die Augen eines Spaniels. Mit einem Lächeln klappte ich sie schicklich zusammen und versenkte sie im Mülleimer. Aber ohne sie sah der Wohnwagen immer noch genauso schäbig aus wie zuvor.
Freitagmorgen, als ich in Harleys Büro die Flugprotokolle ausfüllte, rief Colin bei ihm an und bat darum, daß ich über Nacht in Cambridge blieb, damit ich Samstag früh gleich an Ort und Stelle war.
Harley stimmte zu.»Ich werde Ihnen Matts Hotelzimmer auf die Rechnung setzen.«
«Gut«, sagte Colin.»Aber er kann, wenn er will, wieder bei mir übernachten.«
Harley richtete es mir aus. Ob ich wollte? Ich wollte.
Harley legte den Hörer auf.»Versucht, Geld zu sparen«, sagte er abschätzig,»indem er Sie zu sich einlädt. «Dann hellte sich seine Miene auf:»Aber ich werde ihm die Gebühren für den Stellplatz im Hangar berechnen.«
Ich flog die Cherokee rüber nach Cambridge und sorgte dafür, daß sie für die Nacht ein Dach über dem Kopf bekam. Als Colin auftauchte, hatte er vier weitere Jockeys bei sich — drei, die ich nicht kannte, und Kenny Bayst. Kenny erkundigte sich nach meinem Befinden. Mein Befinden war bestens, und wie stand es mit seinem? Er sei so gut wie neu, hätte seit Newbury im Sattel gesessen, sagte er.
Sie hatten unter sich den Flugplan für den Tag ausgearbeitet. Allesamt nach Brighton, Colin nach White Waltham für das Rennen in Windsor, Flugzeug retour nach Brighton, die anderen auflesen und wieder zurück nach White Waltham, um Colin abzuholen, und dann zurück nach Cambridge.
«Geht das so?«fragte Colin.
«Klar. Wie Sie wollen.«
Er lachte.»Was für ein Theater wir früher immer hatten, wenn wir mal um etwas gebeten haben…«
«Verstehe nicht, warum«, sagte ich.
«Larry war eine faule Socke.«
Sie hievten sich an Bord, und wir flogen östlich um die Kontrollzone London herum und über Gatwick zum Shore-ham Airport bei Brighton. Als wir landeten, sah Colin auf seine Armbanduhr, und Kenny nickte und meinte:»Ja, er ist immer schneller als Larry. Das habe ich auch gemerkt.«
«Harley wird ihn rausschmeißen«, sagte Colin trocken, während er seinen Sicherheitsgurt aufschnappen ließ.
«Wird er nicht, oder?«Aus Kennys Stimme klang eine schwache Besorgnis. Schnellere Flüge bedeuteten bescheidenere Rechnungen.
«Kommt darauf an, wie viele Kunden er Polyplane wegschnappt, weil er so schnell ist. «Colin grinste mich an.»Hab ich recht?«
«Könnte sein«, sagte ich.
Lachend zogen sie zu dem wartenden Taxi hinüber. Ein paar Stunden später kam Colin in Reithose und Rennfarben im Laufschritt angerannt, und ich sauste mit ihm rüber nach White Waltham. In Brighton hatte er, wie es schien, gewonnen. Ein knapper Sieg. Er war immer noch außer Atem. Sobald unsere Maschine stand, kam ein schneller Wagen direkt bis ans Flugzeug gefahren und schoß Sekunden später mit Colin in einer Staubwolke die Straße nach Windsor hinunter. Ich flog etwas gemächlicher zurück nach Shoreham und sammelte die anderen auf, die ihr Tagewerk vollbracht hatten. Es war ein heißer, sonniger Tag, blau und dunstig. Sie alle waren schweißgebadet.
Kenny hatte einen Sieger geritten und mir eine Flasche Whisky als Geschenk mitgebracht. Ich sagte, er brauche mir nichts zu schenken.
«Sehen Sie, Sportsfreund, wenn Sie nicht gewesen wären, würde ich überhaupt keine verdammten Gewinner mehr reiten. Also nehmen Sie’s.«
«Na schön«, sagte ich.»Danke.«
«Bedanken Sie sich bei sich selbst.«
Sie waren müde und mitteilsam. Ich landete in White Waltham, bevor Colin von Windsor zurückgekehrt war, und die anderen vier gähnten und schwatzten, öffneten sämtliche Türen und fächelten sich Luft zu.
«… ihm an der Steigung einen Pull gegeben.«
«Das war kein Pull. Das schlappe Mistvieh hatte keinen Biß mehr. Mußte ihn scharf rannehmen, um ihm wieder auf die Sprünge zu helfen.«
«Kann diesen Fossel einfach nicht leiden.«
«Warum reitest du dann für ihn?«
«Hab ich vielleicht eine Wahl? Schon mal was von einem Stallvertrag gehört…?«:
«… Welche Chancen hast du auf Candlestick?«
«Der käme, wenn ich jetzt starten würde, nicht mal unter die ersten drei.«
«Hey«, sagte Kenny Bayst, beugte sich vor und tippte mir auf die Schulter.»Da wäre etwas, das Sie vielleicht auch interessieren könnte, Sportsfreund. «Er zog ein Stück Papier aus seiner Hosentasche.»Wie wär’s damit?«
Ich nahm das Papier und sah es mir an. Es war ein Flugblatt, beste Druckqualität auf teurem, glänzendem Papier. Eine Einladung an alle Rennbahnbesucher, sich dem» Versicherungsverein für Rennbahnbesucher «anzuschließen.
«Ich bin kein Rennbahnbesucher«, sagte ich.
«Nein, lesen Sie weiter«, drängte er mich.»Ich hatte es heute morgen in der Post. Ich dachte, Sie würden sich vielleicht dafür interessieren, also habe ich es mitgebracht.«
Ich las bis zum Ende der Seite:»Bis zu tausend Pfund für schwere körperliche Verletzungen, fünftausend Pfund bei Unfalltod. Beitrag fünf Pfund. Verdoppeln Sie den Beitrag, und Sie verdoppeln die Versicherung. Die Versicherung, die sich jeder leisten kann. Pferdepfleger, investiert in Sicherheit — für Eure Frauen. Jockeys: Geld auch bei Startausfall wegen Unfall. Rennbahnbesucher, schützt Euch gegen Autounfälle auf dem Heimweg. Trainer, denkt an Bomben, wenn Ihr mit dem Flugzeug anreist.«
«Verdammt«, sagte ich.
Kenny lachte.»Ich dachte, es würde Ihnen gefallen.«
Lächelnd gab ich ihm das Flugblatt zurück.»Ja. Diese Schweinehunde.«
«Wäre aber vielleicht doch keine schlechte Idee.«
Colins Mietwagen fuhr vor und lud die gewohntermaßen verausgabte Streitmacht aus. Colin kletterte müde in seinen Sitz, klinkte seinen Sicherheitsgurt ein und sagte:»Wecken Sie mich in Cambridge.«
«Wie ist es gelaufen?«fragte Kenny.
«Habe diesen Mistkerl von Export um Haaresbreite nach Hause gebracht… Aber was Uptight betrifft«, sagte er gähnend,»den könnten sie genausogut zum Abdecker schicken. Mit dem gewinnt man keinen Blumentopf mehr, wahrhaftig.«
Wir weckten ihn in Cambridge. Um genau zu sein, mußten sie eigentlich alle geweckt werden. Sie räkelten sich, sprangen auf den Asphalt, mit offenen Kragen, gelockerten Krawatten, Jacketts überm Arm. Colin hatte kein Jackett, keine Krawatte — nur die gewohnten Jeans, das zerknitterte Sweatshirt, den Nimbus der Bedeutungslosigkeit, nur einer von vielen und nicht für viele der eine zu sein.
Nancy und Midge waren im Aston Martin hergekommen, um uns abzuholen.
«Wir haben ein Picknick mitgebracht«, sagte Nancy,»weil heute so ein herrlicher Abend ist. Wir wollen runter zum Fluß.«
Sie hatten außerdem auch zwei Badehosen von Colin mitgebracht, eine für ihn und eine für mich. Nancy schwamm mit uns raus, aber Midge sagte, ihr sei es zu kalt. Sie saß am Ufer, trug vier Armbanduhren an ihrem linken Handgelenk und streckte ihre langen, nackten Beine in die Sonne.
Es war kühl und still und friedlich im Fluß nach dem heißen, stickigen Tag. Der Lärm des Motorengedröhns in meinem Kopf verklang in der Stille. Ich beobachtete ein Teichhuhn, das durchs Schilf glitt und vorsichtig den Hals verdrehte, um mich mit einem glänzenden Auge zu fixieren und gleichzeitig argwöhnisch zu Colin und Nancy hinüberzuspähen, die ein Stück vor mir im Wasser trieben. Ich schickte ihm ein paar kleine Wellenberge mit meinem Arm, so daß es wie ein Korken darauf auf und ab hüpfte. Wie einfach es ein Teichhuhn doch hat, dachte ich. Aber die Wirklichkeit sah anders aus. Überall in der Natur gab es eine Hackordnung. Überall war irgend jemand der Dumme.
Nancy und Colin schwammen zurück. Freundliche Augen, lächelnde Gesichter. Laß dich auf nichts ein, dachte ich. Auf niemanden. Noch nicht.
Die Mädchen hatten kaltes Huhn und lange, knackige Chicoreeblätter mit einer würzigen Sauce zum Eintunken mitgebracht. Wir aßen, während die Sonne unterging, tranken eine Flasche kalten Chablis und saßen auf einer großen, blauen Decke am Fluß.