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Dex hatte niemandem etwas davon erzählt, dass sein Vater ihm verboten hatte, auf die Exkursion zu gehen. Er hatte die widerwärtige Botschaft seines Vaters sofort gelöscht und sich in den Hauptcomputer der Expedition gehackt, um sich zu vergewissern, dass keine Kopie in den Unterlagen war. Er will nicht, dass ich fahre, knurrte Dex in sich hinein, während er auf das Display des Steuercomputers starrte. Possum Craig war draußen und brachte einen Satz Sensoren an der Trägerrakete an, sodass sie wissenschaftlichen Nutzen aus dem bevorstehenden Flug zur Xanthe-Terra-Region östlich vom Lunae Planum ziehen konnten. Stacy Deschurowa würde den Flug von der Basiskuppel aus steuern. Dex arbeitete mit ihr daran, sämtliche Flugparameter festzulegen.

Er will nicht, dass ich fahre, weil er glaubt, dass ich's vermassle. Er vertraut mir nicht. Ich bin auf dem Mars, verdammt noch mal, und er vertraut mir immer noch nicht!

Selbst wenn alles bestens läuft und wir die alten Geräte hierher bringen, ohne dass es Probleme gibt, könnte er dann immer noch behaupten, ich hätte es ja nicht getan, ich hätte nicht den Grips oder den Mumm gehabt, loszufahren und sie zu holen.

Zur Hölle mit dir, Pop! Ich fahre. Und du kannst rein gar nichts dagegen tun. Ich fahre persönlich hin und zeige dir, dass ich's schaffe. Bevor du's erfährst, mein lieber Daddy, bin ich schon unterwegs. Deine Verbote kannst du dir sonst wo hin stecken, du alter Furzer. Du schreibst mir nichts mehr vor. Ganz gleich, was du sagst oder tust, hier draußen mache ich, was ich will.

»Hast du nicht gesagt, du hättest frei?« Vijays Stimme in Jamies Helmlautsprechern klang ein wenig belustigt.

Die beiden gingen zu dem Raketenflugzeug, das Rodriguez in den letzten Wochen zusammengebaut hatte. Wie die ferngesteuerten Schwebegleiter bestand es aus einer hauchdünnen Kunststoffhaut, die sich über einen Cerplast-Rahmen aus Keramik und Kunststoff spannte. Jamie fand, dass es wie ein überdimensionales Modellflugzeug aus einer Art Küchenfolie mit einem merkwürdig gebogenen sechsflügeligen Propeller an der Nase aussah.

Aber es war groß genug, um zwei Personen zu transportieren. Geradezu riesig im Vergleich zu den unbemannten Schwebegleitern. Rodriguez sagte, es sei nur ein Treibstofftank mit Flügeln. Die weit gespannten Tragflächen krümmten sich an den Spitzen nach unten.

Das Cockpit, nicht mehr als eine durchsichtige Blase am vorderen Ende, wirkte winzig. Den an der Nahtstelle von Flügelwurzeln und Rumpf angebrachten Raketentriebwerken traute man gar nicht zu, dass sie das Ding vom Boden hochbrachten, so klein waren sie.

Das Flugzeug sollte seine Raketentriebwerke zum Starten verwenden, aber sobald es eine gewisse Höhe erreicht hatte, würde es mit dem Propeller fliegen. Auf die Oberseiten der Tragflächen aufgesprühte Solarzellen würden den Strom für den Elektromotor liefern. In der Marsatmosphäre gab es zu wenig Sauerstoff für ein Düsentriebwerk; die Raketen waren der Hauptmuskel des Flugzeugs, die Solarzellen seine sekundäre Energiequelle.

»Für mich ist das Freizeit«, erwiderte Jamie. »Wir könnten Tomas hallo sagen, wenn wir schon mal hier sind, meinst du nicht?«

»Überall um uns herum ist der Mars, und da gehst du zufällig gerade in diese Richtung«, konterte sie.

Ihr koboldhaft neckischer Ton entging ihm keineswegs.

Statt sich auf ein Geplänkel mit ihr einzulassen, rief Jamie Rodriguez zu: » Hola, Tomas! Què pasa? «

Der Astronaut kniete in seinem Raumanzug unter einer Flügelspitze des Flugzeugs. Seine beschuhten Hände steckten in einer offenen Wartungsklappe in der Triebwerksverkleidung. Man konnte nicht erkennen, ob er im Helm den Kopf drehte, aber seine besorgte Stimme kam aus ihren Helmlautsprechern: » Tengo um probleina con esta maldita …

äh, Einspritzdüse.«

»Was hat er gesagt?«, fragte Shektar.

»Wo liegt das Problem?«, fragte Jamie auf Englisch.

Er hörte Rodriguez glucksen. »Schön, dass du auf Englisch umschaltest, Mann. Ich glaub nicht, dass mein Spanisch gut genug ist, um mich über Gelenke mit gasdynamischer Schmierung und Tieftemperatur-Zündsysteme auszulassen.«

Rodriguez schien seinen Katzenjammer über den Verlust des unbemannten Schwebegleiters überwunden zu haben.

Jamie hatte ihn aufmerksam beobachtet, weil er wusste, dass Tomas Fuchida mit dem bemannten Flugzeug in dasselbe Gebiet bringen sollte, in dem der Schwebegleiter verloren gegangen war. Der Astronaut hatte alle Anstrengungen unternommen, den Verlust des unbemannten Gleiters aufzuklären, aber je näher sein eigener Flug rückte, desto weniger schien er sich für die Absturzursache zu interessieren.

Jamie und Rodriguez plauderten eine Weile im Techniker-Kauderwelsch; Shektar verstand kein Wort von dem, was sie sagten.

Schließlich fragte Jamie: »Also, was ist – wird es fliegen, Orville?«

Rodriguez lachte. »Es wird, Wilbur. Und wenn ich die verdammten widerspenstigen Treibstoffpumpen mit meinem eigenen Blut schmieren muss.«

Jamie erkannte, dass Rodriguez es trotz seines lockeren Tonfalls vollkommen ernst meinte. Er würde diesen Vogel fliegen, mit Fuchida als Passagier. Wenn etwas schief ging, war es um ihn geschehen.

Und um mich auch, erkannte Jamie. Ich muss ihnen das endgültige Okay für den Flug geben. Es spielt überhaupt keine Rolle, wie viele Techniker auf der Erde seine Arbeit noch mal nachprüfen und für gut befinden. Die endgültige Verantwortung trage ich. Ist Tomas seelisch bereit für diese Mission? Vielleicht sollte ich mit Vijay darüber sprechen.

Ihm fiel etwas ein, das Conners ihm damals während des Trainings erzählt hatte, noch vor der ersten Expedition.

»Siehe die primitive Schildkröte«, hatte der Astronaut zitiert. »Sie kommt nur voran, wenn sie den Kopf herausstreckt und damit den Hals riskiert.«

Pilotenweisheit. Astronautenhumor. Aber Jamie wusste, dass es stimmte. Wenn wir hundertprozentige Sicherheit wollten, säßen wir noch in unseren vier Wänden auf der Erde. Zum Teufel, wir würden noch in Höhlen leben und hätten zu große Angst, um Feuer zu machen.

»Mir ist ein Spaziergang draußen auf dem Land versprochen worden«, erinnerte ihn Skektar.

»In Ordnung«, sagte er rasch. »Bleib dran, Tomas.«

»Was hab ich sonst schon zu tun?«

Jamie und Vijay umrundeten das hohe, weit ausladende Schwanzende des Flugzeugs und gingen auf die untergehende Sonne zu. Sie schalteten ihren Anzugfunk von der allgemeinen Kommunikationsfrequenz auf eine andere, die es ihnen erlaubte, sich zu unterhalten, ohne Rodriguez oder jemand anderen in der Kuppel zu stören, der die allgemeine Frequenz vielleicht gerade überwachte.

»Mit Tommy scheint jetzt wieder alles in Ordnung zu sein«, sagte Vijay übergangslos.

Überrascht erwiderte Jamie: »Hat er dir von seinen Problemen erzählt?«

»Der? Nie im Leben, Kamerad.«

»Woher weißt du dann …?«

»Ich wäre eine tolle Psychologin, wenn mir nicht aufgefallen wäre, wie geknickt er dreingeschaut hat, oder?«

Shektars Stimme klang ein wenig amüsiert. »Ich meine, der arme Kerl ist ja wie Falschgeld durch die Gegend gelaufen.«

»Er hat sich für den Absturz des Gleiters verantwortlich gefühlt.«

»Er ist drüber weg.«

»Mit deiner Hilfe?«

Ein oder zwei Herzschläge lang antwortete sie nicht.

Dann: »Oh, ich hab ihn ein paar Mal strahlend angelächelt und ihm auf die Schulter geklopft. Schien ihn ein bisschen aufzumuntern.«

»Wird er fliegen können?«

»Wäre sogar das Beste für ihn«, gab sie zurück. »Wenn du ihn jetzt von der Mission abziehen würdest, wäre er am Boden zerstört.«

Jamie nickte in seinem Helm und fragte sich, wie viel von diesen Maßnahmen zur Hebung der Moral Eingang in Vijays offizielle Unterlagen fand.