Выбрать главу

Und da war sie! Der Lichtschein der Bake schwankte weit über ihm hin und her, wie das unverwandt auf einen herabschauende Auge eines alles sehenden Erlösers.

Er lehnte sich wieder an die Felswand. Er hatte weiche Knie, und seine Beine waren wie aus Gummi. Scheiße, Mann, du hast echt Angst gehabt.

Jetzt konnte er die Umrisse des herabhängenden Geschirrs ausmachen, an dem mit Klebeband die ausgezogene Stange der Bake befestigt war. Wo, zum Teufel, hat Mitsuo Klebeband her, fragte er sich. Er muss es die ganze Zeit dabeigehabt haben. Das universelle Allheilmittel. Nach unserer Rückkehr zur Erde könnten wir einen Werbespot für das Zeug drehen: Gehen Sie auf dem Mars kein Risiko ein –

tragen Sie auf Schritt und Tritt ein lebensrettendes Klebeband bei sich.

Es schien eine Stunde zu dauern, bis das winzige Licht so nahe war, dass er es packen konnte. Mit nur geringfügig zitternden Händen langte Rodriguez nach oben, ergriff die Bake, riss sie los und schob die Arme ins Klettergeschirr.

Dann ließ er die Verschlüsse zuschnappen und zog versuchsweise am Seil. Es fühlte sich fest und gut an.

Er wollte schon auf den Bedienungsknopf drücken, der die Winde aktivierte, aber dann hielt er inne. »'blick noch«, flüsterte er im Steno der Berufsflieger.

Er bückte sich, hob die Bake auf, zog sie zu ihrer vollen Länge aus und rammte ihr spitzes Ende in eine Spalte in der Basaltwand. Wahrscheinlich bleibt sie nicht sehr lange hier, dachte er, und sie funktioniert sowieso nur, wenn die Sonne ein paar Stunden pro Tag drauf – scheint, aber es war ein befriedigendes Gefühl, ein Andenken zu hinterlassen, dass Menschen von der Erde hier gewesen waren, die Grube betreten, zumindest einige ihrer Geheimnisse gelüftet und überlebt hatten.

»Okay«, sagte er zu sich und hielt sich mit einer Hand am Seil fest. »Ab geht die Post!«

Er drückte auf den Bedienungsknopf und wurde von den Füßen gerissen. Dann merkte er, wie er knirschend, schabend und sich drehend den Felshang hinaufgezerrt wurde. Sein Kopf schlug im Helm hin und her, und seine Beine und gestiefelten Füße hüpften über den Stein.

Schlimmer als jede Simulatorfahrt, die er beim Training durchgestanden hatte. Schlimmer als die Zentrifuge, in der sie ihn herumgewirbelt und hohen G-Kräften ausgesetzt hatten. Diese Nummer wird's nie nach Disneyland schaffen, dachte Rodriguez. Seine Zähne klackerten aufeinander, als er hüpfend und tanzend zum Rand der Caldera hinauffuhr.

Dann war es endlich vorbei. Rodriguez lag keuchend, außer Atem und mit Schmerzen am ganzen Leib da. Fuchidas vom Raumanzug umhüllte Gestalt lag reglos neben ihm auf dem Boden.

Rodriguez rollte sich auf die Seite, so weit sein Tornister es erlaubte. Jenseits von Fuchidas dunkler Silhouette war der Himmel voller Sterne. Strahlend helle, freundliche Sterne schienen auf ihn herab, wie tausendmal tausend Juwelen. Ein himmlischer Anblick.

Ich hab's geschafft, sagte sich Rodriguez. Dann verbesserte er sich: Noch nicht. Kann man noch nicht sagen.

Er legte seinen Helm an den von Fuchida. »He, Mitsuo!

Alles okay?«

Es war eine dämliche Frage, und er wusste es. Fuchida gab keine Antwort, aber Rodriguez glaubte, den Biologen atmen oder vielmehr keuchen zu hören, flach und schnell.

Ich muss ihn zum Flugzeug bringen. Hier draußen kann ich nichts für ihn tun.

So rasch er konnte, legte Rodriguez das Klettergeschirr ab, dann hob er den bewusstlosen Fuchida behutsam hoch und kämpfte sich auf die Beine. Gut, dass wir auf dem Mars sind. Bei normaler Erdschwerkraft könnte ich ihn in seinem Anzug unmöglich hochheben. Und wo, zum Teufel, ist jetzt das Flugzeug?

In der Ferne sah er eine weitere Geo/Met-Bake, die sie aufgestellt hatten. Mit seinem Kameraden auf den Armen ging er in diese Richtung.

Für dich konnte ich das nicht tun, Luis, sagte Rodriguez stumm. Ich wünschte, ich hätte es gekonnt, aber mehr als das kann ich nicht tun.

MITTERNACHT:

SOL 49/50

In der Basiskuppel war es dunkel und still. Die Beleuchtung war auf Schlafenszeitniveau heruntergedimmt, und die Kunststoffhaut war opak, damit keine Wärme in die Marsnacht entwich. Stacy Deschurowa, die noch immer an der Kommunikationskonsole saß, döste ungewollt vor sich hin, als Rodriguez' Anruf kam.

»Wir sind wieder im Flugzeug«, erklärte der Astronaut ohne Einleitung. »Ich möchte mit Vijay sprechen.«

»Vijay!«, rief Stacy mit einer Stimme, die die schläfrige Stille zerbrach. »Jamie!«, setzte sie hinzu.

Eilige Schritte nackter oder bestrumpfter Füße tappten im Halbdunkel über den Kunststoffboden. Vijay glitt auf den Stuhl neben Deschurowa. Ihre pechschwarzen Augen waren weit offen und wach. Jamie und Trudy kamen mit trüben Augen hereingelaufen und blieben hinter den beiden Frauen stehen.

»Hier ist Vijay«, sagte sie. »Wie geht es euch?«

Auf dem Bildschirm konnten sie nur die Helme und Schultern der beiden Männer sehen. Ihre Gesichter waren hinter den stark getönten Sichtscheiben verborgen. Aber Rodriguez' Stimme klang ruhig und fest.

»Mit mir ist alles in Ordnung. Bin ein bisschen durch den Wind, aber das ist nichts weiter. Ich habe Mitsuos Anzug gereinigt und ihn an die Luft-Notversorgung des Flugzeugs angeschlossen. Aber er ist immer noch nicht bei sich.«

»Wie lange ist das her?«, fragte Vijay. Ihr dunkles Gesicht war starr vor Anspannung.

»Fünfzehn, sechzehn Minuten.«

»Und da meldest du dich jetzt erst?«, rief Deschurowa.

»Ich musste seinen Batteriensatz reparieren«, antwortete Rodriguez, ohne sich von ihrem Ton aus der Ruhe bringen zu lassen. »Die Anschlüsse hatten sich gelöst, als er zu Boden geschleudert wurde …«

»Zu Boden geschleudert?«, entfuhr es Jamie.

»Ja. Dabei hat er sich den Knöchel verletzt.«

»Wie schlimm ist die Verletzung?«, fragte Vijay.

»Der Knöchel ist zumindest verstaucht. Vielleicht auch gebrochen.«

»Im Anzug kann man sich gar nichts brechen«, murmelte Jamie. »Nicht bei all den Schutzvorkehrungen.«

»Jedenfalls bekam sein Raumanzug keinen Strom mehr«, fuhr Rodriguez fort. »Ich fand, seine Stromversorgung zu reparieren, war das Zweitwichtigste, was ich zu tun hatte.

Frische Luft in ihn reinzupumpen war das Wichtigste.«

»Und anzurufen das Drittwichtigste«, ergänzte Deschurowa viel sanfter.

»Genau«, sagte Rodriguez.

»Ich kriege seine Daten«, sagte Vijay, den Blick auf den medizinischen Diagnoseschirm gerichtet.

»Ja, sein Anzug ist jetzt okay. Die Batterien sind wieder angeschlossen.«

»Funktioniert sein Kühlsystem?«, fragte Vijay.

»Müsste eigentlich«, sagte Rodriguez. »'blick mal …«

Sie sahen, wie der Astronaut sich vorbeugte und seinen Helm an die Schulter des ohnmächtigen Fuchida legte.

»Jawoll«, verkündete er gleich darauf. »Ich höre die Pumpe tuckern. Das Wasser müsste jetzt wieder durch seine Unterwäsche zirkulieren.«

»Das sollte seine Temperatur senken«, sagte Vijay leise, halb zu sich selbst. »Das Problem ist, er könnte einen Schock von der Überhitzung haben.«

»Was kann ich tun?«, fragte Rodriguez.

Die Ärztin schüttelte den Kopf. »Nicht viel, Kamerad.

Schon gar nicht, wenn ihr beide in eure Anzüge eingeschlossen seid.«

Für einen langen Moment schwiegen sie alle. Vijay starrte auf den medizinischen Monitor. Fuchidas Temperatur sank allmählich. Sein Puls wurde langsamer. Die Atmung war fast schon wieder normal. Eigentlich müsste er …

Der Biologe hustete und bewegte sich. »Was ist passiert?«, fragte er matt.

Alle vier im Kommunikationszentrum begannen zu grinsen. Keiner von ihnen konnte Rodriguez' Gesicht hinter seiner Sichtscheibe sehen, aber sie hörten die Erleichterung in seinem Ton: »Nee, Mitsuo; die Frage heißt: ›Wo bin ich?‹«

Der Biologe setzte sich aufrechter hin. »Ist Trudy da?«