Mir am sechsten Tage zu folgen. Denn wahrlich das Ende
Dieser Beschwerden will ich erleben. Was sagen die Herren?
Wär er nicht fähig, zuletzt ein Land zugrunde zu richten?
Macht euch fertig, so gut ihr nur könnt, und kommet im Harnisch,
Kommt mit Bogen und Spießen und allen andern Gewehren,
Und betragt euch wacker und brav! Es führe mir jeder,
Denn ich schlage wohl Ritter im Felde, den Namen mit Ehren.
Malepartus, die Burg, belegen wir, was er im Haus hat,
Wollen wir sehen. Da riefen sie alle: Wir werden gehorchen!
Also dachte der König und seine Genossen, die Feste
Malepartus zu stürmen, den Fuchs zu strafen. Doch Grimbart,
Der im Rate gewesen, entfernte sich heimlich und eilte,
Reineken aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen;
Traurend ging er und klagte vor sich und sagte die Worte:
Ach, was kann es nun werden, mein Oheim! Billig bedauert
Dich dein ganzes Geschlecht, du Haupt des ganzen Geschlechtes!
Vor Gericht vertratest du uns, wir waren geborgen:
Niemand konnte bestehen vor dir und deiner Gewandtheit.
So erreicht' er das Schloß, und Reineken fand er im Freien
Sitzen. Er hatte sich erst zwei junge Tauben gefangen;
Aus dem Neste wagten sie sich, den Flug zu versuchen,
Aber die Federn waren zu kurz; sie fielen zu Boden,
Nicht imstande, sich wieder zu heben, und Reineke griff sie,
Denn oft ging er umher, zu jagen. Da sah er von weiten
Grimbart kommen und wartete sein; er grüßt' ihn und sagte:
Seid mir, Neffe, willkommen vor allen meines Geschlechtes!
Warum lauft Ihr so sehr! Ihr keichet! bringt Ihr was Neues?
Ihm erwiderte Grimbart: Die Zeitung, die ich vermelde,
Klingt nicht tröstlich, Ihr seht, ich komm in Ängsten gelaufen;
Leben und Gut ist alles verloren! Ich habe des Königs
Zorn gesehen: er schwört, Euch zu fahen und schändlich zu töten.
Allen hat er befohlen, am sechsten Tage gewaffnet
Hier zu erscheinen mit Bogen und Schwert, mit Büchsen und Wagen.
Alles fällt nun über Euch her, bedenkt Euch inzeiten!
Isegrim aber und Braun sind mit dem Könige wieder
Besser vertraut, als ich nur immer mit Euch bin, und alles,
Was sie wollen, geschieht. Den gräßlichsten Mörder und Räuber
Schilt Euch Isegrim laut, und so bewegt er den König;
Er wird Marschall, Ihr werdet es sehen, in wenigen Wochen.
Das Kaninchen erschien, dazu die Krähe, sie brachten
Große Klagen gegen Euch vor. Und sollt Euch der König
Diesmal fahen, so lebt Ihr nicht lange! das muß ich befürchten.
Weiter nichts? versetzte der Fuchs. Das ficht mich nun alles
Keinen Pfifferling an. Und hätte der König mit seinem
Ganzen Rate doppelt und dreifach gelobt und geschworen:
Komm ich nur selber dahin, ich hebe mich über sie alle.
Denn sie raten und raten und wissen es nimmer zu treffen.
Lieber Neffe, lasset das fahren, und folgt mir und sehet,
Was ich Euch gebe. Da hab ich soeben die Tauben gefangen,
Jung und fett. Es bleibt mir das liebste von allen Gerichten!
Denn sie sind leicht zu verdauen, man schluckt sie nur eben hinunter;
Und die Knöchelchen schmecken so süß! sie schmelzen im Munde,
Sind halb Milch, halb Blut. Die leichte Speise bekommt mir,
Und mein Weib ist von gleichem Geschmack. So kommt nur, sie wird uns
Freundlich empfangen; doch merke sie nicht, warum Ihr gekommen!
Jede Kleinigkeit fällt ihr aufs Herz und macht ihr zu schaffen.
Morgen geh ich nach Hofe mit Euch; da hoff ich, Ihr werdet,
Lieber Neffe, mir helfen, so wie es Verwandten geziemet.
Leben und Gut verpflicht ich Euch gern zu Eurem Behufe,
Sagte der Dachs, und Reineke sprach: Ich will es gedenken;
Leb ich lange, so soll es Euch frommen! Der andre versetzte:
Tretet immer getrost vor die Herren und wahret zum besten
Eure Sache, sie werden Euch hören; auch stimmte Lupardus
Schon dahin, man sollt Euch nicht strafen, bevor Ihr genugsam
Euch verteidigt; es meinte das gleiche die Königin selber.
Merket den Umstand und sucht ihn zu nutzen! Doch Reineke sagte:
Seid nur gelassen, es findet sich alles. Der zornige König,
Wenn er mich hört, verändert den Sinn, es frommt mir am Ende.
Und so gingen sie beide hinein und wurden gefällig
Von der Hausfrau empfangen; sie brachte, was sie nur hatte.
Und man teilte die Tauben, man fand sie schmackhaft, und jedes
Speiste sein Teil; sie wurden nicht satt und hätten gewißlich
Ein halb Dutzend verzehrt, wofern sie zu haben gewesen.
Reineke sagte zum Dachse: Bekennt mir, Oheim, ich habe
Kinder trefflicher Art, sie müssen jedem gefallen.
Sagt mir, wie Euch Rossel behagt und Reinhart, der Kleine?
Sie vermehren einst unser Geschlecht und fangen allmählich
An, sich zu bilden, sie machen mir Freude von Morgen bis Abend.
Einer fängt sich ein Huhn, der andre hascht sich ein Küchlein;
Auch ins Wasser ducken sie brav, die Ente zu holen
Und den Kiebitz. Ich schickte sie gern noch öfter zu jagen;
Aber Klugheit muß ich vor allem sie lehren und Vorsicht,
Wie sie vor Strick und Jäger und Hunden sich weise bewahren.
Und verstehen sie dann das rechte Wesen und sind sie
Abgerichtet, wie sichs gehört, dann sollen sie täglich
Speise holen und bringen und soll im Hause nichts fehlen,
Denn sie schlagen mir nach und spielen grimmige Spiele.
Wenn sies beginnen, so ziehn den kürzern die übrigen Tiere,
An der Kehle fühlt sie der Gegner und zappelt nicht lange:
Das ist Reinekens Art und Spiel. Auch greifen sie hastig,
Und ihr Sprung ist gewiß; das dünkt mich eben das Rechte!
Grimbart sprach: Es gereichet zur Ehre, und mag man sich freuen,
Kinder zu haben, wie man sie wünscht, und die zum Gewerbe
Bald sich gewöhnen, den Eltern zu helfen. Ich freue mich herzlich,
Sie von meinem Geschlechte zu wissen, und hoffe das Beste.
Mag es für heute bewenden, versetzte Reineke: gehn wir
Schlafen, denn alle sind müd und Grimbart besonders ermattet.
Und sie legten sich nieder im Saale, der über und über
War mit Heu und Blättern bedeckt, und schliefen zusammen.
Aber Reineke wachte vor Angst; es schien ihm die Sache
Guten Rats zu bedürfen, und sinnend fand ihn der Morgen.
Und er hub vom Lager sich auf und sagte zu seinem
Weibe: Betrübt Euch nicht! es hat mich Grimbart gebeten,
Mit nach Hofe zu gehn; Ihr bleibet ruhig zu Hause.
Redet jemand von mir, so kehret es immer zum besten
Und verwahret die Burg, so ist uns allen geraten.
Und Frau Ermelyn sprach: Ich find es seltsam! Ihr wagt es
Wieder nach Hofe zu gehn, wo Eurer so übel gedacht wird.
Seid Ihr genötigt? Ich seh es nicht ein, bedenkt das Vergangne!
Freilich, sagte Reineke drauf: es war nicht zu scherzen!
Viele wollten mir übel, ich kam in große Bedrängnis;
Aber mancherlei Dinge begegnen unter der Sonne.
Wider alles Vermuten erfährt man dieses und jenes,
Und wer was zu haben vermeint, vermißt es auf einmal.
Also laßt mich nur gehn, ich habe dort manches zu schaffen.
Bleibet ruhig, das bitt ich Euch sehr, Ihr habet nicht nötig,
Euch zu ängstigen. Wartet es ab! Ihr sehet, mein Liebchen,
Ist es mir immer nur möglich, in fünf, sechs Tagen mich wieder.
Und so schied er von dannen, begleitet von Grimbart, dem Dachse.
Achter Gesang
Weiter gingen sie nun zusammen über die Heide,