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»Auf mich wartet ein Haufen Arbeit«, sagte Jamie. »Allein mit der Sichtung der Daten, die ihr auf eurer Exkursion zum Ares Vallis angehäuft habt, hätte ich schon vier Monate und länger zu tun.«

»Und du willst versuchen, Solarzellen zu bauen?«, fragte Dex.

»Aus den Grundstoffen im Boden, ja.«

»Einer von uns sollte bei dir bleiben«, meinte Fuchida.

»Nein«, erwiderte Jamie, »das ist nicht nötig. Ich könnte keinen von euch bitten, dieses Opfer zu bringen. Ihr fliegt heim! Ich komme hier schon klar.«

»Mitsuo hat Recht«, sagte Rodriguez. »Jemand sollte bei dir bleiben.«

»Das ist nicht nötig«, wiederholte Jamie.

»Du bleibst nicht wegen der Wissenschaft hier«, sagte Stacy beinahe anklagend.

»Nein«, gab Jamie zu, »das stimmt.«

Dex wirkte fasziniert und erfreut. »Du bleibst hier, damit du den Anspruch der Navajos aufrechterhalten kannst.«

»So ist es.«

»Hab ich mir gedacht.«

»Ich muss das tun«, sagte Jamie.

»Mhm. Tja, ich muss auch so einiges tun.«

»Zum Beispiel?«

»Also, mein Plan ist folgender«, sagte Dex mit seinem alten großspurigen Grinsen. »Sobald ich wieder auf der Erde bin, gründe ich eine Stiftung, eine gemeinnützige Organisation, die sich speziell der Erforschung des Mars widmet. Ich werde sie Mars Research Foundation nennen, glaube ich.«

Jamie sah ihn verdutzt an.

»Dadurch werden wir ständig und kontinuierlich Geld aufbringen können und müssen nicht mehr für jede einzelne Expedition mit dem Hut in der Hand rumgehen. Wir werden die Erforschung des Mars auf eine solide finanzielle Grundlage stellen und die Leute dazu bringen, kontinuierlich zu spenden, als würden sie Aktien oder Anleihen erwerben.«

»Aber sie werden keinen Gewinn damit machen«, wandte Fuchida ein.

Dex' Augen tanzten. »Nein, aber sie können ihre Spenden von der Steuer absetzen. Wird eine nette kleine Steuererleichterung für sie bedeuten.«

Jamies Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Du hast schon lange darüber nachgedacht, stimmt's?«

Dex grinste zurück. »Ungefähr so lange wie du darüber, allein hier zu bleiben.«

»Wird deine Stiftung mit der Navajo Nation zusammenarbeiten?«

»Und ob. Vielleicht richten wir die Zentrale in Arizona oder in New Mexico ein, im Navajo-Reservat.«

Jamie nickte vergnügt. Der Gedanke, dass Dex im Reservat sitzen würde, gefiel ihm.

»Okay, Kumpel«, sagte Dex und streckte die Hand aus,

»du hältst hier die Stellung, und ich gehe gleich nach unserer Landung zum Navajo-Präsidenten.«

»Nicht zu deinem Vater?«, fragte Jamie und ergriff Dex'

Hand.

Dex lachte. »Ja, okay, ich glaube, ich sollte die Sache mit Dad lieber früher als später austragen.«

Als sie einander so gegenüberstanden, Hand in Hand, schaute Jamie dem jüngeren Mann in die Augen. Er sah keine Spur von Furcht oder Feindseligkeit. Dex ist hier auf dem Mars erwachsen geworden. Er ist jetzt ein ausgewachsener Mann und kein verzogenes Kind mehr.

Auf einmal zog Dex Jamie impulsiv an sich und legte ihm die freie Hand um die Schultern. Jamie tat das Gleiche und klopfte Dex auf den Rücken, als wäre dieser der jüngere Bruder, den er nie gehabt hatte.

»Mach dir keine Sorgen«, sagte Dex sehr leise. »Ich regle die Angelegenheit mit meinem Dad und arbeite mit deinen Navajos zusammen. Du wirst den Mars nicht verlieren.«

Als sie sich aus ihrer Umarmung lösten, schüttelte Deschurowa störrisch den Kopf. »Es ist gefährlich für einen Einzelnen, hier allein zu sein. Wenn es einen Notfall gibt

…«

»Er wird nicht allein sein.«

Jamie drehte sich um und sah, wie Vijay entschlossen auf den Tisch zusteuerte.

»Ich bleibe auch hier«, sagte sie.

»Aber das geht nicht!«, platzte Jamie heraus.

Sehr sanft erwiderte sie: »Ich bin nicht darum gebeten worden, das stimmt. Aber ich bleibe bei dir, Kamerad.«

»Was ist mit Trudy? Sie braucht …«

Vijay kam auf ihn zu, während sie antwortete: »Stacy und Tommy sind beide ausreichend zu Sanitätern ausgebildet, um sich auf dem Rückflug um sie zu kümmern. Sie erholt sich recht gut, mach dir da mal keine Gedanken. Wenn es Probleme gibt, können sie Rat von der Erde einholen, so wie ich's auch tun würde.«

»Du willst bleiben?« Jamie hatte Angst, dies alles könnte ein Traum sein, eine Halluzination.

Sie stand keine Armeslänge von ihm entfernt und schaute ihm direkt in die Augen. »Ja, ich will.«

Jeder andere Gedanke entschwand aus Jamies Bewusstsein. Er zog sie in die Arme und küsste sie leidenschaftlich.

Sie erwiderte seinen Kuss, während die anderen wie vom Donner gerührt dasaßen, bis jemand einen leisen, langen, anerkennenden Pfiff ausstieß.

MITTAG: SOL 389

»Fünf Sekunden«, kam Deschurowas angespannte Stimme knisternd aus Jamies Helmlautsprechern. »Vier …«

Er und Vijay standen draußen vor der Kuppel und hielten sich an den behandschuhten Händen, den Blick auf das L/AV gerichtet, das fast einen vollen Kilometer entfernt stand.

»… zwei … eins …« Die obere Hälfte des gedrungenen Raumfahrzeugs sprang mit einem plötzlichen Donnerschlag in die Höhe, der Staub und Steine über den kahlen roten Boden schleuderte. Jamie zuckte unwillkürlich zusammen.

Er legte den Kopf in den Nacken, als das Aufstiegsfahrzeug höher und höher in den wolkenlosen, pinkfarbenen Himmel stieg, bis das Brüllen seiner Raketentriebwerke zu einem dünnen, gedämpften Grollen verklang und dann ganz verstummte.

»Weg sind sie«, sagte Vijay. Es klang beinahe triumphierend.

Jamie folgte dem hellen Fleck, bis der obere Rand seines Visiers ihm die Sicht nahm. Stacy, Dex und die anderen waren mitsamt der Pathfinder-Sonde und Trudy Halls Problemen auf dem Rückweg zur Erde.

Er drehte sich zu Vijay um. Bevor er etwas sagen konnte, kam ihre heitere Stimme aus seinen Helmlautsprechern.

»Tja, jetzt sind nur noch wir beide da, Kamerad.«

Er war nicht so guter Dinge. Ich bin jetzt verantwortlich für ihr Leben. Sie vertraut mir, und ich muss mich ihres Vertrauens würdig erweisen.

»Wir sind jetzt Marsianer, oder?«, fragte Vijay.

»Noch nicht«, erwiderte er. »Wir sind immer noch Gäste, Besucher. Wir müssen immer noch in diesen Anzügen herumlaufen. Wir müssen den Mars immer noch so respektieren, wie er ist.«

»Wird das immer so sein?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Jamie. »Immer ist eine lange Zeit. Vielleicht irgendwann, wenn wir klüger sind …

viel klüger als jetzt. Vielleicht können unsere Enkelkinder einmal auf dem Mars und mit dem Mars leben. Oder deren Enkelkinder. Wer weiß.«

Als sie sich auf den Rückweg zur Luftschleuse der Kuppel machten, fragte Vijay: »Werden wir den Mars so schützen können, wie du es willst? Ich meine, werden wir Leute wie Dex' Vater daran hindern können, alles zu zerstören?«

Gegen sein besseres Wissen versuchte Jamie, in dem hartschaligen Raumanzug die Achseln zu zucken. Ohne Erfolg.

»Wir können es nur versuchen, Vijay. Das IUK bestreitet den Anspruch der Navajos, aber es sieht so aus, als würde die Raumfahrtbehörde ihn als rechtmäßig und bindend anerkennen.«

Er hörte sie lachen. »Das Navajo-Reservat ist jetzt größer als die Vereinigten Staaten, stimmt's?«

»Wenn man den ganzen Mars mit einrechnet, ja. Aber er gehört nicht zum Reservat, er ist …«

»Nimm das doch nicht so ernst!«

»Aber es ist ernst«, sagte er. »Ich hoffe, es wird Navajo-Kinder motivieren, sich mit dem Mars zu beschäftigen, Naturwissenschaften und Astronautik zu studieren und …«

»Und Marsianer zu werden?«

Er atmete tief ein. »Ja, vielleicht. Irgendwann. Eines Tages.«