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Binnen einer Stunde hatten sie sämtliche Daten, die sie benötigten. Der Bohrer des Wasseraufbereiters war auf Permafrost gestoßen, und der Treibstoffgenerator funktionierte, als wäre er nie bewegt worden; er füllte bereits die Treibstofftanks der Trägerrakete auf.

Trumball und Craig stiegen in ihre Anzüge. Jamie und Vijay überprüften sie: Jamie kümmerte sich um Possum, Vijay um Dex.

»Hoffentlich kriegen wir das VR-Gerät wieder hin«, sagte Dex, während er den Helm vom Bord hob. Selbst in dem klobigen Anzug strahlte er Erregung aus; er zitterte geradezu wie ein Kind an Heiligabend.

»Tja, jetzt hab ich endlich mal Zeit, es richtig aus'nanderzunehmen und nachzuschauen, was, zum Teufel, mit dem Ding los is«, meinte Craig.

Jamie half ihm, das Tornistergerät anzulegen. Craig trat zurück, und Jamie ließ die Verschlüsse einrasten. Dann trat Possum von dem Gestell weg, an dem das Tornistergerät gehangen hatte.

»Stromanschlüsse okay?«, fragte Jamie.

Craig spähte auf das Displayfeld an seinem rechten Handgelenk. »Alles grün«, meldete er.

»Gut.« Jamie steckte den Luftschlauch in Craigs Halsring.

»Alles klar für den Funkcheck«, sagte Vijay zu Trumball.

Dex zog sein Visier herunter und verriegelte es. Jamie hörte seine gedämpfte Stimme, als er Stacy Deschurowa rief, die wie üblich im Kommunikationszentrum Dienst tat.

Kurz darauf schob er das Visier wieder hoch und reckte den Daumen in die Höhe.

»Funk ist okay.«

Craig brauchte noch ein paar Minuten, um seinen Anzug zu verschließen und sein Funkgerät zu testen. Trumball marschierte ruhelos auf und ab. In dem Anzug mit den dicksohligen Stiefeln kam er Jamie vor wie Frankensteins Monster, das ungeduldig auf den Bus wartete.

»Wir sind so weit«, sagte Dex, sobald Craigs Funkcheck abgeschlossen war. Er drehte sich zur Luftschleuse um.

»Moment noch«, sagte Jamie.

Trumball blieb stehen, drehte sich jedoch nicht wieder zu Jamie um. Craig schon.

»Ich weiß, dass ihr den Rover von A bis Z durchgecheckt habt«, sagte Jamie, »aber bitte denkt daran, dass er ein altes Gefährt ist und sechs Jahre draußen in der Kälte gestanden hat.«

»Das wissen wir«, sagte Trumball zur Schleusenluke.

»Ich will, dass ihr beim ersten Anzeichen von Problemen umkehrt«, befahl Jamie. »Ist das klar? Die Fahrzeuge, die ihr bergen wollt, sind kein Menschenleben wert, ganz gleich, wie viel Geld sie auf der Erde einbringen könnten.«

»Klar«, sagte Dex ungeduldig.

»Keine Sorge, ich bin kein Held«, setzte Craig hinzu.

Jamie holte tief Luft. »Possum, ich übertrage dir das Kommando bei dieser Expedition. Du bist der Boss. Dex, du befolgst jederzeit seine Anweisungen. Verstanden?«

Jetzt drehte Trumball sich in dem klobigen Raumanzug langsam und schwerfällig zu Jamie um.

»Was soll der Quatsch?« Seine Stimme war leise und ruhig.

»Befehlshierarchie, Dex. Possum ist älter und hat erheblich mehr praktische Erfahrung als wir beide. Er hat die Leitung. Immer, wenn ihr beide nicht einer Meinung seid, hat Possum das Sagen.«

Auf Trumballs Gesicht zeichneten sich im Bruchteil eines Moments alle möglichen Gefühle ab. Jamie wartete auf die Explosion.

Aber dann setzte Dex ein jungenhaftes Grinsen auf.

»Okay, Häuptling. Possum ist der Medizinmann und ich bin bloß ein niedriger Krieger. Ich kann damit leben.«

»Gut«, sagte Jamie und verbarg vor Trumball, wie sehr ihm dessen spöttische Anspielungen auf seine Navajo-Herkunft zuwider waren.

Trumball zeigte mit einer beschuhten Hand auf die Schleuse und sagte zu Craig: »Okay, Boss, dann solltest du wohl als Erster durch die Luftschleuse gehen.«

Craig warf Jamie einen Blick zu, zog dann sein Visier herunter und stampfte zur Luke.

Vijay sagte: »Alles Gute.«

»Wird schon schief gehen«, antwortete Trumball. Craig winkte stumm, während er über die Schwelle der offenen Luke stieg.

Die drei standen in unbehaglichem Schweigen da, während die Pumpen der Luftschleuse arbeiteten. Als das Licht an der Tafel wieder auf Grün sprang, öffnete Trumball die Luke und ging hinein.

Bevor er sie jedoch schloss, drehte er sich zu Jamie und Vijay um.

»Übrigens, Jamie, ich hatte keine Gelegenheit mehr, mich von meinem Vater zu verabschieden. Würdest du ihn wohl anrufen und ihm sagen, dass ich unterwegs bin?«

»Natürlich«, sagte Jamie, verblüfft von Trumballs freundlichem, vernünftigem Ton.

Die Luke glitt zu. Jamie machte sich auf den Weg zum Kommunikationszentrum. Shektar ging neben ihm her.

»War das unbedingt nötig?«, fragte sie.

»Was?«

»Ihn zu demütigen.«

»Zu demütigen?« Jamie verspürte einen Stich, aber es war nicht Überraschung. Es war Enttäuschung, dass Vijay seine Entscheidung so sah.

»Du hast ihn Possum offiziell unterstellt«, fuhr sie fort.

»Damit setzt du ihn herab.«

Während sie an den Trennwänden zwischen den Schlafkabinen des Teams entlanggingen, sagte Jamie: »Das war kein Affront gegen Dex, sondern Unterstützung für Possum.«

»Wirklich?«

»Dex würde bei jeder Meinungsverschiedenheit versuchen, Possum zu überrollen. So ist Possum am Drücker und kann die endgültigen Entscheidungen treffen. Das könnte beiden das Leben retten.«

»Wirklich?«, fragte sie erneut.

»Ja, wirklich.«

Er blickte auf sie hinab. Aus ihrer Miene sprach eine Menge Ungläubigkeit.

Als sie das Kommunikationszentrum erreichten, waren Craig und Trumball bereits in den Rover gestiegen und hatten den Stromgenerator angeworfen.

»Der Boss lässt mich fahren«, rief Dex. Seine Funkstimme quoll über vor gespielter Freude. »Juhu, juhu!«

Stacy Deschurowa ging die Rover-Checkliste mit ihm durch und gab ihnen dann die Starterlaubnis.

»Wir sind unterwegs zum Zauberer von Oz«, sagte Dex.

»In zirka einem Monat sind wir wieder da.«

»Eher«, setzte Craigs Stimme hinzu.

»Eher wäre besser«, sagte Rodriguez, der neben Deschurowa saß, in sein Lippenmikro. »In vier Wochen ist Thanksgiving.«

»Bewahrt mir 'ne Keule auf«, sagte Dex.

Auf Deschurowas Bildschirm sah Jamie, wie der Rover vibrierend zum Leben erwachte und sich dann schwankend in Bewegung setzte. Er rollte zuerst langsam vorwärts, schlug dann einen Viertelkreis und fuhr Richtung Osten davon.

»Oh, Jamie«, rief Trumball, während sie zum Horizont rumpelten, »bitte vergiss nicht, meinen Vater anzurufen, okay?«

»Du kannst ihn selbst anrufen, jetzt sofort«, erwiderte Jamie.

»Nein, ich will mich aufs Fahren konzentrieren. Tu du's für mich, hm? Bitte.«

»Sicher«, sagte Jamie. »Ich schicke ihm sofort eine Nachricht.«

»Besten Dank, Chief.«

NACHMITTAG: SOL 48

Jamie ging in seine Unterkunft und schickte eine kurze Botschaft zur Erde, in der er Darryl C. Trumball mitteilte, sein Sohn sei auf dem Weg zum Ares Vallis und wolle ihn wissen lassen, dass alles gut laufe.

Als er vom Bildschirm seines Laptops aufblickte, sah er Stacy Deschurowa in der offenen Tür. Sie schaute noch mürrischer drein als beim Frühstück; ihre Miene wirkte beinahe gequält.

»Was ist los, Stacy?«

Die Kosmonautin betrat Jamies Kabine, nahm jedoch nicht auf dem leeren Schreibtischstuhl Platz. Sie blieb stehen.

Mit einem Kopfschütteln, bei dem ihre Haare hin und her flogen, antwortete sie: »Ich kann mir nicht helfen, ich finde, ich sollte bei den beiden im Rover sein.«

Jamie fuhr seinen Computer herunter und schloss den Deckel. »Stacy, das haben wir doch schon ein paar hundert Mal durchexerziert. Du kannst nicht überall sein.«

»Die Sicherheitsvorschriften besagen, dass bei jeder Exkursion ein Astronaut dabei sein muss.«