«Ist Colin Ross nicht versichert?«fragte ich.
«Doch, aber es ist keine neue Versicherung abgeschlossen worden, es liegt nichts Ungewöhnliches vor. Und die Nutznießer sind seine Zwillingsschwestern. Ich kann nicht glauben…«»Unmöglich«, sagte ich mit Überzeugung.
«Ganz recht.«
«Wie steht es mit den anderen?«
Er schüttelte den Kopf.»Genaugenommen haben sie alle gesagt, daß sie sich schnellstens besser versichern sollten, als es bisher der Fall gewesen war. «Er hustete diskret.»Bleiben natürlich noch Sie.«
«Wie meinen Sie das?«
Seine klugen Augen ruhten unverwandt auf mir.
«Vor einigen Jahren haben Sie einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, dessen Bezugsberechtigte Ihre Frau ist. Obwohl Sie jetzt Ihre Exfrau ist, wäre sie immer noch die Nutznießerin. Diese Art von Vertrag kann man nicht ändern.«
«Wer hat Ihnen das alles erzählt?«
«Ihre Frau«, sagte er.»Im Verlauf unserer Nachforschungen sind wir auch bei ihr gewesen. «Er hielt inne.»Sie sprach nicht allzu freundlich von Ihnen.«
Ich preßte die Lippen zusammen.»Nein. Das kann ich mir vorstellen. Trotzdem bin ich lebendig mehr wert für sie als tot. Sie möchte, daß ich so lange wie möglich lebe.«
«Und wenn sie vorhätte, wieder zu heiraten? Dann würden Ihre Unterhaltszahlungen aufhören, und eine beträchtliche Summe von der Versicherung könnte durchaus willkommen sein.«
Ich schüttelte den Kopf.»Vor drei Jahren hätte sie mich vielleicht in einem Wutanfall umbringen können, aber nicht jetzt, kaltblütig und ohne Rücksicht auf andere Menschen. Das bringt sie nicht fertig. Und außerdem weiß sie nichts über Bomben, und sie hatte die Gelegenheit nicht… Von dieser Theorie werden Sie sich auch verabschieden müssen.«
«Sie geht gelegentlich mit dem Manager einer auf Sprengungen spezialisierten Abbruchfirma aus.«
Er hatte seine Feststellung mit absolut neutraler Stimme vorgebracht und eindeutig eine stärkere Reaktion erwartet, als er sie von mir bekam. Ich war nicht entsetzt, ja, nicht einmal besonders überrascht.
«Sie würde so etwas nicht tun. Oder irgend jemand anderen darauf ansetzen. Normalerweise ist sie für so etwas zu — zu gutherzig. Zu sensibel außerdem. Sie hat sich immer so darüber aufgeregt, wenn unschuldige Passagiere von einer Bombe getötet wurden… Sie würde so etwas niemals selbst tun, niemals.«
Er sah mich eine Weile mit diesem entnervenden Schweigen Marke Handelsministerium an. Mir fiel nichts ein, was ich noch hätte hinzufügen können. Wußte nicht, worauf er hinauswollte.
Draußen auf dem Flugplatz startete das Schulflugzeug und schwirrte ab. Der Motorenlärm verklang. Es war sehr still. Ich saß da und wartete.
Schließlich regte er sich wieder.»Alles in allem haben wir trotz unserer Mühe nur eine einzige wahrscheinliche Lösung gefunden. Und selbst die bringt uns der Antwort auf die Frage, für wen die Bombe gedacht war oder wer sie an Bord gebracht hat, nicht näher.«
Er schob eine Hand in seine Innentasche und zog einen steifen, braunen Umschlag heraus. Aus dem schüttete er ein verbogenes Stück Metall auf den Tisch des Mannschaftsraums. Ich nahm es hoch und sah es mir an. Außer dem Eindruck, daß das Ding früher einmal rund und flach gewesen sein mußte wie ein Knopf, sagte es mir nichts.
«Was ist das?«
«Der Überrest«, sagte er,»eines Verstärkers.«
Ich blickte verwirrt auf.»Aus dem Funkgerät?«
«Das glauben wir nicht. «Er nagte an seiner Unterlippe.»Wir denken, es war ein Teil der Bombe. Wir haben ihn in der ehemaligen Höhenflosse gefunden.«
«Wollen Sie damit sagen… daß es doch keine Zeitbombe war?«
«Nun… wahrscheinlich nicht. Es sieht so aus, als sei sie durch ein Funksignal ausgelöst worden. Was, wie Sie verstehen werden, ein ganz anderes Licht auf die Dinge wirft.«
«Wo liegt da der Unterschied? Ich verstehe nicht viel von Bomben. Inwiefern unterscheidet sich eine ferngesteuerte Bombe von einer Zeitbombe?«
«Sie können sich ziemlich stark unterscheiden, obwohl der Sprengstoff selbst in vielen Bomben derselbe ist. In diesen Fällen liegt der einzige Unterschied im Zündmechanismus. «Er hielt inne.»Hm, sagen wir, Sie haben eine bestimmte Menge Plastiksprengstoff. Unglücklicherweise kommt man da heutzutage nur allzu leicht dran. Ja, wenn Sie zufällig in Griechenland sind, können Sie ihn in jeder Eisenwarenhandlung bekommen und ganz offiziell kaufen. Von allein explodiert er nicht. Dazu braucht man einen Zünder. Schießpulver, altmodisches Schießpulver eignet sich dazu am besten. Außerdem braucht man etwas, um das Schießpulver zu entzünden, bevor es den Plastiksprengstoff explodieren läßt. Können Sie mir soweit folgen?«
«Mit Mühe, aber es geht«, sagte ich.
«Schön. Die einfachste Möglichkeit, Schießpulver zu entzünden — das heißt jedenfalls aus einer gewissen Entfernung —, besteht darin, es um einen dünnen Schmelzdraht zu packen. Durch den läßt man dann einen elektrischen Strom fließen. Der Draht wird glühend heiß, entzündet das Schießpulver.«
«Und bumm, die Cherokee Six ist verschwunden.«
«Ähm, ja. Bei diesem Bombentyp braucht man nun eine Batterie, eine Hochspannungsbatterie ungefähr von der Größe eines Sixpencestückes, als Quelle für den elektrischen Strom. Der Schmelzdraht wird sich aufheizen, wenn man ihn umbiegt und ein Ende mit einem Pol der Batterie verbindet und das andere mit dem anderen.«
«Klar«, sagte ich.»Und die Bombe geht augenblicklich hoch.«
Er hob seine Augen gen Himmel.»Warum habe ich mich überhaupt darauf eingelassen? Ja, die Bombe würde sofort hochgehen. Also braucht man einen Mechanismus, der den Stromkreis schließt, nachdem der Bombenbastler in sicherer Entfernung ist.«
«Eine Feder?«schlug ich vor.
«Ja. Man hält den Stromkreis mit einer Feder an einem Haken offen. Wenn der Haken weggezogen wird, schließt die Feder den Stromkreis, und die Sache ist gelaufen. Richtig? Also, der Haken kann mit einem Zeitmechanismus wie einem gewöhnlichen Wecker gelöst werden. Oder man kann ihn aus einer gewissen Entfernung mit einem Funksignal lösen, mit Hilfe eines Empfängers, eines Verstärkers und eines Solenoids wie bei den Mechanismen in einem Raumschiff.«
«Was ist ein Solenoid?«
«Eine Art elektrischer Magnet, eine Spule mit einem Eisenkern in der Mitte. Der Eisenkern bewegt sich in der Spule auf oder ab, wenn man Strom durch die Spule fließen läßt. Sagen wir, der obere Teil des Eisenkerns ragt aus der Spule heraus, um den Haken an der Feder zu bilden; wenn der Eisenkern sich in der Spule nach unten bewegt, wird die Feder losgelassen.«
Ich dachte darüber nach.»Was kann man tun, damit die Bombe nicht aus Versehen detoniert, weil jemand unwissentlich auf der richtigen Frequenz sendet? Der Äther ist überfüllt mit Funksignalen — da müßten ferngesteuerte Bomben doch ein gewaltiges Risiko darstellen?«
Er räusperte sich.»Es ist möglich, eine Art kombinierten Sicherheitsauslöser herzustellen. Man könnte eine Bombe machen, bei der man, sagen wir, drei verschiedene Funksignale benötigt. Bei einem solchen Auslösemechanismus braucht man drei verschiedene Empfänger, Verstärker und Solenoide, um den Stromkreis zu schließen… Wir hatten ungeheures Glück, diesen Verstärker zu finden. Wir bezweifeln, daß es der einzige war.«
«Das klingt für mich viel komplizierter als der Wecker.«
«O ja, das ist es auch. Aber natürlich auch viel flexibler. Man ist nicht darauf angewiesen, vorher eine Zeit festzusetzen.«
«So daß niemand wissen mußte, um wieviel Uhr wir in Haydock abfliegen würden. Man brauchte lediglich zu sehen, daß wir gestartet sind.«
«Ja… Oder es von irgend jemandem gesagt bekommen.«