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Dieser Elternteil war alt, alt genug, um der Vorfahre von Hellishomars Großelternteil zu sein, und die graue Fäule, von der der alte FLSU befallen war, hatte sich bereits über den gesamten gewaltigen Körper und auch ein ganzes Stück nach innen ausgebreitet. Wie es bei Eltern üblich war, hatte auch dieser Patient die ersten Symptome verheimlicht, um den tagelang anhaltenden starken Schmerzen und gewaltsam zugefügten Wunden aus dem Weg zu gehen, die eine Operation mit sich gebracht hätte, bis ihn die zusehends wachsenden Krebsgeschwülste bewegungsunfähig gemacht hatten und der Verband der Messerheiler von einem der zufällig vorbeikommenden Kleinen über seinen Zustand unterrichtet worden war.

Zwar war Hellishomar für einen Kleinen bereits recht alt und für einen Messerheiler ziemlich groß, doch seine umfassenden Kenntnisse und unvergleichlichen Erfahrungen glichen den Schaden mehr als aus, den er dadurch verursachte, daß er so große Einschnitte machen mußte, um in den Körper des Patienten zu gelangen; die tieferen Gewebeschichten waren jedoch stets sehr weich, so daß er häufig nur einen einzigen Schnitt zu machen brauchte, um sich hindurchzuzwängen, und sich nicht erst einen blutigen Tunnel durch völlig gesundes Fleisch hacken mußte.

Indem er die größeren Blutgefäße umging oder diejenigen, bei denen dies nicht möglich war, durch Hitze versiegelte und die beschädigten Kapillaren, die sich auf natürlichem Wege wieder verschließen würden, einfach nicht beachtete, drang Helishomar mit raschen und genauen Schnitten, ohne Zeit zu verlieren, voran. Bei Operationen tief im Körper mußten die Behälter mit der komprimierten Luft klein sein, denn sonst hätte der Messerheiler einen größeren Einschnitt vornehmen müssen, um in den Körper des Patienten zu gelangen. Zudem hätte er in dem Fall mehr Schaden angerichtet und wäre langsamer vorangekommen.

Dann war es plötzlich zu sehen, das erste innere Anzeichen für die Wucherung, und zwar genau an der vorhergesagten Stelle.

Schräg über den frisch vertieften Einschnitt verlief eine dünne gelbe Röhre, die durch ihre harten Wände und ölige Oberfläche unter den messerscharfen Knochenplatten des Tentakels hatte wegrutschen können. Während sie Nährstoffe aus der grauen, brandigen Wucherung sog, die sich auf der Haut des Elternteils ausgebreitet hatte, und zu der oder den wurzelartigen Herzgeschwülsten tief im Körper leitete, pulsierte sie schwach. Hellishomar änderte die Richtung, um der Röhre weiter nach unten zu folgen.

Innerhalb weniger Augenblicke war auf der einen Seite des Tunnels eine zweite gelbe Röhre zu sehen, zu der sich eine weitere gesellte und dann noch eine, die alle einem einzigen Punkt unter ihm zustrebten. Hellishomar schnitt und zwängte sich zwischen ihnen hindurch, bis die Herzgeschwulst selbst wie eine geäderte, unebene Kugel, die im eigenen schwachen gelben Licht zu glimmen schien, offen vor ihm lag. Vom Umfang her war die Wucherung nur wenig kleiner als Hellishomars Kopf.

Schnell schaffte er sich mit den Knochenplatten über und rings um die wurzelartige Geschwulst Platz, wobei er mehr als zwanzig Wurzelfasern und zwei dickere Röhren durchtrennte, die die Verbindung zu einer oder mehreren weiteren Tochtergeschwülsten darstellten. Dann rückte Hellishomar dem bösartigen Gebilde mit auf volle Stärke gedrehtem Brenner zu Leibe, indem er eine Stellung einnahm, durch die der heiße und blutige Dampf den Einschnitt entlang entweichen und sich auflösen konnte, damit er sozusagen nicht im eigenen Saft geschmort wurde.

Hellishomar hörte erst auf, als die Herzgeschwulst in Asche verwandelt war, und dann schichtete er die Asche zu einem kleinen Haufen auf und setzte sie erneut in Brand. Nun folgte er der Verbindung zur Tochtergeschwulst, die er dabei gleichzeitig hinter sich verbrannte, bis er die zweite Herzgeschwulst entdeckte und ebenfalls mit dem Brenner entfernte. Wenn die Oberflächenmesserheiler später ihre Arbeit beendet hatten, würden die feinen Verbindungen der wurzelartigen Herzgeschwülste zu den Wucherungen auf der Haut des Patienten austrocknen und einschrumpfen, da sie an beiden Enden durchtrennt waren und ihnen keine Nährstoffe mehr zugeführt werden konnten, so daß sie unter minimalen Beschwerden aus dem Körper des Elternteils gezogen werden könnten.

Trotz der Wischer, die sich hin- und herbewegten, um die Augenschützer sauberzuhalten, verschlechterte sich Helishomars Sicht in unregelmäßigen Schüben zunehmend. Dadurch wurden seine Bewegungen stetig langsamer, die Schläge mit den Knochenplatten ungenauer, und die Qualität der Operation sank allmählich auf unterstes Niveau. Nach Helishomars Diagnose war dieser Zustand auf eine Kombination aus kurz bevorstehendem Hitzschlag und drohender Erstickung zurückzuführen, und er machte sofort kehrt, um sich einen Weg zur nächsten Luftröhre zu bahnen.

Plötzlich stießen die Knochenplatten auf erhöhten Widerstand, was darauf hindeutete, daß Hellishomar an die Außenmembran einer Luftröhre gelangt war. Vorsichtig zwängte er sich durch einen Schnitt, der nicht zu lang war, um möglichst wenig Blut austreten zu lassen, aber auch nicht zu kurz, damit Kopf und Oberkörper hindurchpaßten. Dann legte er eine Pause ein und machte sich die Kiemen frei.

Wasser, das noch nicht vom Körper des Elternteils angewärmt war, umspülte Hellishomars überhitzten Körper, ersetzte in seiner Lunge die schale Luft aus dem Behälter und machte ihm sowohl den Kopf als auch die Augenschützer wieder frei. Doch seine Freude währte nicht lange, denn als der Elternteil ein paar Augenblicke später zur Sauerstoffatmung überging, wurde aus dem Schwall klaren, durch die Kiemen gefilterten Wassers ein dünnes Rinnsal. Rasch zog Hellishomar auch den übrigen Körper durch den Einschnitt, streckte die Tentakel mit den Knochenplatten an der Spitze zu voller Länge aus und trieb die flachen, winkelförmigen Kerben in die Wand der Luftröhre, die es ihm ermöglichen würden, sich über dem Einschnitt festzuhalten, wenn der eingeatmete Luftstrom an ihm vorbeistürmte.

Durch das Nervensystem waren dem Elternteil sämtliche Vorgänge in seinem gewaltigen Körper bewußt und auch die genaue Stelle, an der sie sich ereigneten, und zudem wußte er, daß Wunden an der Luft leichter als im Wasser verheilten. Während Hellishomar die Ränder des Schnitts in der Luftröhre fachmännisch zusammenzog und vernähte, wünschte er sich, daß einer der großen Groalterri nur ein einziges Mal seinen Verstand benutzen würde, um ihm eventuell für den operativen Eingriff zu danken, der das Leben der Patienten zu verlängern pflegte, oder auch nur um seine Selbstsucht zu tadeln, die in ihm den Wunsch nach solchen Danksagungen hervorrief, oder einfach nur um seine Existenz zur Kenntnis zu nehmen.

Eltern wußten zwar alles, sprachen über ihr Wissen aber nur mit anderen Eltern.

Der durchs Einatmen hervorgerufene Wind legte sich, und bevor sich das Elternteil zum Ausatmen anschickte, herrschte einen Augenblick lang völlige Windstille. Hellishomar überprüfte ein letztes Mal die Nähte der Wunde, ließ die Wand los und ließ sich auf den weichen Boden der Luftröhre fallen. Dort rollte er sich zu einer Kugel zusammen, indem er die Tentakel um den Körper schlang, und wartete.

Mit einemmal wurde sein Körper in die Höhe gehoben und von einem orkanartigen Sturm die Luftröhre entlanggewirbelt, bis er schließlich draußen auf dem Boden der Außenwelt landete.

„Dort hat sich Hellishomar ausgeruht und die Luft- und Brennstoffvorräte aufgefüllt“, fuhr Lioren fort, „weil sein Patient alt und groß gewesen ist und noch eine Menge Arbeit zu erledigen war.“

Er machte eine Pause, um O'Mara Gelegenheit zu einer Anmerkung zu geben. Als Lioren bei seiner Rückkehr von der Station des Groalterris umgehend um Erlaubnis gebeten hatte, O'Mara einen mündlichen Bericht zu erstatten, hatte der Chefpsychologe seiner Überraschung in einem Ton Ausdruck gegeben, den Lioren mittlerweile als Sarkasmus erkannte, doch danach hatte der Major zugehört, ohne den Tarlaner zu unterbrechen oder sich zu regen.