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„Das bedeutet doch bestimmt.!“ begann Lioren, brach den Satz jedoch ab, als Murchison die Hand hob, als bekleidete sie den höheren Rang und nicht er. Aber auf einmal war er zu aufgeregt, um ihr durch die entsprechenden Worte den aufsässigen Kopf zu waschen, wie er es eigentlich hätte tun sollen.

„Das bedeutet, Oberstabsarzt, daß wir sehr vorsichtig vorgehen müssen und den klinischen und psychologischen Zustand der beiden Testpersonen, falls sie nicht sterben, sondern das Bewußtsein wiedererlangen, ganz genau zu überwachen haben, bevor wir den Versuch auf die anderen Patienten ausweiten können“, sagte Murchison. „Diagnostiker Thornnastor glaubt — genau wie alle anderen in seiner Abteilung — , daß wir uns auf dem besten Weg befinden, ein Heilverfahren zu entdecken, und Doktor Prilicla ist sich dessen sogar sicher. Aber bis wir Gewißheit haben, müssen wir uns eine Zeitlang in Geduld üben, erst dann.“

„Wie lange, Murchison?“ verlangte Lioren in rüdem Ton zu wissen.

Priliclas zerbrechlich wirkender Körper wurde geschüttelt, als ob ein starker Wind über das Unfalldeck fegte, aber Lioren hätte den Gefühlssturm aus Ungeduld, Eifer und Aufgeregtheit, der in ihm tobte, genausowenig unterdrücken können, wie er in der Lage gewesen wäre, mit den zarten Flügeln des Empathen zu fliegen. Bei Prilicla wollte er sich später entschuldigen, doch im Moment konnte er an nichts anderes denken als an die ständig abnehmende Zahl von Cromsaggi, die sich immer noch an das Leben auf diesem von der Seuche geplagten Planeten klammerten und jetzt vielleicht eine Überlebenschance hatten. Leiser fragte er: „Wie lange muß ich warten?“

„Das weiß ich nicht, Sir“, antwortete die Pathologin. „Ich weiß nur, daß die Tenelphi angewiesen worden ist, beim Orbit Hospital zu bleiben und sich startbereit zu halten, bis das Medikament für den allgemeinen Gebrauch zugelassen worden ist, um Ihnen unverzüglich den ersten Schub, den wir hergestellt haben, hierherzubringen.“

4. Kapitel

Die Rhabwar flog zum Orbit Hospital mit einem Unfalldeck zurück, das vor allem mit noch nicht erwachsenen Cromsaggi belegt war. Zwar befanden sich im Schiffslazarett der Vespasian — und auf den weit verstreuten Krankenstationen, auf denen Lioren jeden Tag Visite machte — viele erwachsene Patienten, deren Zustand sehr viel ernster war, aber bei jeder Spezies hing das zukünftige Überleben von den Kindern ab, und diejenigen, die das Glück hatten, von Thornnastor behandelt zu werden, würden die ersten sein, die als geheilt entlassen werden könnten.

Colonel Skempton, der Leiter der Ingenieursdivision, die in erster Linie für das Nachschub- und Nachrichtenwesen und die Wartung des Orbit Hospitals verantwortlich war, erinnerte mit höflichen, aber zunehmend sarkastischen Mitteilungen den Oberstabsarzt daran, daß das Hospital — so leer es im Moment auch sein mochte — nicht die gesamte Bevölkerung von Cromsag aufnehmen könne und man für Forschungszwecke schon mehr als genug Mitglieder dieser Spezies geschickt bekommen habe. Doch Lioren ignorierte Skemptons eindringliche Hinweise einfach. Schließlich dürften der gesamten Besatzung der Rhabwar Skemptons unverschlüsselte Nachrichten und die Unterbringungsschwierigkeiten, in die man aufgrund des Platzmangels auf den Hospitalstationen geriet, bekannt gewesen sein, aber Prilicla hatte keinerlei Einwände dagegen erhoben, auch die zusätzlichen zwanzig Patienten zum Hospital zu befördern.

Nach Liorens Dafürhalten mußte es sich bei Prilicla um das am wenigsten unausstehliche Wesen im bekannten Universum handeln, ganz im Gegensatz zu den Cromsaggi, die zwar seine Patienten waren, aber nie seine Freunde werden konnten — es sei denn, die vielen Gottheiten der galaktischen Föderation, an deren Existenz er ohnehin die stärksten Zweifel hegte, nähmen bei der gesamten Spezies eine Umgestaltung des Charakters vor.

Trotzdem verbrachte er die ganze Zeit, die ihm neben dem Essen und Schlafen blieb, damit, die schlimmsten seiner unliebenswürdigen Patienten zu besuchen oder die zweihundert über den Kontinent verteilten Ärzte und Lebensmitteltechniker des Korps anzuspornen, die — nicht immer erfolgreich — versuchten, diese Spezies am Leben zu erhalten. Ständig hoffte er, die Cromsaggi würden ihre Haltung ändern und endlich Bereitschaft zeigen, sich mit ihm zu unterhalten und ihm Auskünfte zu erteilen, die es ihm ermöglicht hätten, ihnen zu helfen, oder daß sich auch nur ein winziger Riß in der anscheinend undurchdringlichen Mauer des unkooperativen Verhaltens zeigen würde, aber vergebens. Das Sterben sowohl der erwachsenen als auch der jungen Cromsaggi ging in stetig wachsender Zahl unablässig weiter, weil der Oberstabsarzt — genau wie das Orbit Hospital — nicht über die Möglichkeiten verfügte, die gesamte Bevölkerung intravenös zu ernähren.

Einmal gelang es den DCSLs sogar, sich trotz der Überwachung vom Boden und vom Orbit aus gegenseitig im Kampf umzubringen.

Zu dem Zwischenfall war es gekommen, als Lioren über eine der Waldsiedlungen geflogen war, die schon lange vorher abgesucht und für von jeder intelligenten Lebensform verlassen erklärt worden war, was sich als ein fataler Irrtum herausstellen sollte, denn die Bewohner hatten sich einfach in den Wald zurückgezogen, um dem Suchtrupp zu entgehen. Als Lioren den kleinen Krieg entdeckte, der von sechs DCSLs auf einer mit Gras bewachsenen Lichtung zwischen zwei Gebäuden ausgetragen wurde, ließ er den Piloten des Flugzeugs, in der normalerweise eine Besatzung von vier Nidianern gesessen hätte, wären nicht seine langen tarlanischen Beine gewesen, einen Halbkreis drehen und landen. Doch bis Dracht-Yur dem Oberstabsarzt dabei geholfen hatte, sich aus dem winzigen Sitz des Flugzeugs herauszuwinden, war der Nahkampf bereits beendet, und vier Cromsaggi lagen reglos auf dem Boden.

Trotz der zahlreichen Bißwunden und der von Händen verursachten Verletzungen, von denen die Körper übersät waren, konnten Lioren und Dracht-Yur sie als drei tote Männer und eine Frau erkennen, deren Lebenserwartung sich nur noch in Sekunden messen ließ. Auf einmal deutete Dracht-Yur auf eine nahe Stelle auf dem Boden, von der aus sich zwei getrennte Spuren im niedergetretenen und blutbespritzten Gras zur offenstehenden Tür von einem der beiden Gebäude hinzogen.

Der Vorteil eines längeren Schritts bedeutete in diesem Fall, daß Lioren Sekunden vor dem Nidianer durch die Tür ging, und der Anblick der beiden sich windenden, blutigen Körper, die sich im tödlichen Kampf auf dem Boden ineinander gekrallt hatten, verstärkten die Wut und den Ekel, die ihn angesichts derart tierischen Verhaltens zwischen angeblich intelligenten Lebewesen befielen. Mit einem Schritt nach vorne schob er schnell einen seiner mittleren Arme zwischen die beiden sich fest zusammenpressenden Körper und versuchte, sie auseinanderzudrücken. Erst da machte er die bestürzende Entdeckung, daß es sich nicht, wie er zuerst angenommen hatte, um zwei Männer handelte, die bis auf den Tod miteinander kämpften, sondern um einen Mann und eine Frau, die gerade Geschlechtsverkehr hatten.

Lioren ließ sie höchst peinlich berührt los und zog sich schleunigst zurück, aber plötzlich lösten sich die beiden DCSLs voneinander und warfen sich auf den Oberstabsarzt, gerade als Dracht-Yur hereinkam und ihm in die Hinterbeine rannte. Durch die Wucht des doppelten Angriffs stürzte Lioren nach hinten, so daß er schließlich ausgestreckt auf dem Boden lag, wobei sich die beiden Cromsaggi über ihm befanden und der Nidianer irgendwo unter ihm. Innerhalb von Sekundenbruchteilen kämpfte er um sein Leben.