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»Wie bitte?«

»Miss Mount Olympus.« Er zeigte nach vorn.

Fuchida sah keinen Berg, sondern nur den Horizont. Jetzt, wo er genauer hinschaute, wirkte er rundlich: ein riesiger, sanft ansteigender Buckel.

Er wuchs, als sie näher kamen. Und wuchs. Und wuchs.

Und wuchs. Olympus Mons war eine ungeheure Insel für sich, ein Kontinent, der sich aus der trostlosen roten Ebene erhob wie ein gigantisches, mythisches Untier. Die Flanken über den steilen Abhängen an seinem Fuß stiegen sanft an.

Diese Steigung konnte man mühelos erklimmen, dachte Fuchida. Dann wurde ihm klar, dass man bei den gewaltigen Dimensionen des Berges Wochen brauchen würde, um vom Fuß zum Gipfel zu gelangen.

Rodriguez summte wieder, ruhig und entspannt, wie ein Mann, der zu Hause in seinem Lieblingssessel sitzt.

»Du fliegst gern, nicht wahr?«, meinte Fuchida.

»Du weißt ja, wie es heißt«, erwiderte Rodriguez, ein heiteres Lächeln in der Stimme. »Fliegen ist das Zweitaufregendste, was ein Mann tun kann.«

Fuchida nickte in seinem Helm. »Und das Aufregendste ist bestimmt Sex, nicht wahr?«

»Nein. Das Landen.«

Fuchida versank in düsteres Schweigen.

Jamie war im Kommunikationszentrum, schaute konzentriert auf den Immersionstisch und versuchte, nicht auf seine Armbanduhr zu blicken.

Tomas ruft gleich nach der Landung an. Es hat keinen Sinn, dass er sich meldet, bevor sie sicher unten sind. Inzwischen hat er wahrscheinlich den Berg erreicht, sieht sich um und vergewissert sich, dass das Gebiet tatsächlich für eine Landung geeignet ist.

Hinter sich hörte er Stacy Deschurowa kurz und knapp sagen: »Sie sind jetzt über dem Berg. Funksignal ist stark und klar, Telemetriedaten kommen durch. Keine Probleme.«

Jamie nickte, ohne sich umzudrehen. Der Immersionstisch zeigte eine dreidimensionale Karte von Tithonium Chasma, aber wenn man den Kopf wegzog, verlor man die räumliche Wahrnehmung und musste eine ganze Weile die Augen zusammenkneifen und den Kopf hin und her bewegen, bis man die Karte wieder in 3D sah.

Er hatte das elektronische Display markiert, sodass sich die Nische in der Felswand mit dem … Artefakt darin, wie Jamie es nannte, deutlich in Weiß abhob. Ist nicht so weit von dem Erdrutsch entfernt, auf dem wir zum Grund des Canyons hinuntergefahren sind, dachte er. Aber wir würden uns eine Tagesreise sparen, wenn wir direkt zu der Stelle führen und ich mich dann an einem Seil runterlassen würde. Hat keinen Sinn, in den Canyon hinunterzufahren; die Nische ist im obersten Viertel der Felswand.

Er wusste, dass es auch noch andere Nischen in der Wand des Canyons gab. Enthielten auch sie Gebäude? Und wir haben uns noch nicht mal die Südwand des Canyons angesehen. In den Felswänden könnten sich Dutzende von Dörfern aneinander reihen. Hunderte.

Hinter sich hörte er jemanden ins Kommunikationszentrum kommen, dann fragte Vijays leise, kehlige Stimme:

»Schon was von ihnen gehört?«

»Noch nicht«, sagte Stacy.

Dann fragte Trudy: »Gibt's irgendwas Neues?«

»Noch nicht«, wiederholte Deschurowa.

Jamie gab den Versuch auf, seine Exkursion zu planen. Er schaltete das dreidimensionale Display ab, und es verwandelte sich in einen normalen Glastisch. Dann drehte er sich zu Deschurowa um, die an der Kommunikationskonsole saß. Der Hauptbildschirm zeigte eine Reliefkarte von Olympus Mons und einen winzigen, leuchtend roten Punkt, der langsam darüber hinwegkroch: das Flugzeug mit Rodriguez und Fuchida an Bord.

»Rodriguez an Basis«, kam die Stimme des Astronauten auf einmal knisternd aus dem Lautsprecher. »Mache einen Probeüberflug über das Landegebiet. Schicke euch mein Kamerabild rüber.«

»Basis an Rodriguez«, antwortete Deschurowa kühl und sachlich. »Probeüberflug, verstanden.« Ihre Finger flogen über die Tastatur, und auf dem Hauptbildschirm war auf einmal eine pockennarbige, mit Felsblöcken übersäte Strecke aus nacktem Gestein zu sehen. »Wir haben Ihr Bild.«

Jamie merkte, wie sein Mund trocken wurde. Wenn dies das Landegebiet ist, kommen sie nie im Leben heil runter.

Rodriguez brachte das Flugzeug in eine leichte Querlage, damit er den Boden besser sehen konnte. Für Fuchida sah es so aus, als würde das Flugzeug auf der linken Flügelspitze stehen, während der harte, nackte Stein unten sich langsam im Kreis drehte.

»Tja«, sagte Rodriguez, »wir haben die Wahclass="underline" Felsblöcke oder Krater.«

»Wo ist die freie Fläche, die uns die Schwebegleiter gezeigt haben?«, fragte Fuchida.

»›Frei‹ ist ein relativer Begriff«, murmelte Rodriguez.

Fuchida schluckte Galle. Sie brannte in seiner Kehle.

»Rodriguez an Basis. Ich umrunde das Landegebiet noch mal. Sagen Sie mir, ob Sie irgendwas sehen, was mir entgeht.«

»Verstanden, erneute Umrundung.« Stacy Deschurowas Ton war knapp, professionell.

Rodriguez spähte angestrengt auf den Boden hinunter.

Die sinkende Sonne warf lange Schatten, die jeden Kiesel und jede Kuhle dort unten hervorhoben. Zwischen einem neu aussehenden Krater und verstreuten Steinen war eine relativ freie, über einen Kilometer lange Fläche. Platz genug zum Landen, wenn die Bremsraketen auf Befehl zündeten.

»Sieht gut aus, finde ich«, sagte er in sein Helmmikro.

»Das nun nicht gerade«, erwiderte Deschurowas Stimme.

»Die Räder werden mit kleinen Steinen fertig.«

»Stoßdämpfer sind kein Ersatz für ebenen Boden, Tomas.«

Rodriguez lachte. Er und Deschurowa hatten diese Diskussion schon ein paar Dutzend Mal geführt, seit die ersten Erkundungsfotos der ULFs eingegangen waren.

»Wende zum Landeanflug«, meldete er.

Deschurowa antwortete nicht. Als Flugkontrolleurin hatte sie die Befugnis, ihm die Landung zu verbieten.

»Setze zum Landeanflug an.«

»Ihr Bild wackelt ein bisschen.«

»Lichtstärke nimmt rasch ab.«

»Ja.«

Fuchida sah den Boden auf sich zurasen. Er war mit Felsbrocken übersät und von Kratern zernarbt und wirkte so hart wie Beton, oder noch härter. Sie kamen zu schnell herunter, dachte er. Er wollte den t-förmigen Steuerknüppel vor sich packen und die Maschine hochziehen, die Raketentriebwerke zünden und dann nur weg, nichts wie weg, solange sie noch die Chance dazu hatten. Stattdessen kniff er die Augen zu.

Etwas traf das Flugzeug so hart, dass Fuchida glaubte, er würde durch das Kanzeldach geschleudert. Sein Sicherheitsgurt hielt jedoch, und fast im selben Moment hörte er das heulende Kreischen der winzigen Bremsraketenmotoren. Das Vorderteil des Flugzeugs schien in Flammen zu stehen. Holpernd und hüpfend ratterten sie dahin wie eine Blechdose, die jemand über ein Geröllfeld gekickt hatte.

Dann ein letztes Schwanken, und aller Lärm und jede Bewegung hörten auf.

»Wir sind unten«, schrie Rodriguez. »Kinderspiel.«

»Gut«, sagte Deschurowas Stimme gleichmütig.

Fuchida musste dringend pinkeln.

»Okay«, sagte Rodriguez zu seinem Partner. »Jetzt bleiben wir einfach bis Sonnenaufgang hier drin sitzen.«

Wie zwei Sardinen in einer Dose, dachte Fuchida, während er sich in den eingebauten Abführschlauch in seinem Anzug erleichterte. Dass sie versuchen sollten, in den Cockpit-Sitzen zu schlafen, eingeschlossen in ihren Anzügen, behagte ihm gar nicht. Aber das war der Preis, den man für die Ehre bezahlen musste, als erste Menschen den Fuß auf den höchsten Berg im Sonnensystem zu setzen.

Beinahe hätte er gelächelt. Ich werde auch ins Guinness-Buch der Rekorde kommen, dachte er.

»Alles in Ordnung?«, fragte Rodriguez.

»Ja, natürlich.«

»Du bist so still, Mitsuo.«

»Ich bewundere die Aussicht«, sagte Fuchida.

Nichts als eine kahle Fläche aus nacktem Gestein, wohin man auch schaute. Der Himmel über ihnen wurde rasch dunkel. Fuchida konnte schon ein paar Sterne sehen, die auf sie herabblickten.