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Eine Wand von Trumballs Büro bestand aus einem riesigen Fenster mit einem überwältigenden Ausblick auf den Hafen von Boston. Er konnte die Masten von Old Ironsides an dessen Pier in Charleston ausmachen. Trumball testete damit an jedem klaren Tag seine Sehkraft. Die Wand gegenüber war eine Smartscreen, die Panoramabilder von allem zeigen konnte, was er zu sehen wünschte. Er hatte seinen Angestellten die Videos vom Mars vorgeführt, die sein Sohn ihm persönlich geschickt hatte. Sie waren alle gebührend beeindruckt gewesen.

Im Moment war der größte Teil des Wandbildschirms leer; nur das glatte, gut aussehende Gesicht des Leiters der Londoner Niederlassung war in einer Ecke zu sehen.

»Die Franzosen versuchen leider nach Kräften, uns Schwierigkeiten zu machen«, sagte der Leiter der Londoner Niederlassung trübselig.

»Auf welche Weise?«, fragte Trumball.

Der Mann war das Inbild eines gediegenen Angehörigen der britischen Oberschicht: silbernes Haar, gestutzter Schnurrbart, Jackett aus der Savile Row. »Sie haben irgendwelche ziemlich überholten Vorschriften der Europäischen Union bezüglich der Steuersätze für Immobilien ausgegraben …«

Während der Londoner sprach, begann das Licht an der Telefonkonsole auf Trumballs Schreibtisch zu blinken. Er drückte mit dem eleganten Füllfederhalter darauf, den er nervös zwischen den Fingern hin und her gedreht hatte.

Auf dem kleinen Display der Konsole erschien der Text: PERSÖNLICHE NACHRICHT VON IHREM SOHN.

»… deshalb fürchte ich, dass wir die Franzmänner entweder irgendwie ablenken oder uns damit abfinden müssen, eine zusätzliche Steuer auf jede …«

»Ich rufe Sie wegen dieser Angelegenheit noch mal zurück«, sagte Trumball abrupt.

Der Engländer machte ein überraschtes Gesicht.

»Mir ist gerade etwas Privates dazwischengekommen.

Mein Sohn. Er ist bei der Marsexpedition, wissen Sie.«

»Ich hoffe, es gibt keine Probleme.«

»Das bezweifle ich. Ich melde mich wieder. Überlegen Sie in der Zwischenzeit, ob wir die Franzosen nicht irgendwie beschwatzen können, die Dinge so zu sehen wie wir.«

Beschwatzen war Trumballs Ausdruck für Bestechung.

Der Engländer schaute skeptisch drein, sagte jedoch: »Ich werde das prüfen.«

»Gut.«

Trumball löschte den Wandbildschirm und rief dann die Nachricht seines Sohnes auf. Dex' Gesicht ragte riesengroß über ihm auf. Trumball justierte das Bild rasch auf normale Größe.

»Dad, ich hab das Geschäft des Jahrhunderts für dich«, begann Dex. Er grinste wie eine Katze, die gerade einen Kanarienvogel verspeist hatte.

Trumball hörte sich den Plan seines Sohnes zur Bergung der alten Gerätschaften an. Er fand, dass der Junge dünner wirkte als sonst. Wenn seine Mutter das sah, würde sie einen hysterischen Anfall bekommen und ihm sagen wollen, dass er mehr essen und ja seine Vitaminpräparate nehmen sollte.

Doch als Dex die Details seines Planes abspulte, vergaß er das physische Erscheinungsbild seines Sohnes sehr rasch.

Bei Gott, dachte Trumball. Da hat der Junge wirklich mal eine gute Idee gehabt. Ein Dutzend Anrufe, und ich hätte ein Dutzend Bieter für diesen alten Schrott. Mehr wäre nicht nötig. Vielleicht nicht mal so viele. Letztendlich würde es Hunderte von Bietern aus jedem Winkel des Globus geben.

Dann kam ihm ein neuer Gedanke. Wie wär's, wenn wir die Sachen den Franzosen anböten? Die müssen doch irgendein Wissenschaftsmuseum haben, das sie gern hätte.

Oder das Pariser Disneyland!

Er lachte laut auf. Beschwatzen wir die Franzosen mit diesem alten Haufen Raumschrott, damit sie sich bei dem Osteuropageschäft nicht quer stellen. Das würde bestimmt funktionieren! Wenn ich das den Leuten in der Londoner Niederlassung erzähle. Denen zeige, wer der Mann ist, der ihre Probleme lösen kann. Ihnen sage, dass ich eigentlich ihre Jahresprämien kriegen müsste!

Er spielte Dex' Nachricht noch einmal von vorn ab und rief dann seinen hauseigenen Wissenschaftsberater an, einen Physiker vom MIT, den er auf Honorarbasis beschäftigte. Anschließend führte er noch zwei weitere Telefonate.

Eines mit dem Generaldirektor des Unternehmens, das die Landetriebwerke für die Trägerrakete des Treibstoffgenerators hergestellt hatte, das andere mit den Leuten im Kontrollzentrum in Tarawa. Es war bereits dunkel, als er genug Informationen hatte, um seine Entscheidung zu treffen. Erst dann schickte er seinem Sohn auf dem Mars eine Nachricht.

Am nächsten Morgen hatte Dex reichlich zu tun. Er katalogisierte die aus Tithonium Chasma mitgebrachten Gesteins- und Bodenproben und testete ausgewählte Steine darauf, ob sie Hydrate enthielten. Wie ein Chirurg, der einen Tumor seziert, schnitt er mehrere Steine mit einer Diamantsäge auf und trennte so dünne Scheiben heraus, dass er hindurchschauen konnte.

Wie jeder Chirurg hatte er eine Assistentin, die ihm zu Hand ging: Trudy Hall, deren Interesse am Wassergehalt der Steine ebenso groß war wie seines. Sie verbrachten den ganzen Tag im Geologielabor und untersuchten die Steine mit dem Gaschromatographen und Massenspektrometer.

Das Gerät verwandelte eine mikroskopische Menge der Gesteinsprobe mit einem Energieblitz seines winzigen Lasers zu Dampf und trennte diesen anschließend in seine molekularen Bestandteile auf. Am Ende des Tages waren sie beide müde, und ihnen taten alle Knochen weh, weil sie sich lange Stunden ununterbrochen über Laborgeräte gebeugt hatten. Dennoch hüpfte Trudy beinahe, als sie das Geologielabor verließen und sich auf den Weg zur Messe machten.

Dex grinste von einem Ohr zum anderen.

»Ihr beiden seht ja glücklicher aus als Flitterwöchner«, sagte Possum Craig, der von der Werkbank aufblickte, wo er das störrische Ventil einer Luftpumpe reparierte.

»Worauf du dich verlassen kannst, Wiley«, sagte Trumball mit einem Zwinkern. »Wenn sie kochen könnte, würde ich sie heiraten.«

»Ich kann kochen«, gab Hall schlagfertig zurück, »aber ich bin noch viel zu jung, um ans Heiraten zu denken.«

Jamie Waterman kam mit einer Spur Neugier in seinem gleichmütigen Gesicht quer durch die Kuppel auf sie zu.

»Was gefunden?«, fragte er und gesellte sich zu Trumball und Hall, die zum Heißwasserbehälter gingen.

»Doch, ja«, sagte Trudy. »Sogar eine ganze Menge.«

Auf Jamies Gesicht erschien ein verwirrtes Lächeln. »Und, wollt ihr uns davon erzählen?«

»Ich finde, wir sollten damit bis zum Abendessen warten«, sagte Trumball, immer noch mit breitem Grinsen,

»wenn alle ums Lagerfeuer versammelt sind.«

»Wie wär's mit einer kleinen Vorschau?«, fragte Jamie.

Trumball sah Trudy Hall an. »Sollen wir's ihm sagen?«

Sie sah Jamie an und wandte sich dann wieder an Dex.

»Na ja, er ist immerhin der Chef.«

»Schon, aber …«

Jamie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun mal los, ihr zwei! Was habt ihr rausgefunden?«

»Ganz einfach«, antwortete Trudy, die vor Aufregung beinahe übersprudelte. »Die Steine, die Hydrate enthalten, tragen auch Flechten. Die trockenen Steine haben keine Flechten.«

»Die Flechte muss die Hydrate spüren können«, sagte Trumball. »Sie kann die Anwesenheit von Wasser irgendwie riechen, selbst wenn es nicht flüssig ist.«

»Selbst wenn es chemisch in die molekulare Struktur des Gesteins eingebunden ist!«, fügte Hall hinzu.

Sie hatten den Heißwasserspender erreicht, aber keiner von ihnen griff nach einem Becher.

Jamie fragte langsam: »Seid ihr euch da sicher?«

»Jede Probe, die wir untersucht haben«, erwiderte Dex.