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ßer sein. Es musste Platz für zwei zerbrechliche Menschen und deren Lebenserhaltungssysteme bieten. Es musste genug Vorräte transportieren, um sie mehrere Tage am Leben zu erhalten. Es musste in unebenem Gelände starten und landen können. Und es musste genug Treibstoff und Sauerstoff mitnehmen können, um sie zum Olympus Mons und wieder zurück zu bringen, ohne zwischendurch aufzutanken.

»Das Ding ist ein fliegender Tanklaster«, witzelte Rodriguez mehr als einmal, während er das Flugzeug testete, seine Leistung prüfte und sich mit seinen Eigenarten vertraut machte. »Fliegt sich auch wie ein Tanklaster.«

Sie hatten mehrere Tage gebraucht, um eine Start- und Landebahn für das Flugzeug zu räumen und zu planieren.

Die beiden kleinen Traktoren der Expedition, die darauf programmiert waren, unter Aufsicht aus der Kuppel selbsttätig zu arbeiten, schoben Felsen beiseite und ebneten kleinere Sanddünen ein, bis die Ingenieure auf der Erde mit der provisorischen Piste zufrieden waren. Der Landeplatz auf dem Olympus Mons würde nicht so eben sein, obwohl die Videos und Fotos, die der Schwebegleiter bei einem Dutzend Erkundungsflüge aus der Nähe aufgenommenen hatte, ausgedehnte Gebiete auf dem höchsten Berg des Sonnensystems zeigten, die so eben und frei von Hindernissen zu sein schienen, dass sie als Landeplatz dienen konnten.

Der ungeklärte Absturz eines der unbemannten Gleiter hatte Fuchidas Exkursion verzögert. Deschurowa, Rodriguez und die Missionsleiter in Tarawa versuchten eine Woche lang herauszufinden, warum der Schwebegleiter verschwunden war. Während der nächsten drei Wochen schickten sie die anderen beiden unbemannten Gleiter täglich zum Olympus Mons, ließen sie dieselbe Route fliegen wie den vermissten Gleiter und suchten nach Wrackteilen, Hinweisen, Erklärungen.

Endlich kam Jamie zu dem Schluss, dass es ihnen nicht gelingen würde, die Ursache für den Absturz des Gleiters zu eruieren. Entweder mussten sie Fuchidas Mission komplett streichen oder ihn trotz des Unglücks fliegen lassen.

Jamie entschied sich für die Exkursion. Nach einem mehrtägigen, hektischen Meinungsaustausch mit Tarawa und Boston wurde seine Entscheidung bestätigt. Die endgültige Entscheidung über die Landung auf dem Vulkan würde allein bei Rodriguez liegen. Falls ihn diese Verantwortung nervös machte oder mit Sorge erfüllte, so ließ er es sich nicht anmerken. Als er und Fuchida in ihre Anzüge stiegen, wirkte er so glücklich wie ein junger Hund, der auf einem alten Strumpf herumkauen konnte.

»Ich werde ins Guinness-Buch der Rekorde kommen«, erklärte er Jamie fröhlich, als dieser ihm beim Anlegen des Anzugs half. Trudy Hall assistierte Fuchida, während Stacy Deschurowa im Kommunikationszentrum saß und die Systeme der Kuppel sowie die Ausrüstung draußen überwachte. Jamie hatte keine Ahnung, wo Vijay war, wahrscheinlich in ihrem Krankenrevier.

»Landung und Start mit einem Flugzeug vom höchstgelegenen Punkt«, quasselte Rodriguez munter, während er seine Finger in die Handschuhe des Anzugs fädelte.

»Längster Flug mit einem bemannten Flugzeug mit Solarantrieb. Größte Höhe für ein bemanntes Flugzeug mit Solarantrieb. Ich könnte sogar den Rekord für den unbemannten Flug mit Solarantrieb brechen.«

»Ist es nicht unfair, einen Flug auf dem Mars mit Flügen auf der Erde zu vergleichen?«, fragte Trudy, während sie Fuchida half, den Lebenserhaltungstornister auf dem Rücken seines Raumanzugs zu befestigen.

Rodriguez schüttelte entschieden den Kopf. »Das Einzige, was in den Rekordbüchern zählt, sind die Zahlen, chica. Nur die Zahlen.«

»Werden sie nicht ein Sternchen neben die Zahlen setzen und eine Fußnote anfügen, in der steht: ›Das war auf dem Mars‹?«

Rodriguez versuchte, die Achseln zu zucken, aber nicht einmal er schaffte das in dem hartschaligen Anzug. »Wen interessiert's, solange sie meinen Namen richtig schreiben?«

Jamie fiel auf, dass Fuchida während der Ankleideprozedur kein Wort gesagt hatte. Tomas redet genug für beide, dachte er. Aber er fragte sich, ob Mitsuo sich Sorgen machte oder nervös war. Er wirkt ganz ruhig, aber vielleicht ist das nur eine Maske. Und überhaupt, so wie Tomas plappert, muss er dermaßen aufgedreht sein, als würde er gleich abheben – na ja, das tut er ja auch. Rodriguez quasselte in einem fort, wie ein Vertreter mit Maschinengewehr-Mundwerk. Jamie fragte sich, ob es die Anspannung war oder die Erleichterung darüber, auf sich selbst gestellt zu sein und das Sagen zu haben. Vielleicht war der Bursche aber auch einfach überglücklich über die Aussicht, fliegen zu dürfen, dachte Jamie.

Schließlich steckten beide Männer in ihren Anzügen, die Helmvisiere waren geschlossen, die Lebenserhaltungssysteme funktionierten und die Funkchecks waren beendet. Jamie und Trudy gingen mit ihnen zur Luftschleuse: zwei Erdenmenschen, die zwei schwerfällige Roboter begleiteten.

Jamie gab Rodriguez die Hand. Mit seinen bloßen Fingern kam er kaum um den Handschuh des Astronauten mit den servogesteuerten Exoskelett-›Knochen‹ auf dem Handrücken herum.

»Alles Gute, Tomas«, sagte er. »Geh da draußen keine unnötigen Risiken ein.«

Rodriguez grinste hinter seiner Sichtscheibe. »He, du weißt doch, wie es heißt: Es gibt alte Piloten und tollkühne Piloten, aber keine alten, tollkühnen Piloten.«

Jamie schmunzelte höflich. »Denk daran, wenn du da draußen bist«, sagte er.

»Mach ich, Boss. Keine Angst.«

Fuchida trat an die Luke, sobald Rodriguez hindurchgegangen war. Selbst in dem klobigen Anzug und mit der spatzenartigen Trudy Hall an seiner Seite wirkte er klein und irgendwie verletzlich.

»Alles Gute, Mitsuo«, sagte Jamie.

Der geschlossene Helm dämpfte Fuchidas Stimme, aber sie klang furchtlos. »Ich glaube, mein größtes Problem ist, dass ich mir auf dem ganzen Weg bis zum Berg Tommys Geplapper anhören muss.«

Jamie lachte.

»Und auf dem Rückweg wahrscheinlich auch«, setzte Fuchida hinzu.

Das Anzeigelämpchen sprang auf Grün, und Trudy drückte auf den Knopf, der die Innenluke öffnete. Fuchida ging mit seiner tragbaren Lebenserhaltungstasche in einer Hand hindurch.

»Sag Vijay, sie soll gut auf den Garten aufpassen«, rief er, als die Luke zuglitt. »Die Rüben brauchen viel Pflege.«

Es ist alles in Ordnung mit ihm, sagte sich Jamie. Er hat keine Angst, er macht sich nicht mal Sorgen.

Sobald sie auf die nebeneinander liegenden Sitze des Flugzeugs geklettert waren und sich an dessen interne Strom- und Lebenserhaltungssysteme angeschlossen hatten, veränderten sich beide Männer.

Rodriguez wurde sachlich und nüchtern. Kein Geplapper mehr. Er überprüfte die Flugzeugsysteme mit ein paar stenographischen Worten der Fliegerfachsprache an Stacy Deschurowa, die als Flugkontrolleurin fungierte.

Fuchida wiederum hämmerte der Puls so laut in den Ohren, dass er sich fragte, ob das Funkgerät in seinem Anzug es aufnahm. Die Kurven auf den medizinischen Monitoren mussten jedenfalls fast schon im roten Bereich sein, so sehr raste sein Herz.

Jamie, Vijay und Trudy Hall drängten sich um den Bildschirm auf dem Pult im Kommunikationszentrum, um über Deschurowas Schulter hinweg den Start zu verfolgen.

Als Flugplatz ließ die Basis viel zu wünschen übrig. Die provisorische Start- und Landebahn war nicht ganz zwei Kilometer lang. Eine Rollbahn gab es nicht; Rodriguez und ein Helfer – oftmals Jamie – drehten das Flugzeug nach der Landung einfach um, sodass es die Piste wieder vor der Nase hatte. Einen Windsack gab es ebenfalls nicht. Die Atmosphäre war so dünn, dass die Windrichtung beim Start kaum eine Rolle spielte. Die Raketentriebwerke brachten das Flugzeug in die Luft und auf die erforderliche Geschwindigkeit, damit die Tragflächen genug Auftrieb für den Flug erzeugten.

Jamie fühlte ein dumpfes Pochen in seinem Kiefer, als er sich über Deschurowa beugte und die letzten Momente vor dem Start mit ansah. Mit einer bewussten Anstrengung löste er die zusammengebissenen Zähne.