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«Sie sieht nicht besonders krank aus.«

«Im Augenblick nicht. Vor kurzem hatte sie eine Lungenentzündung, und dadurch wurde seltsamerweise die Leukämie für eine Weile gemildert. Jedes Fieber scheint diese Wirkung zu haben. Verbessert ihren Zustand erkennbar. Sie fühlt sich dann auch besser. Dasselbe gilt für

Bestrahlungen ihrer Arme, Beine und bestimmter Knochen und Organe. Sie hatte mehrere Rückfälle und mehrere schöne, lange Phasen, in denen es ihr gutging. Es geht einfach immer so weiter… Aber ihr Blut ist nicht normal, und ihre Knochen verändern sich von innen, die ganze Zeit — ich habe mehrere Aufnahmen davon gesehen —, und eines Tages… und eines Tages wird sie eine Art extremen Rückfall haben, von dem sie sich nicht mehr erholt.«

«Schrecklich für Midge…«

«Schrecklich für uns alle.«

«Was ist mit… Nancy? Als ihr Zwilling…«

«Entwickeln identische Körper identische Blutkrankheiten, meinen Sie?«Er sah mich durch das ganze Zimmer hinweg an; seine Augen lagen im Schatten.»Das kommt vor. Aber es heißt, das Risiko sei verschwindend gering. Es heißt, es seien nur achtzehn Fälle bekannt, in denen zwei Angehörige der gleichen Familie an Leukämie erkrankt seien. Die Krankheit ist nicht ansteckend, und man kann sie nicht erben. Eine leukämiekranke Frau kann ein gesundes Kind bekommen. Man kann Blut von einem Leukämiekranken auf einen Gesunden übertragen, ohne daß dieser sich ansteckt. Angeblich gibt es keinen Grund, warum Nancy gefährdeter sein sollte als Sie oder ich oder der Postbote. Aber man weiß es nicht. In der Literatur gibt es keinen Hinweis auf Fälle, in denen ein eineiiger Zwilling an Leukämie erkrankt ist, oder darauf, was aus dem anderen geworden ist. «Er schwieg. Schluckte.»Ich glaube, wir alle haben größere Angst davor, daß Nancy es auch kriegen könnte, als vor sonst irgend etwas auf der Welt.«

Ich blieb, bis der Himmel sich nachmittags um fünf Uhr aufhellte. Colin war den größten Teil des Tages damit beschäftigt, seine Rennen für die nächsten Wochen zu planen und Telefonanrufe von Besitzern und Trainern zu beantworten, die ganz erpicht darauf waren, ihn zu engagieren. In erster Linie ritt er, wie er sagte, für einen Stall, der nur eine halbe Meile weiter an der Straße lag, aber die Bedingungen seines Stallvertrages dort ließen ihm noch eine ganze Menge Wahlmöglichkeiten.

Er arbeitete an einer großen Tabelle mit sieben Spalten, eine für jeden Tag in der Woche. Unter jedem Tag führte er die verschiedenen Rennveranstaltungen auf, und unter jede Veranstaltung schrieb er die Namen, die Preise und die Distanzen der Rennen. Bis zum späten Nachmittag hatte er für eine gute Anzahl von Rennen — vor allem die höchstdotierten, wie mir auffiel — den Namen eines Pferdes eingetragen. Er grinste angesichts meiner interessierten Blicke.»Geschäft ist Geschäft«, sagte er.

«Das sehe ich. Die Zeitplanung.«

An drei Tagen wollte er jeweils zu zwei Rennveranstaltungen.

«Können Sie mich schnell genug von Brighton nach Windsor bringen, so daß ich an zwei Rennen teilnehmen kann, die im Abstand von nur anderthalb Stunden stattfinden? Drei Uhr in Brighton, vier Uhr dreißig in Windsor. Und am Samstag drei Uhr in Bath, vier Uhr dreißig in Brighton?«

«Mit einem schnellen Wagen an beiden Landeplätzen — kein Problem.«

«Gut. «Er strich eine Reihe Fragezeichen durch und hakte die betreffenden Punkte ab.»Und können Sie mich am nächsten Sonntag nach Frankreich bringen?«

«Wenn Harley es sagt.«

«Harley wird es sagen«, antwortete er mit Nachdruck.

«Haben Sie eigentlich nie einen freien Tag?«

Er hob überrascht die Augenbrauen.»Heute«, sagte er,»ist frei. Haben Sie das nicht gemerkt?«

«Ähm… doch.«

«Das Pferd, das ich heute reiten wollte, ging am Donnerstag lahm. Sonst wäre ich jetzt in Paris. Allerdings ausnahmsweise mal mit B.E.A.«

Nancy sagte mit gespielter Resignation:»Der Dynamo läuft nonstop von März bis November in England und Europa und schwirrt dann ab nach Japan und so weiter, und ungefähr im Februar könnte es dann sein, daß wir uns alle ein oder zwei Tage in unseren Sesseln zurücklehnen und die Füße hochlegen können.«

«Letztes Mal haben wir sie auf den Bahamas hochgelegt«, sagte Midge.»Es war himmlisch. Die schöne, heiße Sonne.«

Die anderen lachten.»Die ganze erste Woche lang hat es geregnet.«

Zum Mittagessen brieten die Mädchen Steaks.»Ihnen zu Ehren«, sagte Midge zu mir.»Sie sind zu dünn.«

Ich war fetter als sie alle drei; was nicht viel hieß.

Midge räumte nach dem Essen ab, und Nancy breitete Karten und Tabellen auf dem Küchentisch aus.

«Ich werde Colin nämlich tatsächlich demnächst zu einem Rennen fliegen, und ich dachte, Sie könnten mir vielleicht helfen.«

«Natürlich.«

Sie beugte sich über den Tisch, und das lange Haar fiel ihr über die Schulter. Laß dich auf nichts ein, sagte ich zu mir. Laß es einfach.

«Nächste Woche nach Haydock. Wenn das Wetter gut genug ist.«»Sie bringt Sie um Ihren Job«, bemerkte Midge, die gerade dabei war, die Gläser abzutrocknen.

«Warten wir, bis es anfängt zu donnern.«

«Biest«, sagte Nancy.

Sie hatte eine Linie auf die Karte gezeichnet. Ich sollte ihr erklären, wie man sich im Bereich von Manchester Control verhielt und was sie tun sollte, falls man ihr dort Anweisungen gab, die sie nicht verstand.

«Bitten Sie darum, die Anweisungen zu wiederholen. Wenn Sie sie immer noch nicht verstehen, bitten Sie um nähere Erklärung.«

«Die werden mich für dämlich halten«, protestierte sie.

«Besser, als einfach drauflos zu fliegen und mit einer Linienmaschine zu kollidieren.«

«Okay. «Sie seufzte.»Kapiert.«

«Colin verdient eine Medaille«, meinte Midge.

«Sei bloß still«, sagte Nancy.»Ihr seid alle verdammt ungehobelt.«

Als der Nieselregen aufhörte, brachten sie mich zu dritt zurück nach Cambridge. Wir quetschten uns allesamt in den Aston Martin. Midge fuhr und genoß die Fahrt offensichtlich. Nancy saß halb auf Colin und halb auf mir, und ich saß halb auf dem Türgriff.

Sie standen nebeneinander und winkten mir nach, als ich startete. Ich ließ die Maschine zum Gruß um die Längsachse hin- und herrollen, nahm Kurs auf Buckingham und bemühte mich nach Kräften, zu ignorieren, mit welchem Bedauern ich mich von ihnen getrennt hatte.

Honey saß, Sonntag hin, Sonntag her, oben im Kontroll-turm von Derrydown, und Harley war mit dem Schulungsflugzeug oben und gab irgend jemandem eine Unterrichtsstunde. Als er mich über Funk hörte, schnauzte er:»Wurde auch langsam Zeit«, und ich gedachte meines Kontostandes und schnauzte nicht zurück. Chanter, dachte ich sarkastisch, hätte mich schlicht und einfach verachtet.

Ich brachte die Cherokee Six in den Hangar und ging rüber zum Wohnwagen. Er schien leerer zu sein, schmutziger, verwahrloster denn je. Die Fenster bedurften immer noch einer Reinigung. Das Bett war ungemacht. Die Milch von gestern war wieder mal sauer geworden, und ich hatte immer noch nichts zu essen besorgt.

Ich saß eine Weile da und sah zu, wie die Abendsonne ihre Strahlen durch die aufreißenden Wolken schickte, sah zu, wie Harleys Schüler sich ein paar holprige Landungen abquälte, fragte mich, wie lange es noch dauern würde, bis Derrydown pleite ging, und ferner, ob ich wohl vorher noch genug Geld sparen konnte, um mir einen Wagen zu kaufen. Harley zahlte mir fünfundvierzig Pfund die Woche

— mehr, als er sich leisten konnte, und weniger, als ich wert war. Davon bekamen Susan, die Steuer und die Versicherung genau die Hälfte, und da Harley mir für die Miete noch weitere vier Pfund abzog, würde es nicht einfach werden.

Ungeduldig stand ich auf und putzte sämtliche Fenster. Das verbesserte meine Aussicht auf den Flugplatz, leider jedoch nicht die auf die Zukunft.