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„Conway hat die Absicht, die bei der ganzen gogleskanischen Spezies bestehende geistig-seelische Ausrichtung zu durchbrechen, indem er Mutter und Kind die Erfahrung machen läßt, nach und nach immer mehr verschiedenen Lebensformen ausgesetzt zu sein, die intelligent und zivilisiert sind und eindeutig keine Bedrohung darstellen“, fuhr Khone fort. „Dahinter steckte der Gedanke, insbesondere das Kind an die Konfrontation mit fremden Spezies derart zu gewöhnen, daß es sowohl bewußt als auch unterbewußt imstande sein wird, erfolgreich den blinden Trieb zu bekämpfen, der früher die Ursache für jene Kurzschlußhandlung gewesen ist, die zum Zusammenschluß geführt hat. Zudem sind vom Hospital Geräte entwickelt worden, die den akustischen Notruf verfälschen, so daß er nicht wiederzuerkennen ist. In dem Fall würden sich der auslösende Reiz und die daraus entstehende blinde Zerstörungswut auf die Fähigkeiten eines einzelnen beschränken und nicht eine große Gruppe erfassen, die gemeinsam vorgeht. Eine andere Lösung des Problems, auf die der Auszubildende bestimmt auch schon gekommen ist, wäre, die Fühler zu entfernen, die den telepathischen Kontakt ermöglichen, und auf diese Weise einen Zusammenschluß von vornherein auszuschließen. Doch diese Maßnahme scheidet aus, weil die Fühler nicht nur benötigt werden, um die ganz jungen Gogleskaner zu trösten und sie später zu unterrichten, sondern auch, um die Freuden bei der Paarung zu vergrößern. Außerdem leiden die Gogleskaner schon unter genügend Entbehrungen, ohne sich auch noch freiwillig zu emotionalen Krüppeln machen zu lassen.

Wie es Conway erwartet und die Gogleskanerin es sich erhofft, wird diese zweiseitige Inangriffnahme des Problems die gogleskanische Spezies in die Lage versetzen, sich beständig weiterzuentwickeln und zu einer Zivilisationsstufe vorzudringen, die ihrer Intelligenz entspricht“, beendete Khone ihre Ausführungen.

Normalerweise empfand es Lioren als schwierig, in der Übersetzung des Translators emotionale Untertöne festzustellen, doch diesmal war er überzeugt, daß seine Gesprächspartnerin von einer tiefen Unsicherheit ergriffen war, die sie ihm gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht hatte.

„Der Auszubildende kann sich irren, aber er spürt, daß die gogleskanische Ärztin und Patientin beunruhigt ist“, sagte er deshalb. „Ist sie mit der Behandlung, die sie bekommt, nicht zufrieden? Oder bestehen hinsichtlich der Fähigkeiten oder Erwartungen von Conway irgendwelche Zweifel.?“

„Nein!“ fiel ihm Khone ins Wort. „Mit dem Diagnostiker ist es zu einer kurzen, unbeabsichtigten Geistesverschmelzung gekommen, als er Goglesk besucht hat. Seine Fähigkeiten und Absichten sind bekannt und über jede Kritik erhaben. Doch sein Kopf hat voller seltsamer Erfahrungen und Gedanken anderer Wesen gesteckt, die so fremdartig gewesen sind, daß die Gogleskanerin einen Ruf nach Zusammenschluß ausstoßen wollte. Von Conways Verstand hat sie eine Menge gelernt, wenngleich das meiste nach wie vor unverständlich bleibt, doch ist von Anfang an klar gewesen, daß Conway nur einen kleinen Teil seines Kopfes für das gogleskanische Vorhaben frei hat. Als zum erstenmal Bedenken angemeldet worden sind, hat der Diagnostiker zugehört und sich in zuversichtlichen und beruhigenden Worten dazu geäußert, und es kann sein, daß Conway das nichtmedizinische Problem nicht voll und ganz versteht. Ich kann und will nicht glauben, daß von all den intelligenten Lebensformen, aus denen die Föderation besteht, allein die gogleskanische Spezies von der Macht, die über alles gebietet, für immer und ewig zu selbstverschuldeter Barbarei verurteilt und verdammt ist.“

Einen Augenblick lang schwieg Lioren und fragte sich, ob er kurz davor stand, schon wieder in ein Problem hineingezogen zu werden, das eher philosophischer als medizinischer Natur war. Zudem war er unsicher, ob er als tarlanischer Ungläubiger das Recht oder die Fähigkeit hatte, sich an einer Diskussion über die Theologie einer fremden Spezies zu beteiligen.

„Wenn es zu einem telepathischen Kontakt gekommen ist, dann muß der Diagnostiker doch gesehen und verstanden haben, was im Kopf der Ärztin vorgeht, so daß die Bedenken womöglich grundlos sind“, sagte er. „Aber der Angeklagte kennt sich auf diesem Gebiet überhaupt nicht aus. Falls die Ärztin es wünscht, wird sich der Auszubildende diese Bedenken anhören und sie nicht einfach als belanglos abtun. Vorhin ist die Befürchtung geäußert worden, die Lage auf Goglesk würde sich niemals ändern. Könnte der Grund für diese Befürchtung noch ausführlicher erklärt werden?“

„Ja“, antwortete Khone mit leiserer Stimme als zuvor. „Dabei handelt es sich um die Befürchtung, daß ein Lebewesen den Lauf der Evolution nicht verändern kann. Als es zur telepathischen Verbindung gekommen ist, war aus Conways Verstand und aus den Gedanken und Überzeugungen der Wesen, die diesen zu jenem Zeitpunkt mit ihm geteilt haben, klar ersichtlich,

daß die Zustände auf Goglesk anomal sind. Auf den anderen Planeten der Föderation kämpfen denkende Lebewesen mit vereinten Kräften und aller Anstrengung gegen die zerstörerischen Kräfte der Umwelt und das instinktive, tierische Verhalten an. Von einigen wird dieser Kampf als das ständige Ringen, dem Chaos Ordnung aufzuzwingen, bezeichnet, und von vielen anderen als die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse und unter anderem von den Terrestriern als der Kampf zwischen Gott und dem Teufel. Auf all diesen Planeten ist es das Erstgenannte, das — manchmal unter großen Schwierigkeiten — die Vorherrschaft über das letztere erlangt. Aber auf Goglesk gibt es längst keinen Gott mehr; nur der vorgeschichtliche, aber immer noch allmächtige Teufel herrscht dort.“

Der aufgerichtete, eiförmige Körper der Gogleskanerin zitterte, ihr Haar hatte sich wie lange, vielfarbige Grasbüschel aufgerichtet, und an den Spitzen der vier gelben Borsten, bei denen es sich um die Stacheln handelte, hingen Perlen aus Gift. Denn an Khones geistigem Auge zogen wieder die Bilder vorbei, die sich unauslöschlich in das Gedächtnis ihrer Spezies eingeprägt hatten, die furchtbaren Bilder einschließlich der durch die telepathische Verbindung mitempfundenen Todesqualen, als Khones Vorfahren, die sich zu Gruppen zusammengeschlossen hatten, von gewaltigen Raubtieren in blutige Fetzen gerissen worden waren. Wie Lioren vermutete, wäre das Signal äußerster Bedrängnis, der Ruf nach Zusammenschluß, bereits erfolgt, wenn Khone ihr instinktives Entsetzen nicht durch den Hinweis an sich selbst bekämpft hätte, daß der einzige weitere Gogleskaner, zu dem sie telepathischen Kontakt aufnehmen konnte, ihr eigenes schlafendes Kind war.

Allmählich ließ Khones Zittern nach, und als die aufgerichteten Haare und die Stacheln wieder eng am Körper anlagen, fuhr sie fort: „Es herrscht große Angst und noch größere Verzweiflung. Nach Ansicht der Gogleskanerin reicht die Hilfe des terrestrischen Diagnostikers, obwohl er guten Willens ist und ihm die Mittel dieses riesigen Hospitals zur Verfügung stehen, nicht aus, um das Schicksal eines Planeten zu verändern. Etwas anderes zu glauben ist von diesem Arzt eine törichte Selbsttäuschung, aber gleichzeitig wäre es äußerst undankbar, Conway von dieser Ansicht zu erzählen. Überall in der Föderation besteht ein Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos oder Gut und Böse, doch daß eine Gogleskanerin und ihr Kind etwas an dem Schicksal, den Gewohnheiten, dem Denken und der Einstellung der Bevölkerung eines ganzen Planeten ändern könnten, ist unvorstellbar.“

Lioren machte das Zeichen, mit dem Tarlaner etwas verneinten, doch dann fiel ihm ein, daß die Geste für Khone keine Bedeutung hatte. „Die Ärztin irrt sich. Auf vielen verschiedenen Planeten gibt es zahlreiche Beispiele für einzelne Wesen, die genau das geschafft haben. Zugegebenermaßen hat es sich bei dem Betreffenden jedesmal um jemanden mit besonderen Fähigkeiten gehandelt, um einen großartigen Lehrmeister, Gesetzgeber oder Philosophen, und die jeweiligen Anhänger haben ihn für die Verkörperung ihres Gottes gehalten. Daß die Ärztin und ihr Kind mit Conways Hilfe den Lauf der gogleskanischen Geschichte verändern werden, ist zwar nicht sicher, aber durchaus möglich.“