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Die Brennstoffzellen der neueren Rover arbeiteten mit Methan und Sauerstoff, wie Jamie wusste.

»Schon komisch«, fuhr Craig fort. »Ich hab mir eher Sorgen wegen Schäden an der Windschutzscheibe gemacht

… Du weißt schon, Schrammen oder sogar kleine Risse von den Sandstürmen. Aber den vorderen Teil hatteste ja fein säuberlich in den Sand eingebuddelt, drum is mit der Windschutzscheibe alles okay.«

Jamie stand ein bisschen wacklig auf. »Ich hätte nie geglaubt …«

»Für den Elektrokram hamwer Reservematerial«, fuhr Craig fort. »Aber wenn die Windschutzscheibe im Eimer gewesen wär, dann – Adios.«

Als Jamie einen Blick ins Kommunikationszentrum warf, sah er Rodriguez mit mürrischer Miene an der Konsole sitzen. Und ihm fiel auf, dass der junge Astronaut sich offenbar einen Schnurrbart wachsen lassen wollte; auf seiner Oberlippe sprossen ein paar kurze, dunkle Haare.

» Què tal, Tomas?«

Rodriguez blickte beinahe schuldbewusst zu ihm auf.

»Probleme, Mann.«

»Was ist denn los?« Jamie zog sich den anderen fahrbaren Stuhl heran und setzte sich neben ihn.

»Ich hab den Kontakt zu Nummer zwei verloren.«

»Dem Schwebegleiter?« Jamie fühlte eine dunkle Vorahnung in seinen Eingeweiden.

Rodriguez nickte unglücklich. »Hab versucht, den Kontakt wieder herzustellen. Nichts zu machen.«

»Wo war der Gleiter?«

»Erkundungsflug über Olympus Mons.«

Der unbemannte Schwebegleiter kartierte den riesigen Vulkan für Fuchidas bevorstehende Mission zu dessen Gipfel.

»Was ist passiert?«

Der Astronaut schüttelte den Kopf. »Ich hab mir die Flugdaten angesehen. Während des Aufstiegs ist er bei zirka zwanzigtausend Meter in irgendeine Turbulenz geraten, aber dann hat's wieder aufgehört.«

Olympus Mons war annähernd dreißigtausend Meter hoch, mehr als dreimal so hoch wie der Mount Everest.

»Vielleicht war's die Windscherung«, meinte Rodriguez,

»aber in der Höhe ist die Luft so dünn, dass das eigentlich kein Problem sein dürfte.«

»Wie lange ist der Kontakt zu dem Gleiter schon abgerissen?«

Rodriguez warf einen raschen Blick auf die Digitaluhr an der Kommunikationskonsole. »Dreiundfünfzig, vierundfünfzig Minuten.«

Jamie stieß den Atem aus. »Na ja, wenigstens haben wir noch Nummer eins und einen Ersatzgleiter im Lagerbestand.«

»Aber nur den einen.«

»Wir werden ihn benutzen müssen, wenn Nummer zwei abgestürzt ist.«

»Ja, ich weiß. Aber ich will den Reservegleiter erst zum Berg schicken, wenn ich rausgefunden habe, was mit Nummer zwei schief gelaufen ist.«

Jamie stand auf. Er schaute noch einmal in Rodriguez'

trübsinniges Gesicht hinunter, legte ihm dann die Hand auf die stämmige Schulter und drückte sie.

»Mach dir keine Vorwürfe deswegen, Tomas. Es ist nicht deine Schuld.«

Der Astronaut schüttelte traurig den Kopf. »Woher willst du das wissen?«

Zum ersten Mal seit fast zwei Wochen saßen alle acht Forscher beim Abendessen zusammen. Trumball monopolisierte die Unterhaltung mit seinen Plänen zur Bergung der Pathfinder-Sonde und des kleinen Sojourner-Rovers im Ares Vallis. Zwischen Rodriguez und ihm entbrannte eine hitzige Diskussion über die Zuverlässigkeit der Landetriebwerke des Reserve-Treibstoffgenerators.

»Ist mir egal, was die Computersimulationen sagen«, erklärte Rodriguez mit ungewohnter Heftigkeit. »Du riskierst deinen Hals auf der Basis von Annahmen, die irgendein Ingenieur ins Simulationsprogramm eingegeben hat.«

Jamie wusste, dass der Astronaut noch immer vom Verlust des unbemannten Schwebegleiters schockiert war.

»Du meinst«, verbesserte Trudy Hall, »auf der Basis der Annahmen irgendeines Programmierers, die auf den Annahmen des Ingenieurs basieren.«

»Die alle beide für das Unternehmen arbeiten, das die Raketentriebwerke gebaut hat«, ergänzte Stacy Deschurowa.

»Nun hört aber auf«, protestierte Trumball. »Es gibt ja schließlich Testdaten, Herrgott noch mal. Die haben diese Triebwerke Dutzende Male gestartet.«

Jamie ließ sie diskutieren. Soll Tomas ruhig ein bisschen Dampf wegen dem Gleiter ablassen. Er macht sich Vorwürfe, weil er ihn verloren hat, oder zumindest, weil er nicht rausfinden konnte, was mit ihm passiert ist. Soll er ruhig diskutieren und mit Nachdruck darauf hinweisen, wie wichtig Sicherheit und Vorsicht sind. Das wird uns allen nützen.

Jamie hatte beschlossen, die Entscheidung über den Lufttransport des Reservegenerators Pete Connors und den Raketenexperten auf der Erde zu überlassen. Trumball würde nur dann nach Ares Vallis fahren, wenn die Spitzenfachleute auf dem Gebiet zustimmten, dass der Generator zuverlässig dorthin geflogen werden konnte, wo sie ihn für die Exkursion benötigten. Aber Dex schien jeden Aspekt bedacht zu haben. Er arbeitet schon lange an diesem Plan, dachte Jamie. Wahrscheinlich hat er schon vor unserem Abflug von der Erde damit angefangen. Er ist wirklich geschickt. Ein sehr cleverer Bursche.

Vijay Shektar saß Jamie gegenüber. Sie war ebenso stumm wie er. Ihr Blick ruhte auf Trumball, der seine Idee vehement gegen die vereinte Skepsis von Possum Craig und den beiden Astronauten verteidigte.

Craigs Einstellung amüsierte Jamie. Er murmelte dunkeclass="underline"

»Murphys Gesetz, Dex: Wenn irgendwas schief gehen kann, dann geht's auch schief. Und dann biste verdammt weit von jeder Hilfe entfernt.«

Trumball ließ sich von solchen Warnungen nicht im Mindesten beirren.

Jamie erkannte jedoch, dass Craig den heiklen Punkt genau getroffen hatte. Den Expeditionsvorschriften zufolge durfte keine Exkursion so weit von der Basis wegführen, dass ein Hilfsteam einen gestrandeten Rover nicht erreichen konnte. Falls Trumball draußen im Ares Vallis in Schwierigkeiten geriet, würde es keine Möglichkeit geben, ihn zu retten, außer wenn Stacy oder Rodriguez mit dem Raketenflugzeug hinfliegen konnten. Selbst dann konnte das Flugzeug nur jeweils zwei Personen transportieren. Wir müssten also zwei Rettungsflüge unternehmen. Riskant, dachte Jamie. Sehr riskant, aber es dürfte gerade eben reichen, um den Sicherheitsvorschriften zu genügen. Jamie nickte vor sich hin und erkannte erneut, dass Dex jeden Aspekt dieses Trips zum Ares Vallis berücksichtigt hatte.

Er richtete den Blick wieder auf Vijay, die Trumball immer noch mit einem kleinen amüsierten Lächeln auf den Lippen beobachtete.

Wenn Dex seinen Arsch riskieren will, meinetwegen, dachte Jamie. Dann fiel ihm wieder ein, dass Dex nicht allein fahren würde. Schade, dachte er. Und hatte sofort ein schlechtes Gewissen.

ABEND: SOL 18

»… also, so sieht der Plan aus, Dad«, sprach Dex Trumball in das Stiftmikro, das ein paar Millimeter vor seinen Lippen hing. »Du kannst schon mal anfangen, Gebote für Gerätschaften einzuholen, die über ein Vierteljahrhundert auf dem Mars gestanden haben! Dürften wohl ein paar Megabucks dabei rausspringen, hm?«

Trumball saß in seiner Unterkunft auf der Liege, den Laptop auf den Knien, Ohrstöpsel und Mikrofon mit dem Gerät verbunden. Nicht dass er Angst hatte, jemand könnte mithören, obwohl die Trennwände der Kabinen natürlich nicht bis zur Decke der Kuppel reichten. Er rechnete auch nicht mit einer sofortigen Antwort seines Vaters; die Entfernung zur Erde verhinderte das. Außerdem kannte er seinen Dad; der alte Mann würde die Sache eine Weile durchdenken wollen, bevor er seinem Sohn antwortete.

Dex war ziemlich überzeugt, dass sein Vater von seiner Idee beeindruckt sein würde. Die Rückholung des Pathfinders und des kleinen Sojourner-Rovers würde ein Meisterstück sein. Er sah geradezu vor sich, wie sich die Museen und Unterhaltungsmogule in aller Welt mit ihren Geboten überschlugen. Das wird Dad garantiert gefallen, sagte er sich. Es bringt Kohle aufs Konto.

Darryl C. Trumball war in seinem Büro und telefonierte mit dem Leiter seiner Londoner Niederlassung. Die Immobilienpreise in Osteuropa waren erneut im Sturzflug begriffen, und Trumball senior sah, dass ihn wieder einmal eine Gelegenheit anlachte. Billig kaufen, teuer verkaufen: Das war sein Leben lang seine Devise gewesen. Er hatte damit noch nie Schiffbruch erlitten.