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Er klang müde und deprimiert, was er zweifellos auch war, und mit kurzen Seitenblicken konnte ich feststellen, daß die Erschütterungen des Autos trotz all meiner Vorsicht seiner Schulter weh taten.

«Er hatte für eine halbe Stunde bei einem Freund hereingeschaut«, sagte Steve.»Und sie haben ein paar Whiskys getrunken. Es war alles so dumm. Einfach eingeschlafen.«

Wir fuhren lange Zeit schweigend dahin, er mit seinen Problemen, ich mit meinen.

«Letzten Samstag«, sagte Steve.»Vor einer Woche erst.«

Eben noch am Leben, gleich darauf tot… so ging es jedem.

«Bieg hier links ab«, sagte Steve.

Wir bogen ein paarmal links und rechts und wieder links ab und landeten schließlich in einer Straße, die auf der einen Seite von einer Hecke gesäumt war und auf der anderen von hübschen Einfamilienhäusern in schattigen Gärten.

Auf halber Höhe der Straße war irgend etwas los. Lichter und Leute. Ein Rettungswagen mit offenen Türen und rotierendem Blaulicht. Ein Polizeiauto. Polizisten. Ein ständiges hastiges Kommen und Gehen bei einem Haus. Aus allen Fenstern strömte Licht, alle Vorhänge waren zurückgezogen.

«Mein Gott«, sagte Steve.»Das ist das Haus von Mutter und Vater. «Ich hielt davor an, und er blieb reglos sitzen, geradeaus starrend, wie gelähmt.

«Meine Mutter«, sagte er.»Es ist bestimmt meine Mutter. «Die Stimme versagte ihm fast. Sein Gesicht war von

panischer Angst verzerrt, und im Lichtschein wirkten seine Augen riesengroß und sehr jung.»Bleib hier«, sagte ich sachlich.»Ich schau nach, was los ist.«

Kapitel 3

Seine Mutter lag auf dem Sofa im Wohnzimmer, zitternd und hustend und blutend. Jemand hatte seine Mutter übel zugerichtet: Nase, Lippen und ein Augenlid waren aufgeplatzt, und auf Wangen und Kinn sah man leuchtend rote Flecken, wo die Haut aufgeschürft war. Ihre Kleidung war stellenweise zerrissen, sie hatte keine Schuhe an und das Haar stand ihr in wilden Büscheln vom Kopf ab.

Ich hatte Steves Mutter von Zeit zu Zeit auf der Rennbahn gesehen: eine sympathische, gutgekleidete Frau, Ende vierzig, wohlbehütet und glücklich in ihrem Leben, sichtlich stolz auf ihren Mann und ihren Sohn. In dieser gramgebeugten, ausgeraubten, zusammengeschlagenen Person auf dem Sofa war sie nicht wiederzuerkennen.

Ein Polizist saß auf einem Stuhl an ihrer Seite, und eine Polizeibeamtin stand mit einem blutbefleckten Tuch daneben. Zwei Sanitäter machten sich im Hintergrund an einer gegen die Wand gelehnten Trage zu schaffen. Eine Frau, die wie eine Nachbarin aussah, stand mit ernster, besorgter Miene in der Gegend herum. In dem Raum herrschte ein heilloses Durcheinander, Papier und zertrümmertes Mobiliar bedeckte den Boden. An den Wänden Spuren von Marmelade und Kuchen, wie Steve es geschildert hatte.

Als ich eintrat, wandte der Polizist den Kopf.»Sind Sie der Arzt?«

«Nein. «Ich erklärte, wer ich war.

«Steve!«sagte seine Mutter. Ihr Mund zitterte und ihre Hände auch.»Steve ist verletzt!«Sie konnte kaum sprechen, doch die Angst um ihren Sohn bereitete ihr neue Qualen und überdeckte alles, was sie bislang erlitten hatte.

«Es ist nicht schlimm, glauben Sie mir«, sagte ich rasch.»Er ist hier. Draußen. Es ist nur das Schlüsselbein. Ich hole ihn sofort.«

Ich ging hinaus, erstattete Bericht und half ihm aus dem Wagen. Er war krumm und steif, schien es aber nicht zu spüren.»Warum?«sagte er sinnloserweise auf dem Weg zum Haus.»Warum ist das passiert? Wozu?«

Der Polizist drinnen stellte die gleiche Frage, und die anderen Leute ebenso.

«Als Ihr Sohn hier ankam, sagten Sie gerade, daß es zwei waren, mit Strumpfmasken. Stimmt das?«

Sie nickte schwach.»Jung«, sagte sie. Das Wort kam verzerrt heraus, wegen ihrer aufgeplatzten, geschwollenen Lippen. Sie sah Steve, ergriff seine Hand und hielt sie fest. Er wurde bei ihrem Anblick noch blasser und wirkte noch eingefallener.

«Weiße Jugendliche oder schwarze?«sagte der Polizist.

«Weiße.«

«Was hatten Sie an?«

«Jeans.«

«Handschuhe?«

Sie schloß die Augen. Das aufgeplatzte sah verquollen und böse aus. Sie flüsterte:»Ja.«»Mrs. Millace, bitte versuchen Sie zu antworten«, sagte der Polizist.»Was wollten sie?«

«Safe«, murmelte sie.

«Was?«

«Safe. Wir haben keinen Safe. Ich hab’s ihnen gesagt.«

Zwei Tränen kullerten ihr über die Wangen.»Wo ist der Safe, haben sie gesagt. Sie haben mich geschlagen.«

«Hier gibt es keinen Safe«, sagte Steve außer sich vor Wut.»Ich bring sie um.«

«Ja, Sir«, sagte der Polizist.»Bleiben Sie ruhig, Sir, wenn ich bitten darf.«

«Einer. hat die Sachen zertrümmert«, sagte Mrs. Mil-lace.»Der andere hat mich einfach geschlagen.«

«Verdammte Schweine«, sagte Steve.

«Haben sie gesagt, was sie wollen?«fragte der Polizist.

«Safe.«

«Ja, aber ist das alles? Haben sie gesagt, daß sie Geld wollen? Schmuck? Silber? Goldmünzen? Was genau wollten sie, Mrs. Millace?«

Sie runzelte leicht die Stirn, als würde sie nachdenken. Mit Mühe brachte sie die Worte hervor:»Sie haben gesagt >Wo ist der Safe?<, mehr nicht.«

«Sie wissen ja wohl, daß gestern schon in dem Haus eingebrochen wurde?«sagte ich zu dem Polizisten.

«Gewiß, Sir. Ich war gestern persönlich hier. «Er sah mich einen Moment lang abschätzend an und wandte sich dann wieder an Steves Mutter.

«Haben die zwei jungen Männer mit den Strumpfmasken irgendwie durchblicken lassen, daß sie gestern schon mal da waren? Versuchen Sie sich zu erinnern, Mrs. Millace.«

«Ich… ich glaube nicht.«

«Lassen Sie sich Zeit«, sagte er.»Versuchen Sie, sich zu erinnern.«

Sie schwieg eine ganze Weile, und zwei weitere Tränen kullerten herab. Arme Frau, dachte ich. Zuviel Schmerz, zuviel Leid, zuviel Brutalität; und eine ganze Menge Mut.

Schließlich sagte sie:»Sie waren. wie Stiere. Sie haben gebrüllt. Sie waren brutal. Brutale Stimmen. Sie haben mich. herumgeschubst. Gestoßen. Ich habe die Haustür aufgemacht, und sie haben sich hineingedrängt. Mich geschubst. hier herein. Angefangen. Sachen zu zertrümmern. Alles verwüstet. Geschrien… wo ist der Safe. Sagen Sie uns, wo der Safe ist. Haben mich geschlagen. «Sie hielt inne.»Ich glaube nicht, daß sie irgendwas… von gestern gesagt haben.«

«Ich bring sie um«, sagte Steve.

«Zum dritten Mal«, murmelte seine Mutter.

«Wie war das, Mrs. Millace?«sagte der Polizist.

«Zum dritten Mal eingebrochen. Schon mal… vor zwei Jahren.«

«Sie können sie hier nicht einfach liegen lassen«, sagte Steve heftig.»Ihr die ganzen Fragen stellen. Ist denn kein Arzt hier?«

«Schon gut, Steve, mein Lieber«, sagte die Nachbarin und kam auf ihn zu, als wollte sie ihn trösten.»Ich hab Mr. Williams angerufen. Er hat gesagt, daß er gleich kommt. «Trotz ihrer Sorge und ihrem Mitleid genoß sie das Drama, und ich konnte mir vorstellen, wie sie darauf brannte, der ganzen Nachbarschaft Bericht zu erstatten.»Ich hatte deiner Mutter hier beim Aufräumen geholfen,

Steve«, fuhr sie hastig fort,»aber dann bin ich natürlich wieder nach Hause gegangen — nach nebenan, du weißt schon —, um Tee zu kochen für meine Familie, und dann hab ich das Geschrei gehört, und das ist mir verdächtig vorgekommen, mein Lieber, da bin ich dann zurückgegangen, um nachzusehen, und hab nach deiner Mutter gerufen, gefragt, ob alles in Ordnung ist, und da kamen diese beiden schrecklichen jungen Männer aus dem Haus gestürmt, wirklich gestürmt, mein Lieber, da bin ich natürlich reingegangen. und dann. deine arme Mutter. da hab ich dann gleich die Polizei angerufen und den Rettungswagen und Dr. Williams… und so. «Sie sah aus, als erwarte sie mindestens ein freundliches Schulterklopfen für soviel Geistesgegenwart, aber Steve war zu solchen Reaktionen nicht mehr fähig.