausflüge haben gereicht, dachte Trudy.

Jetzt ist genug Methan da, um ein Feuer anzuzünden. Ein wunderbares, reinigendes Feuer.

Sie tat einen tiefen schmerzhaften Atemzug, dann ging sie zum Kommunikationszentrum zurück und rief das Diagramm der Rohrleitungen für die Versorgung des Gartens auf. Während sie die Befehlsliste über den Bildschirm des Computers neben dem schnarchenden Rodriguez laufen ließ, blickte sie liebevoll auf Tomas hinab. Das tue ich für dich, mein Schatz, damit wir heil und gesund zur Erde zurückkehren und wieder ein normales Leben führen können.

Sie fand die Befehlssequenz, die die Nährlösungszufuhr in die Pflanzenkästen im Garten abschaltete, und vergaß auch nicht, als erstes den akustischen Alarm auszuschalten, damit keine warnenden Pieptöne durch die stille, schlafende Kuppel hallten. Dann unterbrach sie die Nährlösungszufuhr zu den Pflanzen. Sie wollte, dass die Kästen trocken waren, wenn sie Feuer legte.

TAGESANBRUCH: SOL 376

Trudy sah sich den Start der Nachschubmission auf dem Hauptbildschirm im Kommunikationszentrum an, wobei sie den Ton über den Ohrstöpsel des Headsets laufen ließ, um Rodriguez, der immer noch friedlich neben ihr schlief, nicht zu wecken. Die Rakete hob in einem tosenden Flammenmeer und dicken, wogenden Dampfwolken von Tarawa ab.

Dann wandte sie sich dem Monitor des Garten-Überwachungssystems zu. Grelle rote Lichter blinkten am oberen Rand. Die Kästen für die Nährlösung waren trocken, warnten die Sensoren. SOFORTMASSNAHME ERFORDERLICH

blinkte in grellen Neonlettern am unteren Rand des Bildschirms.

Sofortmaßnahme, dachte Trudy. Ja.

Sie schaltete die Deckenlampen im Garten ein. Die Pflanzen sahen bereits welk aus. Aber das Aussehen konnte täuschen, wie sie wusste.

Sie verließ das Kommunikationszentrum und ging mit raschen Schritten zur offenen Luke der Luftschleuse zum Garten-Gewächshaus hinüber. Die Kuppel und das Gewächshaus waren nicht mit einer normalen Luftschleuse verbunden, sondern durch einen Cermet-Tunnel, der sich nun über ihr wölbte. Die zweite Luke war geschlossen, aber Trudy konnte sie mühelos von Hand öffnen.

Fünfzig Kastenreihen erstreckten sich vor ihr, erhellt von den Neonröhren an der Decke, fünfzig Reihen grüner Lebewesen, die bald sterben würden.

Sie schleppte ihre Probenbehälter mit flüssigem Methan zu den nächsten Kästen. Mehrere Tage lang hatte sie hin und her überlegt, wie sie das Feuer anzünden sollte. Es gab weder Streichhölzer noch Feuerzeuge im Inventar. Jamie und alle anderen hatten sich für so schlau gehalten, weil sie damit verhinderten, dass jemand in der Kuppel ein offenes Feuer entfachte, aber sie war schlauer gewesen. Ein simpler elektrischer Funke reichte. Sie musste nur eins der Kabel durchschneiden, die an den Kästen entlangliefen, und dann das Methan entzünden.

Es war nicht so einfach, wie sie es sich vorgestellt hatte, aber endlich hatte Trudy den Probenbehälter geöffnet, und das Methan darin verkochte zu unsichtbarem Gas. Mit nur geringfügig zitternden Händen führte sie die zwei blanken Enden des durchtrennten, Strom führenden Kabels aneinander. Pass bloß auf, dass du dir nicht selbst einen elektrischen Schlag versetzt, warnte sie sich.

Das Gas entzündete sich fauchend zu einer gewaltigen Flamme, die Trudy schmerzhaft gegen den Kasten auf der anderen Seite des Gangs warf. Die Hitze versengte ihr das Gesicht, und sie hob schützend die Arme. Sie krabbelte zu den anderen beiden Probenbehältern hinüber und machte sich daran, sie ebenfalls zu öffnen. Die Flammen schienen über die Decke des Gewächshauses hinwegzugreifen und zu ihr herabzutauchen. Sie schrie laut auf.

Das schrille Kreischen des Rauchalarms riss Jamie aus dem Schlaf. »Was, zum Teufel …?« Er war sofort wach, aber das Blöken des Alarms ließ ihn einen Moment lang vor Furcht und Verwirrung erstarren.

Der Rauchalarm war bisher erst ein einziges Mal ausgelöst worden, als Craig ein paar Abfälle verbrannte. Sie hatten darüber gesprochen, den Detektor abzuschalten, aber Tarawa hatte auf der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bestanden.

Jamie zog seinen Overall im Laufen an und eilte halb hüpfend, halb rennend in den offenen Bereich der Kuppel hinaus. Schmutziggrauer Rauch quoll aus der Gewächshausluke. Er stürzte zum Kommunikationszentrum und stieß mit Rodriguez zusammen, der herausgetaumelt kam.

Das Kreischen des Alarms weckte Rodriguez aus seinem drogeninduzierten Schlaf. Adrenalin schoss ihm durch die Adern, als er die blinkenden roten Lichter auf dem Monitor sah.

»Trudy!«, rief er. »Trudy!«

Er stemmte sich vom Stuhl hoch und taumelte, immer noch nicht ganz bei sich, zur Tür des Kommunikationszentrums.

Jamie packte Rodriguez an den Schultern und fragte:

»Was ist passiert?«

»Keine Ahnung«, antwortete der Astronaut mit schwerer Zunge. »Trudy …«

»Heilige Mutter Gottes!«, brüllte Dex hinter ihm. »Im Gewächshaus brennt's!«

»Trudy ist da drin«, presste Rodriguez hervor.

Als Jamie sich zu dem verräucherten Durchgang umwandte, sah er, dass alle anderen quer durch die Kuppel auf ihn zugerannt kamen.

»Stacy, übernimm das Kommunikationszentrum«, rief er und setzte sich in Richtung Luke in Bewegung.

Rodriguez schüttelte sich und lief ihm nach; Dex folgte ihm dichtauf. Jamie hörte Craig schreien: »Macht die gottverdammten Luken dicht und lasst die Luft da drin ab!«