Es entstand eine kleine Pause. Dann sagte ich:»Wie dem auch sei, ich glaube, wir hatten die Bombe die ganze Zeit über bei uns. Schon als ich morgens losflog.«
Er drehte den Kopf hin und her und dachte darüber nach.»In diesem Fall… Larry?«
«Würde er das tun?«
«Wer weiß. Durchtriebener Bursche. Hat Nancy um hundert Pfund erleichtert. Aber eine Bombe… Und vor allem, warum?«
Ich schüttelte den Kopf.
Colin meinte:»Bomben haben entweder einen politischen Hintergrund, oder es gibt einen lieben Verwandten, der die Versicherung kassieren will.«
«Fanatiker oder Familie. «Ich unterdrückte den Impuls zu gähnen.
«Sie beschwert das nicht besonders, wie?«fragte er.
«Nicht übermäßig.«
«Es beunruhigt Sie nicht genug, um sich zu fragen, ob der Bombenleger es noch einmal versuchen wird?«
«Nicht mehr, als es Sie beunruhigt.«
Er grinste.»Ja… gut. Es wäre ganz praktisch zu wissen, wessen Name auf dem Ding gestanden hat. Man würde verdammt blöd dastehen, wenn man umständliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffe und am Ende der Major dran glauben müßte. Oder Sie.«
«Ich?«sagte ich erstaunt.
«Warum nicht?«
Ich schüttelte den Kopf.»Ich stehe niemandem im Weg, bei nichts.«
«Vielleicht sieht das jemand anders.«
«Nur ein Spinner.«
«Man muß schon ein Spinner sein — ein richtiggehender Psychopath —, um in einem Flugzeug eine Bombe zu legen.«
Tyderman und Annie Villars kehrten mit zwei weiteren Personen, einem Mann und einer Frau, von der Bar zurück.
«Gütiger Himmel!«sagte Colin kaum hörbar.»Da kommt jetzt mein Chanter. «Er sah mich vorwurfsvoll an.»Sie haben mir nicht erzählt, wer die anderen Passagiere sein würden.«
«Ich kenne sie nicht. Wer sind sie? Ich bin nicht für die Buchungen verantwortlich.«
Wir standen auf. Die Frau, die zwar die Dreißig überschritten hatte, jedoch gekleidet war wie ein Teenager, ging direkt auf Colin zu und küßte ihn überschwenglich auf die Wange.
«Colin, mein Schatz, es war noch ein Platz frei, und Annie sagte, ich könne mitkommen. War das nicht schrecklich nett von ihr?«
Colin warf Annie, die ganz unbeteiligt tat, einen bösen Blick zu.
Die Kindfrau hatte einen starken Oberschichtakzent, trug weiße Kniestrümpfe, ein kamelhaarfarbenes Kleid mit hoher Taille, mehrere klirrende Goldarmbänder, dünnes, langes, dunkelblondes Haar, ein exotisches Parfüm Marke» Haut-dich-um «und ein Gehabe, als erwarte sie, daß jedermann ihr zu Füßen liegen und für sie durchs Feuer gehen würde.
Sie hakte sich bei Colin unter, so daß er sich nicht von ihr losreißen konnte, ohne daß es eine Kränkung gewesen wäre, und sagte mit irgendwie unangenehmer Fröhlichkeit:»Na, kommt schon! Den Tapferen gehört die Welt! Der reinste Nervenkitzel, heutzutage mit Colin zusammen zu fliegen, was?«
«Du brauchst ja nicht mitzukommen«, sagte Colin, ohne sein Wunschdenken in dieser Hinsicht ganz zu verbergen.
Sie schien nichts davon zu merken.»Ah, Schatz«, sagte sie,»es ist einfach zu faszinierend. Nichts könnte mich davon abhalten.«
Sie gingen zur Tür, gefolgt von dem Major, Annie und dem neuen Mann und schließlich mir als Schlußlicht. Der neue Mann war ziemlich groß und hatte die gleiche Ausstrahlung wie die Frau — als erwarte er, daß alle Welt nach seiner Pfeife tanzte. Der Major und Annie Villars tanzten denn auch eifrig, die Ohren demutsvoll gespitzt, um alle Weisheiten, die er von sich gab, aufzuschnappen und bei jeder Meinungsäußerung zustimmend zu nicken.
Die beiden Teenies, die ich neben dem verschlossenen Flugzeug postiert hatte, schoben immer noch Dienst, was eher dem Versprechen eines Autogramms von Colin als meinem Geld zu verdanken war. Sie bekamen beides und waren hochzufrieden. Niemand, versicherten sie mir aufgeregt, sei auch nur nahe genug herangekommen, um zu fragen, was sie da täten. Niemand hätte auch nur ein Stück Kaugummi in das Flugzeug hineinschmuggeln können, ganz zu schweigen von einer Bombe.
Colin, der munter seine Autogramme kritzelte, warf mir einen belustigten und dankbaren Seitenblick zu und meinte, das sei billig erkaufte Sicherheit. Er war weit weniger belustigt, als er feststellte, daß die ihm so zugetane Dame auf einem der Rücksitze Platz genommen hatte und ihn jetzt zu sich heranwinkte.
«Wer ist das?«fragte ich.
«Fenella Payne-Percival. Alias Fenella Nervensäge.«
Ich lachte.»Und der Mann?«
«Der Herzog von Wessex. Annie läßt heute ein Pferd für ihn starten.«
«Doch nicht wieder Rudiments?«
Er schaute überrascht von dem zweiten Autogrammheft auf.»Doch. So ist es. Ein bißchen früh, hätte ich gedacht.«
Er war fertig mit dem Heft und gab es zurück.»Aber es ist nicht Kenny Bayst, der ihn reitet«, bemerkte er mit ironisch-trockener Stimme.
«Was Sie nicht sagen.«
Die Passagiere hatten sich auf eine Sitzordnung geeinigt. Annie und der Herzog nahmen in der Mitte Platz, und der Major wartete neben den beiden vorderen Sitzen, um mir den Vortritt zu lassen. Als ich auf die Tragfläche stieg, nickte er sein steifes kleines Nicken und zupfte an seinem Schnurrbart. Weniger angespannt und eine Spur weniger hölzern als beim letzten Mal. Statt Goldenberg war heute der Besitzer mit von der Partie, und Kenny war nicht dabei, um die Gemüter zu erhitzen. Niemand würde heute einen Coup landen, dachte ich. Nichts konnte schiefgehen.
Der Flug verlief problem- und ereignislos. Ich hielt zunächst auf das Funkfeuer Ottringham an der Küste zu und nahm von dort aus, das Funkfeuer im Rücken, direkten Kurs auf Redcar. Glatte Landung auf der Rennbahn. Die Passagiere gähnten und lösten ihre Sicherheitsgurte.
«Ich wünschte, jede Rennbahn hätte eine kleine Landebahn«, sagte Colin mit einem Seufzer.»Das macht alles so viel leichter. Ich hasse diese Taxihektik vom Flugplatz zur Rennbahn.«
Die flugzeugfreundlichen Rennbahnen stellten eine Minderheit dar — eine Schande angesichts der Tatsache, daß auf den meisten Platz genug dafür wäre, sich bloß niemand darum kümmerte. Harley bekam regelmäßig Wutanfälle, wenn er zehn oder fünfzehn Meilen weit entfernt von einer Rennbahn landen und für den Weitertransport der Passagiere sorgen mußte. All die an geeigneten Plätzen untergebrachten und mit erstklassigen Pisten ausgestatteten Royal-Air-Force-Flughäfen, die private Flugzeuge entweder überhaupt nicht landen ließen oder ihre Pforten an Wochentagen um fünf Uhr nachmittags schlossen und ganztägig an Samstagen, brachten ihn zur Verzweiflung. Was auch für jene Flugplätze galt, deren Besitzer sagten, sie könnten nicht die Verantwortung für den Start und die Landung eines Flugzeugs übernehmen, wenn sie nicht einen Feuerwehrwagen in Bereitschaft hatten — obwohl nicht einmal Harleys eigene Versicherung darauf bestand.
«Die Engländer sind der Luftfahrt gegenüber genauso aufgeschlossen wie Ringelwürmer«, sagte Harley.
Auf der anderen Seite hatte Honey im Büro eine Liste an die Wand geheftet, die mit großen, roten Lettern überschrieben war:»Gott schütze…«und dann all die freundlichen und entgegenkommenden Plätze wie Kempton Park aufführte, wo man auf der Tausend-Meter-Geraden landen durfte (außer bei Tausend-Meter-Rennen), sowie einige Stützpunkte der Royal Air Force wie Wroughton, Leeming und Pershore, die sich wirklich redlich bemühten, und die Flugplätze, die auch dann Landungen zuließen, wenn sie offiziell geschlossen waren. Das Schlußlicht der Liste bildeten die Pisten in Privathand, deren Besitzer die Benutzung ihrer Einrichtungen großzügig gestatteten, wann immer einem danach zumute war.
Harleys Vorstellung vom Himmel war eine offene, öffentliche Landebahn vor jeder Stadt und ein Windstrumpf sowie eine Achthundert-Meter-Bahn auf jedem Rennplatz. Das sei doch nicht zuviel verlangt, jammerte er. Nicht in Anbetracht Dutzender riesiger Flughäfen, die während des Zweiten Weltkriegs erbaut worden waren und jetzt ungenutzt brachlagen.