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Als Dex so weit war, dass er aufs College gehen konnte, war sein Vater sehr reich und in der Finanzwelt für seine kaltblütige Skrupellosigkeit bekannt. Geld war ihm wichtig, und er verbrachte jede wache Stunde damit, nach der Vermehrung seines Reichtums zu streben. Als Dex Interesse an Wissenschaft zum Ausdruck brachte, schnaubte der ältere Trumball verächtlich:

»Auf die Art wirst du deinen Lebensunterhalt nie selbst bestreiten können! Als ich in deinem Alter war, hab ich schon für deine Großmutter, deine beiden Tanten, deine Mutter und dich gesorgt.«

Dex hörte gehorsam zu und schrieb sich trotzdem in Yale ein, um dort Physik zu studieren. Mit seinen Noten an der High School (und dem Geld seines Vaters) wäre er in Harvard und einem halben Dutzend anderer Renommieruniversitäten angenommen worden, aber Dex entschied sich für Yale. New Haven war so nah an Boston, dass er leicht nach Hause kommen konnte, aber auch so weit entfernt, dass er von der frostigen Gegenwart seines Vaters befreit war.

Dex hatte die Schule immer lächerlich leicht gefunden.

Während andere über Lehrbüchern brüteten und in Prüfungen schwitzten, bewältigte Dex mit seinem beinahe fotografischen Gedächtnis und seinem Geschick, den Lehrern genau das zu sagen, was sie hören wollten, alles spielend.

Seine Beziehungen zu seinen Altersgenossen waren weitgehend genauso: Sie taten fast immer, was er wollte. Dex hatte die brillanten Ideen und seine Freunde den Ärger, wenn sie sie ausführten. Aber sie beklagten sich nie; sie bewunderten seinen Elan und waren dankbar, wenn er sie überhaupt zur Kenntnis nahm.

Mit Sex hatte er ebenso wenig Probleme, obwohl der Campus vielerorts von Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung aufgeladen war. Dex konnte sich die Frauen aussuchen: Je intelligenter sie waren, desto mehr schienen sie im zeitweiligen Sonnenschein seiner Zuneigung zu baden. Und auch sie beklagten sich hinterher nie.

Physik war nichts für Dex, aber er fühlte sich zur Geophysik hingezogen: der Erforschung der Erde, ihres Inneren und ihrer Atmosphäre. Er bekam fast immer nur die besten Noten. An der Uni war er in allem der Beste, vom Fernsehsender bis zur Tennismannschaft. Aber sein Vater war nie zufrieden.

»Ein gebildeter Gammler, das bist du«, höhnte er. »Ich werde dich mein Leben lang unterstützen müssen, und auch noch nach meinem Tod.«

Womit Dex durchaus einverstanden war. Aber tief im Innern sehnte er sich danach, wenigstens einmal ein beifälliges Wort von seinem Vater zu hören. Er wünschte sich inständig, der herzlose alte Mann würde ihn anlächeln.

Eine Vorstellung im Planetarium veränderte sein Leben ein für alle Mal. Dex ging mit seinen Freundinnen gern ins Planetarium. Es war billig, es bewirkte, dass die jungen Frauen von seiner Ernsthaftigkeit und Intelligenz beeindruckt waren, und es war der dunkelste Ort in der Stadt.

Wirklich höchst romantisch, mit der Pracht des gestirnten Himmels über einem in der hintersten Reihe zu sitzen.

In einer dieser Vorstellungen ging es um den Planeten Mars. Nach etlichen Fehlschlägen war ein unbemanntes Raumschiff mit echten Proben marsianischen Gesteins und Erdreichs zu einem Labor in der Erdumlaufbahn zurückgekehrt. Jetzt sprach man davon, Forscher zum Mars zu schicken. Auf einmal hörte Dex auf, an der jungen Frau herumzufummeln, und setzte sich kerzengerade hin.

»Es gibt mehr als nur einen Planeten zu erforschen!«, sagte er laut, was ihm einen zischelnden »Pst!«-Chor und dem Mädchen, mit dem er zusammen war, die totale Demütigung bescherte.

Dex verbrachte jenen Sommer an der Universität von Nevada, wo er einen Spezialkurs in Geologie belegte. Im folgenden Sommer nahm er an einem Seminar über planetare Geologie in Berkeley teil. Als die erste Marsexpedition triumphierend mit Proben lebender marsianischer Organismen zurückkehrte, hatte Dex Abschlüsse in Yale und Berkeley in der Tasche. Er ging für ein halbes Jahr in die ewig vor sich hinsiechende Mondbasis-Siedlung, um dort vor Ort über die massiven Meteoriten zu forschen, die tief unter dem Mare Nubium und dem Mare Imbrium begraben lagen.

Zum großen Verdruss seines Vaters.

»Ich zahle dem Staat ein Vermögen an Steuern für diesen Raumfahrt-Kram«, beklagte sich der alte Mann bitter.

»Wozu soll das denn gut sein, verdammt noch mal?«

Dex' Vater war jetzt ein Immobilien-Tycoon, der die Finger in mehreren in New England beheimateten Banken hatte und geschäftliche Interessen in Europa, Asien und Lateinamerika verfolgte. Mit seinen weit verstreuten Partnern unterhielt er satellitengestützte elektronische Verbindungen, und er pachtete sogar Raum in einer Orbitalfabrik, die ultrareine Arzneimittel herstellte.

Dex schenkte seinem Vater ein strahlendes Lächeln. »Sei nicht so phantasielos, Dad. Bei der nächsten Expedition zum Mars will ich dabei sein.«

Sein Vater starrte ihn kalt an. »Wann fängst du endlich an, Geld in die Familie zu bringen, statt es wie Wasser zu verschwenden?«

Dex fühlte sich herausgefordert; und da er seinem Vater gefallen und wenigstens einmal dessen Anerkennung gewinnen wollte, platzte er heraus: »Wir könnten mit dem Mars Geld verdienen.«

Sein Vater fixierte ihn mit einem eisigen, ungläubigen Ausdruck in den steinharten Augen.

»Wirklich, ganz im Ernst«, sagte Dex und suchte nach etwas, was den alten Mann überzeugen würde. »Außerdem würdest du damit deinen Namen in die Geschichte einschreiben, Dad. Der Mann, der uns zum Mars zurückgeführt hat. Es wäre ein Denkmal für dich.«

Der Gedanke an ein Denkmal schien Darryl C. Trumball kalt zu lassen. Dennoch fragte er: »Du glaubst, wir könnten mit einer Expedition zum Mars Geld verdienen?«

Dex nickte eifrig. »Ganz recht.«

»Wie?«

In diesem Moment begann Dex, eine von privaten Geldgebern finanzierte Expedition zum Mars zu planen. Natürlich wanderten auch eine Menge Steuergelder in den Topf, aber nachdem er das Interesse seines profitorientierten Vaters gewonnen und erreicht hatte, dass dieser sich mit seinem ganzen Elan für die Sache einsetzte, kamen die Mittel für die zweite Marsexpedition hauptsächlich aus privaten Quellen. Dex war entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Expedition Gewinn abwarf. Er wollte das Lob seines Vaters, nur dieses eine Mal. Dann konnte er dem alten Mann sagen, es würde ihn nicht im mindesten kratzen, wenn ihm ein Blutgefäß im Hirn platzte und er tot umfiel.

VORMITTAG: SOL 8

»Die Felsenbehausung?«, fragte Jamie.

Mit einem wissenden Grinsen sagte Trumball gelassen:

»Klar. Du willst die Felsenbehausung aufspüren, die du gesehen zu haben glaubst, und ich will mir die Pathfinder-Sonde holen. Eine Hand wäscht die andere.«

Jamie warf Stacy Deschurowa, die neben ihm auf dem Fahrersitz saß, einen raschen Blick zu. Der Rover war fast am Fuß des Erdrutsches angelangt. Das morgendliche Sonnenlicht hatte den Boden des Canyons erreicht und den Nebel vertrieben.

»Ich habe von deinen Felsenbehausungen gehört«, sagte Trudy Hall hinter Jamie ganz leise, als wäre das ein brisantes Thema.

»Es ist nur eine«, verbesserte Jamie, »und es ist nicht meine Felsenbehausung.«

»Aber du bist der Einzige, der glaubt, dass es sich um ein Artefakt handelt«, betonte Trumball.

»Sie steht nicht auf dem Missionsplan.« Halls Stimme war immer noch gedämpft, fast ängstlich.

»Der Plan lässt uns eine Menge Spielraum«, erklärte Jamie.

»Jedenfalls genug, um den alten Rover zu bergen und uns den Pathfinder zu holen«, sagte Trumball munter.

»Vielleicht.«

»Warum nicht? Wir könnten die alte Karre auf dem Rückweg aus dem Sand ziehen.«

Jamie nickte langsam. Seine Gedanken rasten. Ich bin der Missionsleiter, sagte er sich. Ich kann eine Exkursion zu der Felsenbehausung ansetzen, wann immer ich es für richtig halte. Ich brauche weder seine Erlaubnis noch seine Mitarbeit. Ich muss ihm diesen verrückten Ausflug zum Pathfinder nicht erlauben. Ich muss ihn nicht bestechen, um zu tun, was ich will.