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Hing ein gemästetes Schwein, erst heute geschlachtet; das sagt' er

Treu dem Wolfe: sie gingen dahin, Gewinn und Gefahren

Redlich zu teilen. Doch Müh und Gefahr trug jener alleine.

Denn er kroch zum Fenster hinein und warf mit Bemühen

Die gemeinsame Beute dem Wolf herunter; zum Unglück

Waren Hunde nicht fern, die ihn im Hause verspürten

Und ihm wacker das Fell zerzausten. Verwundet entkam er,

Eilig sucht' er Isegrim auf und klagt' ihm sein Leiden

Und verlangte sein Teil. Da sagte jener: Ich habe

Dir ein köstliches Stück verwahrt, nun mache dich drüber

Und benage mirs wohl; wie wird das Fette dir schmecken!

Und er brachte das Stück, das Krummholz war es, der Schlächter

Hatte daran das Schwein gehängt; der köstliche Braten

War vom gierigen Wolfe, dem ungerechten, verschlungen.

Reineke konnte vor Zorn nicht reden, doch was er sich dachte,

Denket euch selbst. Herr König, gewiß, daß hundert und drüber

Solcher Stückchen der Wolf an meinem Oheim verschuldet!

Aber ich schweige davon. Wird Reineke selber gefordert,

Wird er sich besser verteidigen. Indessen, gnädigster König,

Edler Gebieter, ich darf es bemerken: Ihr habet, es haben

Diese Herren gehört, wie töricht Isegrims Rede

Seinem eignen Weibe und ihrer Ehre zu nah tritt,

Die er mit Leib und Leben beschützen sollte. Denn freilich

Sieben Jahre sinds her und drüber, da schenkte mein Oheim

Seine Lieb und Treue zum guten Teile der schönen

Frauen Gieremund; solches geschah beim nächtlichen Tanze;

Isegrim war verreist, ich sag es, wie mirs bekannt ist.

Freundlich und höflich ist sie ihm oft zu Willen geworden,

Und was ist es denn mehr? Sie bracht es niemals zur Klage,

Ja, sie lebt und befindet sich wohl, was macht er für Wesen?

Wär er klug, so schwieg' er davon, es bringt ihm nur Schande.

Weiter sagte der Dachs: Nun kommt das Märchen vom Hasen!

Eitel leeres Gewäsche! Den Schüler sollte der Meister

Etwa nicht züchtigen, wenn er nicht merkt und übel bestehet?

Sollte man nicht die Knaben bestrafen, und ginge der Leichtsinn,

Ginge die Unart so hin, wie sollte die Jugend erwachsen?

Nun klagt Wackerlos, wie er ein Würstchen im Winter verloren

Hinter der Hecke; das sollt er nur lieber im stillen verschmerzen,

Denn wir hören es ja, sie war gestohlen; zerronnen

Wie gewonnen; und wer kann meinem Oheim verargen,

Daß er gestohlenes Gut dem Diebe genommen? Es sollen

Edle Männer von hoher Geburt sich gehässig den Dieben

Und gefährlich erzeigen. Ja, hätt er ihn damals gehangen,

War es verzeihlich. Doch ließ er ihn los, den König zu ehren;

Denn am Leben zu strafen, gehört dem König alleine.

Aber wenigen Danks kann sich mein Oheim getrösten,

So gerecht er auch sei und Übeltaten verwehret.

Denn seitdem des Königes Friede verkündiget worden,

Hält sich niemand wie er. Er hat sein Leben verändert,

Speiset nur einmal des Tags, lebt wie ein Klausner, kasteit sich,

Trägt ein härenes Kleid auf bloßem Leibe und hat schon

Lange von Wildbret und zahmem Fleische sich gänzlich enthalten,

Wie mir noch gestern einer erzählte, der bei ihm gewesen.

Malepartus, sein Schloß, hat er verlassen und baut sich

Eine Klause zur Wohnung. Wie er so mager geworden,

Bleich von Hunger und Durst und andern strengeren Bußen,

Die er reuig erträgt, das werdet Ihr selber erfahren.

Denn was kann es ihm schaden, daß hier ihn jeder verklaget?

Kommt er hieher, so führt er sein Recht aus und macht sie zuschanden.

Als nun Grimbart geendigt, erschien zu großem Erstaunen

Henning, der Hahn, mit seinem Geschlecht. Auf trauriger Bahre,

Ohne Hals und Kopf, ward eine Henne getragen,

Kratzefuß war es, die beste der eierlegenden Hennen.

Ach, es floß ihr Blut, und Reineke hatt es vergossen!

Jetzo sollt es der König erfahren. Als Henning, der wackre,

Vor dem König erschien, mit höchstbetrübter Gebärde,

Kamen mit ihm zwei Hähne, die gleichfalls trauerten. Kreyant

Hieß der eine, kein besserer Hahn war irgend zu finden

Zwischen Holland und Frankreich; der andere durft ihm zur Seite

Stehen, Kantart genannt, ein stracker, kühner Geselle;

Beide trugen ein brennendes Licht; sie waren die Brüder

Der ermordeten Frau. Sie riefen über den Mörder

Ach und Weh! Es trugen die Bahr zwei jüngere Hähne,

Und man konnte von fern die Jammerklage vernehmen.

Henning sprach: Wir klagen den unersetzlichen Schaden,

Gnädigster Herr und König! Erbarmt Euch, wie ich verletzt bin,

Meine Kinder und ich. Hier seht Ihr Reinekens Werke!

Als der Winter vorbei, und Laub und Blumen und Blüten

Uns zur Fröhlichkeit riefen, erfreut ich mich meines Geschlechtes,

Das so munter mit mir die schönen Tage verlebte!

Zehen junge Söhne, mit vierzehn Töchtern, sie waren

Voller Lust zu leben; mein Weib, die treffliche Henne,

Hatte sie alle zusammen in Einem Sommer erzogen.

Alle waren so stark und wohl zufrieden, sie fanden

Ihre tägliche Nahrung an wohlgesicherter Stätte.

Reichen Mönchen gehörte der Hof, uns schirmte die Mauer,

Und sechs große Hunde, die wackern Genossen des Hauses,

Liebten meine Kinder und wachten über ihr Leben;

Reineken aber, den Dieb, verdroß es, daß wir in Frieden

Glückliche Tage verlebten und seine Ränke vermieden.

Immer schlich er bei Nacht um die Mauer und lauschte beim Tore,

Aber die Hunde bemerktens; da mocht er laufen! sie faßten

Wacker ihn endlich einmal und ruckten das Fell ihm zusammen;

Doch er rettete sich und ließ uns ein Weilchen in Ruhe.

Aber nun höret mich an! es währte nicht lange, so kam er

Als ein Klausner und brachte mir Brief und Siegel. Ich kannt es:

Euer Siegel sah ich am Briefe; da fand ich geschrieben:

Daß Ihr festen Frieden so Tieren als Vögeln verkündigt.

Und er zeigte mir an: er sei ein Klausner geworden,

Habe strenge Gelübde getan, die Sünden zu büßen,

Deren Schuld er leider bekenne. Da habe nun keiner

Mehr vor ihm sich zu fürchten, er habe heilig gelobet,

Nimmermehr Fleisch zu genießen. Er ließ mich die Kutte beschauen,

Zeigte sein Skapulier. Daneben wies er ein Zeugnis,

Das ihm der Prior gestellt, und, um mich sicher zu machen,

Unter der Kutte ein härenes Kleid. Dann ging er und sagte:

Gott dem Herren seid mir befohlen! ich habe noch vieles

Heute zu tun! ich habe die Sext und die None zu lesen

Und die Vesper dazu. Er las im Gehen und dachte

Vieles Böse sich aus, er sann auf unser Verderben.

Ich mit erheitertem Herzen erzählte geschwinde den Kindern

Eures Briefes fröhliche Botschaft, es freuten sich alle.

Da nun Reineke Klausner geworden, so hatten wir weiter

Keine Sorge, noch Furcht. Ich ging mit ihnen zusammen

Vor die Mauer hinaus, wir freuten uns alle der Freiheit.

Aber leider bekam es uns übel. Er lag im Gebüsche

Hinterlistig; da sprang er hervor und verrannt uns die Pforte;

Meiner Söhne schönsten ergriff er und schleppt' ihn von dannen,

Und nun war kein Rat, nachdem er sie einmal gekostet;

Immer versucht' er es wieder, und weder Jäger noch Hunde

Konnten vor seinen Ränken bei Tag und Nacht uns bewahren.

So entriß er mir nun fast alle Kinder; von zwanzig

Bin ich auf fünfe gebracht, die andern raubt' er mir alle.