Выбрать главу

Das Ministerium marschierte in Harleys Büro. Der Große setzte sich in den Lehnstuhl, Grüner Bleistift auf den Holzstuhl. Harley hinter seinen Schreibtisch. Für mich kein Sitzplatz; ich lehnte mich gegen die Wand.

«Tja, also«, sagte der große Mann.»Es sieht so aus, als hätte jeder auf diesem Flugplatz Gelegenheit gehabt, an der Cherokee herumzupfuschen. Jeder aus der Firma und alle Kunden, die an bewußtem Morgen zufällig hier waren, und überhaupt jeder, der an jenem Tag hier war, um sich den Betrieb mal anzusehen. Wir gehen davon aus, daß die Bombe für Colin Ross gedacht war, aber wirklich wissen können wir das nicht. Falls es jedoch so war, hatte irgend jemand eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wann er sich in dem Flugzeug befinden würde.«

«Letztes Rennen um halb fünf. Er hat daran teilgenommen«, sagte Harley.»Man braucht nicht lange nachzurechnen, um darauf zu kommen, daß er um zwanzig vor sechs in der Luft sein würde.«

«Siebzehn Uhr siebenundvierzig«, sagte der große Mann.»Um genau zu sein.«

«Na ja, sei’s drum«, erwiderte Harley gereizt.

«Ich frage mich, worin die Bombe versteckt war«, sagte der große Mann nachdenklich.»Haben Sie in den Verbandskasten gesehen?«

«Nein«, sagte ich verwundert.»Ich habe nur überprüft, ob er da war. Ich sehe nie hinein. Genausowenig wie in die Feuerlöscher oder unter die Sitze oder in die Schwimmwestenhüllen…«

Der große Mann nickte.»Überall da hätte die Bombe sein können. Oder sie war doch in diesem hübschen Päckchen.«

«Und hat munter vor sich hin getickt«, sagte Harley.

Ich löste mich langsam von der Wand.»Angenommen«, sagte ich zögernd,»angenommen, sie war an keinem dieser Plätze. Angenommen, sie war tiefer versteckt, wo man sie nicht sehen konnte. Irgendwo zwischen der Kabinenwand und der Außenhaut — wie eine Haftmine zum Beispiel. Angenommen, daß sie durch diesen turbulenten Flug

— und all die Kurven, die ich machen mußte, um den Gewitterwolken auszuweichen — verrutscht ist, so daß sie zwischen die Höhenruderzüge geraten ist… Angenommen, das war es, was ich spüren konnte — und warum ich beschlossen habe zu landen… daß wir also unsere Rettung schließlich der Bombe selbst zu verdanken haben.«

Kapitel 5

Am nächsten Tag flog ich mit der Aztec fünf Jockeys und Trainer von Newmarket zu den Rennen in Newcastle und wieder zurück und hörte, wie sie über die Extrakosten maulten. Am Abend probierte ich die ErsatzCherokee aus, die bei eingeschaltetem Autopiloten permanent die linke Tragfläche runterhängen ließ, einen unbrauchbaren Kraftstoff-Durchflußmesser hatte und eine Überlastung des Stromkreises anzeigte.

«Sie ist nicht besonders gut«, sagte ich zu Harley.»Sie ist alt und laut und wahrscheinlich ein Benzinfresser, und ich glaube nicht, daß die Batterie noch richtig geladen wird.«

Er unterbrach mich.»Sie fliegt, sie ist billig, und Joe wird sie reparieren. Ich nehme sie.«

«Außerdem ist sie orange und weiß, genau wie die von Polyplane.«

Er warf mir einen gereizten Blick zu.»Das weiß ich. Ich bin nicht blind. Und es ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, daß es früher deren Maschine war.«

Er wartete darauf, daß ich widersprach, damit er mich zurechtweisen konnte, also sparte ich mir den Protest. Statt dessen zuckte ich die Achseln. Wenn er seinen erbittertsten Rivalen gegenüber zugeben wollte, daß er tief genug gesunken war, um eine ihrer längst ausgemusterten, klapprigen, alten Mühlen zu kaufen, dann war das seine Sache.

Er unterzeichnete den Leasingvertrag gleich an Ort und Stelle und gab ihn dem Piloten, der das Flugzeug hergebracht hatte und mit dem Zug zurückfahren würde. Der Pilot lächelte mitleidig und ging kopfschüttelnd davon.

Die orange-weiße Cherokee kam in den Hangar, wo Joe sie sich vornehmen sollte, und ich ging über den Weg, der am Rande des Flugfeldes entlangführte, in mein trautes Heim.

Ein Wohnwagen für die Piloten. Larry hatte vor mir dort gewohnt und andere vor ihm: Harleys Taxipiloten blieben im Durchschnitt acht Monate, und die meisten von ihnen entschieden sich für den Wohnwagen, weil das die einfachste Lösung war. Er stand auf einem staubigen Stück Beton, dem Estrich einer ehemaligen Royal-Air-Force-Baracke, und war an die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abflußrohre angeschlossen, die einmal längst vergessenen Militärfliegern gedient hatten.

Für einen Wohnwagen mußte das Ding einmal eine recht stolze Erscheinung gewesen sein, aber Generationen biertrinkender Junggesellen hatten an sämtlichen Möbeln winzige Zahnabdrücke von Flaschenverschlüssen zurückgelassen und kreisförmige, fettige Kopfabdrücke an der Wand über jedem Sitzplatz. Flughafenschmutz hatte die Polster aus grauem Feincord mit einer gräulichen Kruste überzogen, die hier und da durch dunklere, unregelmäßige Flecken belebt wurde. Schäbige Pin-ups mit übermenschlich entwickelten Brüsten klebten an den Wänden inmitten unzähliger heller Flecke, die die Stellen verrieten, an denen Dutzende ähnlicher Bilder vor ihnen gehangen hatten. Verblichene grüne Vorhänge, tausendmal von verkaterten Piloten geöffnet und wieder geschlossen. Der fleckige Spiegel war Zeuge so mancher Desillusionierung geworden, und die Federn des Bettes waren unter dem Gewicht einer gleichgültigen Abfolge von Piloten eingesackt, die keine bessere Beschäftigung gekannt hatten als Honey.

Ich hatte vergessen, mir etwas zu essen zu besorgen. In der Küche befanden sich eine halbe Packung Cornflakes und etwas Instantkaffee. Beides nutzte mir nicht viel, da der halbe Liter Milch von gestern in der Wärme sauer geworden war. Ich wünschte alles zum Teufel, lümmelte mich auf den Zweisitzer, der ein Sofa sein wollte, und zog resigniert die beiden Briefe aus der Tasche, die ich seit heute morgen ungeöffnet mit mir herumschleppte.

Einer kam von einem Fernsehverleih und enthielt die Bestätigung, daß man den Mietvertrag, wie von mir beauftragt, von Larrys Namen auf meinen umschreiben würde, und ob ich bitte so freundlich sein könnte, sofort für die sechs Wochen zu bezahlen, die er ihnen schuldig geblieben war. Der andere Brief, von Susan, sagte kurz und bündig, daß ich mal wieder mit den Unterhaltszahlungen im Rückstand sei.

Ich legte beide Briefe weg und starrte blicklos durch das gegenüberliegende Fenster in den sich verdunkelnden Sommerhimmel. Der leere Flugplatz schlief in der Dämmerung, still, leise, anspruchslos und düster — genau das, was ich jetzt brauchte, um ein paar kleinere Reparaturen an der Seele vorzunehmen. Das Dumme war nur, daß ich länger dafür brauchte, als ich erwartet hatte. Manchmal fragte ich mich, ob ich jemals wieder dorthin käme, wo ich einmal gewesen war. Vielleicht gab es, wenn man sein Leben so gründlich vermurkst hatte wie ich, nie mehr ein Zurück. Vielleicht würde ich eines nicht allzu fernen Tages aufhören, mir das überhaupt zu wünschen. Vielleicht würde ich eines Tages die unbefriedigende Gegenwart nicht nur als eine heilsame Übergangszeit betrachten, sondern als den Endzustand. Das wäre traurig, dachte ich. Traurig, mich für alle Zeit der Leere zu überlassen.

Ich hatte drei Pfund in der Tasche und sechzehn auf der Bank, aber immerhin hatte ich endlich all meine Schulden bezahlt. Die Geldstrafe, die mich fast erdrosselt hatte, die Scheidung und die gigantischen Rechnungen, die Susan während der letzten Wochen unseres Zusammenlebens in einer kalten Orgie des Hasses überall hatte auflaufen lassen

— all das war geregelt. Das Haus war der Besonderheiten meines Berufs wegen immer auf ihren Namen eingetragen gewesen, und sie hatte sich wie ein Blutegel daran festgesaugt. Sie lebte noch immer darin, kassierte triumphierend ein Viertel dessen, was ich verdiente, und schrieb böse kleine Briefe, wenn ich nicht auf die Minute pünktlich zahlte.

Ich verstand nicht, wie eine Liebe so elendig zugrunde gehen konnte; im Rückblick konnte ich das immer noch nicht begreifen. Wir hatten einander angeschrieen, hatten einander geschlagen, einander weh tun wollen. Aber als wir damals heirateten, mit neunzehn Jahren, da waren wir so voller Zärtlichkeit füreinander gewesen, unzertrennlich und glückselig. Als es anfing schiefzugehen, sagte sie, es läge daran, daß ich so viel weg sei, dauernd diese langen Zehn-Tages-Touren nach Westindien, und alles, was sie hatte, war ihre Arbeit als Arzthelferin und die stumpfsinnige, endlose Hausarbeit. In einer Aufwallung von Zuneigung und Sorge um sie kündigte ich bei der B.O.A.C. und ging statt dessen zu Interport, wo ich Kurzstrecken flog und die meisten Nächte zu Hause verbrachte. Dort war die Bezahlung eine Spur, waren meine Zukunftsaussichten mehr als eine Spur schlechter als zuvor, aber ungefähr drei Monate lang waren wir glücklicher. Danach kam eine lange Phase, in der wir beide versuchten, das Beste daraus zu machen, und dann ein letztes halbes Jahr, in dem wir Nerven und Gefühle des anderen in Fetzen rissen.