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«Angenommen, sie versuchen es noch einmal?«

«Nein. «Er schüttelte vorsichtig den Kopf.»Die kommen nicht zweimal.«

Er hatte bisher am Rumpf des Flugzeugs gelehnt, richtete sich jetzt jedoch auf, begutachtete sein Spiegelbild im Fenster der Polyplane-Maschine, spuckte auf sein Taschentuch und wischte sich den größten Teil des Blutes vom Gesicht.

Die Nase hatte aufgehört zu bluten. Er betastete sie vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger.

«Bewegt sich nichts. Knirscht auch nicht. Das war anders, als ich mir die Nase mal gebrochen hatte.«

Ohne das Blut sah er unter dem roten Haar blaß, aber nicht krank aus.»Ich komme jetzt wohl zurecht. Aber ich werde trotzdem ins Flugzeug steigen und mich hinsetzen, denke ich… Bin nämlich mit denen hierhergekommen…«

Ich half ihm hinein. Er ließ sich entkräftet auf seinen Platz sinken und sah mir nicht nach jemandem aus, der in sechsundvierzig Stunden fit genug sein würde, um ein Rennpferd zu reiten.

«Hey«, sagte er,»ich habe mich überhaupt nicht erkundigt… Sind Sie eigentlich selbst okay?«

«Ja… Ich werde Ihren Piloten jetzt dazu bewegen, Ihnen einen Whisky zu besorgen.«

Seine Reaktion zeigte, wie unsicher er sich noch immer fühlte.»Das wäre nur… recht und billig. Aber er wird nicht gehen.«

«Er geht«, sagte ich.

Er ging. Die britische Fliegerei ist eine kleine Welt. Jeder kennt jemanden, der jemand anderen kennt. Gewisse Neuigkeiten sprechen sich langsam, aber sicher herum und folgen einem schließlich überall hin. Er kapierte. Und war einverstanden, den Whisky aus eigener Tasche zu bezahlen.

Als er mit einer Viertelliterflasche und einem finsteren Stirnrunzeln zurückkam, war das letzte Rennen vorbei, und unsere Passagiere tauchten nach und nach in kleinen Grüppchen auf. Kenny wirkte nicht mehr ganz so zittrig, und als die beiden anderen Jockeys eintrafen und ihn mit lauten Ausrufen und Trost umsorgten, ging ich zurück zu meiner Cherokee.

Annie Villars wartete bereits auf mich, ohne irgendwelche Freude über ihren Sieg mit Rudiments erkennen zu lassen.

«Ich dachte, Sie wollten beim Flugzeug bleiben«, bemerkte sie. Eis knirschte in ihrer Stimme.

«Hab es nicht aus den Augen gelassen.«

Sie schnaubte. Ich überprüfte auf die Schnelle das Innere der Maschine zweimal, nur um ganz sicher zu gehen, aber niemand hatte seit meiner letzten Durchsuchung etwas an Bord verstaut. Den Außencheck machte ich langsamer und gründlicher. Auch nichts.

Langsam zeigten die Prügel, die ich bezogen hatte, Wirkung. Das dröhnende Geräusch in meinem Kopf wurde von einem heftigen Kopfschmerz abgelöst. Diverse durchgewalkte Stellen an meinen Oberarmen begannen sich zu versteifen. Mein Solarplexus und die angrenzenden Bereiche vermittelten mir eine Ahnung davon, wie Henry Coopers Gegner sich am Morgen danach gefühlt haben mußte.

«Wußten Sie«, sagte ich beiläufig zu Annie Villars,»daß zwei Männer gerade versucht haben, Kenny Bayst zusammenzuschlagen?«

Falls sie Mitleid empfand, hielt sie diese Regung bemerkenswert gut unter Kontrolle.»Ist er schwer verletzt?«

«Eine unbequeme Nacht, und die Sache müßte ausgestanden sein.«

«Na dann… Ich wage zu behaupten, er hat es verdient.«

«Wofür?«

Sie sah mich direkt an.»Sie sind nicht taub.«

Ich zuckte die Achseln.»Kenny glaubt, er hat es Mr. Goldenberg zu verdanken.«

Sie hatte nichts davon gewußt. Wußte nicht, ob Goldenberg dafür verantwortlich war oder nicht. Ich sah, wie sie zögerte, die Information erst verarbeiten mußte.

Schließlich sagte sie ausweichend:»Kenny konnte noch nie den Mund halten«, und einen Augenblick später, fast unhörbar:»Schwachsinnig, so etwas zu machen. Schwachkopf.«

Major Tyderman, der Herzog von Wessex und Fenella Nervensäge kamen gemeinsam an, und der Herzog plauderte immer noch glücklich über seinen Sieger.

«Wo steckt Colin?«fragte Fenella.»Ist er etwa noch nicht hier? Das ist ja wirklich zum Auswachsen. Ich habe im Waageraum nach ihm gefragt, und dieser Mann… Was sagte er doch gleich, wer er sei? Sein Diener?… O ja, natürlich… Sein Diener sagte, er sei bereits zum Flugzeug gegangen. «Sie zog einen Schmollmund und schob die Unterlippe vor. Aus ihren Augen sprach Champagner und aus ihrer Stimme Gereiztheit. Die Goldarmbänder klirrten. Das schwere Parfüm schien im Laufe des Nachmittags nicht verflogen zu sein. Vermutlich war Colin ihr sauber aus dem Weg gegangen. Der Major hatte ebenfalls an der Feier teilgenommen. Er sah um die Augen herum ein wenig verschwommen aus und viel weniger hölzern als sonst. Die Hand, die an dem drahtigen Schnurrbart zupfte, wirkte beinahe sanft. Die militärische Haltung war immer noch deutlich erkennbar, hatte aber nichts Aggressives mehr; sie schien plötzlich nur noch das Gehabe eines Mannes zu sein, der auf Argwohn statt auf Verstand setzt, um sich den Anschein von Gewitztheit zu geben.

Der Herzog fragte den Major, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn sie auf dem Heimweg die Plätze tauschten, so daß er, der Herzog, vorn sitzen könne.»Ich schaue so gern auf die Meßinstrumente«, erklärte er.

Der Major, randvoll mit herzoglichem Champagner, stimmte gnädig zu. Er und Fenella kletterten an Bord, und ich wartete mit dem Herzog draußen.

«Stimmt etwas nicht, mein lieber Junge?«fragte er.

«Alles bestens, Sir.«

Er musterte mich gründlich.»So sehen Sie mir aber gar nicht aus.«

Ich legte meine Finger an die Stirn und spürte den Schweiß.»Es ist heiß heute«, sagte ich.

Schließlich kam auch Colin an. Er schwitzte ebenfalls — sein zerknittertes, offenes Hemd hatte dunkle Flecke unter den Armen. Er hatte fünf Rennen bestritten. Wirkte ausgelaugt und erschöpft.

«Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«fragte er ohne Umschweife.

«Ich wußte es doch«, sagte der Herzog.

«Ja, vielen Dank.«

Colin sah zu der Stelle hinüber, an der die Polyplane noch immer auf ihre letzten Passagiere wartete.

«Hat es Kenny schlimm erwischt?«

«Es geht. Ein bißchen durchgeschüttelt. Er wollte nicht, daß irgend jemand davon erfährt.«

«Einer der Jockeys, die mit ihm hergeflogen sind, kam zu uns rüber und hat uns davon erzählt. Kenny sagte, Sie hätten ihn vor einem Schicksal, schlimmer als der Tod, bewahrt. Oder etwas in der Art.«

«Was?«fragte der Herzog.

Colin erklärte es ihm. Sie sahen mich ängstlich an.

«Ich bin fit genug, um zu fliegen, falls es das ist, was Ihnen Sorgen macht.«

Colin zog eine Grimasse.»Ja, Mensch, genau das ist es. «Er grinste, holte tief Luft und tauchte im hinteren Teil unter, im Bereich von Fenellas Fangarmen. Der Herzog zwängte sich neben mich auf den Vordersitz, und los ging’s. Über dem Humber bei Ottringham lag dichte Bewölkung, die sich auch bis Cambridge nicht verlor. Da er nur noch bis zum Propeller sehen konnte, fragte mich der

Herzog, welche Garantie es gäbe, daß wir nicht mit einem anderen Flugzeug zusammenstießen.

Es gab keine Garantie. Nur eine Wahrscheinlichkeit.