Выбрать главу

»Warum hast du sie vorhin angeschwindelt, als von der Gesellschaft die Rede war?«

»Weil es ein Geheimnis ist — genügt dir das nicht?« Ihjel kratzte die Schüssel aus. »Du solltest auch etwas essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Die Gesellschaft muß vom Untergrund aus operieren, wenn sie überhaupt Erfolg haben will. Wenn Dr. Morees auf die Erde zurückkehrt, ist es besser, wenn sie nie etwas über unsere eigentlichen Ziele erfahren hat. Und wenn sie weiterhin für uns arbeiten will, kann sie immer noch alles erklärt bekommen. Aber ich bezweifle, daß ihr unsere Arbeitsweise zusagen wird. Schon deshalb nicht, weil ich selbst einige Wasserstoffbomben auf Dis abwerfen werde — wenn wir den Krieg nicht verhindern können.«

»Das glaube ich nicht!«

»Doch, du hast mich ganz richtig verstanden. Du brauchst mich nicht so anzustarren. Wenn kein anderer Ausweg bleibt, werde ich die Bomben selbst abwerfen, bevor die Nyjorder es tun. Das könnte sie retten.«

»Sie retten — aber dann sind sie doch alle tot!« protestierte Brion ärgerlich.

»Ich meine nicht die Disaner. Ich will die Nyjorder retten. Du brauchst nicht die Fäuste zu ballen. Iß lieber etwas von diesem Kuchen. Er ist ausgezeichnet. Nur die Nyjorder zählen hier. Sie besitzen einen Planeten, der vom Zufall begünstigt worden ist. Als Dis von dem Rest des Universums abgeschnitten wurde, degenerierten seine Bewohner zu einer Bande von Mördern. Auf Nyjord trat das genaue Gegenteil ein. Dort kann man überleben, indem man sich einfach eine Frucht von dem nächsten Baum holt. Die Bevölkerung war klein, gebildet und intelligent. Anstatt in eine ewige Siesta zu versinken, entwickelten sie eine neuartige Gesellschaftsform. Allerdings ohne technische Hilfsmittel — sie kannten nicht einmal das Rad, als sie wiederentdeckt wurden. Die Gesellschaft für kulturelle Beziehungen interessierte sich von Anfang an sehr für diese Art des Zusammenlebens und hat es seither gefördert. Vielleicht nicht so sehr gefördert, als vielmehr abgeschirmt. Aber wir haben unser Ziel nur teilweise erreicht. Gewaltlosigkeit gehört zu den Lebensprinzipien dieser Menschen — sie sind vital, ohne dabei zerstörerisch zu sein. Aber wenn sie Dis in die Luft jagen müssen — entgegen ihren geheiligten Prinzipien -, dann wird ihre Lebensphilosophie diesen Schlag nicht überstehen. Physisch werden sie überleben, aber die geistigen Errungenschaften werden zerstört sein.«

»Klingt wie ein Paradies.«

»Kein Grund zur Überheblichkeit. Die Bewohner von Nyjord sind ganz gewöhnliche Menschen mit durchaus menschlichen Eigenschaften. Aber sie haben eine neue Art des Zusammenlebens entwickelt, die eines Tages allen Menschen nützen könnte. Sie sind es wert, daß man sich um sie kümmert. So, jetzt gehst du am besten in deine Kabine und liest die Berichte durch. Du mußt sie fast auswendig können, bevor wir landen.«

6

»Ihre Identifikation, bitte.« Die ruhige Stimme aus den Lautsprechern ließ sich nicht ganz mit dem Bild vereinbaren, das auf dem Schirm erschien. Das Raumschiff, das vor wenigen Minuten in ihre Kreisbahn über Dis eingeschwenkt war, hatte früher als Frachter Dienst getan. Seine Umrisse waren durch den Einbau eines Drehturms für Primärwaffen verändert worden. Die Mündung einer gigantischen Kanone wies auf das fremde Raumschiff. Ihjel schaltete das Funkgerät ein.

»Hier Ihjel. Anflug auf Kursschablone 490-Bj4-67 — das ist auch das Kodezeichen, mit dem ich durch Ihre Blockade kommen soll. Wollen Sie die Schablone überprüfen?«

»Danke, das ist nicht nötig. Schalten Sie bitte Ihr Aufnahmegerät ein, ich habe einen Funkspruch von Primus IV für Sie.«

»Gerät ein. Ende.« Ihjel wandte sich an Brion. »Verdammt nochmal! Schon wieder Schwierigkeiten! Dabei haben wir nur noch vier Tage Zeit. Primus IV ist unser Hauptquartier auf Dis. Unser Schiff hat zur Tarnung Frachtgut an Bord, damit wir auf dem Raumhafen landen können. Wahrscheinlich ist der Plan geändert worden, und das paßt mir gar nicht.«

Brion spürte diesmal ohne bewußte Anstrengung, daß sich hinter Ihjels Worten eine unbestimmbare Angst vor zukünftigen Ereignissen verbarg. Vor ihnen lag eine schwierige Aufgabe, und Ihjel ahnte, daß er deren Ende nicht mehr erleben würde. Als der Dekoder die Nachricht schrieb, griff Ihjel nach dem Streifen und las begierig jedes Wort. Dann zuckte er mit den Schultern und verschwand in seiner Kabine. Brion las den Text des Funkspruchs.

IHJEL IHJEL IHJEL / LANDUNG AUF RAUMHAFEN GEFÄHRLICH / NACHTLANDUNG VORZUZIEHEN / KOORDINATEN KARTE 46 / JU92 MN 75 / SCHIFF IN KREISBAHN ZURÜCK / VION ZUR ABHOLUNG BEREIT / ENDE ENDE ENDE.

Die Landung in der Dunkelheit bereitete keine besonderen Schwierigkeiten. Sie wurde nach Instrumenten durchgeführt, und die Disaner verfügten angeblich über keine Geräte, mit denen sie ein landendes Schiff orten konnten. Der Zeiger des Höhenmessers sank auf Null zurück, und ein weicher Stoß war das einzige Anzeichen dafür, daß sie sicher gelandet waren. Die Kabinenbeleuchtung war ausgeschaltet worden, so daß nur das grüne Schimmern der Instrumente den Raum erhellte. Auf dem Infrarotschirm zeigten sich weiße Punkte — die Wärmeausstrahlung der noch immer heißen Felsen -, aber keine Bewegungen oder die charakteristischen Umrisse eines abgeschirmten Atomreaktors.

»Wir sind gelandet«, stellte Ihjel fest. Er verdunkelte die Bullaugen und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Sie sahen sich an.

»Muß die Kabine wirklich so heiß sein?« fragte Lea und fuhr sich mit einem bereits schweißnassen Taschentuch über die Stirn. Nachdem sie ihren dicken Schutzanzug mit einem leichten Kittel vertauscht hatte, wirkte sie noch zierlicher auf Brion. Aber der dünne, kurze Kittel — er reichte ihr kaum bis zu den Knien — verbarg nur sehr wenig. Jedenfalls war sie durchaus nicht unweiblich.

»Soll ich mich umdrehen, damit Sie zur Abwechslung meinen Rücken anstarren können?« fragte sie. Aber Brion wußte aus nunmehr fünftägiger Erfahrung, daß man diese Art von Bemerkung am besten unbeantwortet ließ.

»Dis ist noch heißer als unsere Kabine«, sagte er deshalb, um das Thema zu wechseln. »Indem wir die Innentemperatur erhöhen, vermeiden wir einen plötzlichen Schock, wenn wir…«

»Danke, ich weiß — aber deshalb schwitze ich trotzdem«, antwortete sie kurz.

»Sie können gar nichts Besseres tun«, warf Ihjel ein. Er sah in seinen Shorts wie ein Fesselballon aus. »Trinken Sie doch auch einen Schluck Bier«, fügte er hinzu und holte sich selbst eine neue Flasche aus dem Kühlschrank.

»Oh, nein, ich möchte nüchtern bleiben. Auf der Erde trinken wir…«

»Brion, du kannst gleich Dr. Morees' Gepäck holen«, unterbrach Ihjel sie. »Vion kommt, ich habe sein Signal auf dem Schirm erkannt. Wir müssen das Schiff wieder in die Kreisbahn schicken, bevor die Disaner merken, daß wir hier sind.«

Die heiße Nachtluft wirkte wie ein Keulenschlag. Brion hörte Leas leisen Schrei. Er folgte ihr langsam die Rampe hinunter. Durch seine dicken Stiefel hindurch spürte er die Hitze, die der Sand noch immer ausstrahlte. Ihjel trug den Kontrollkasten der Fernsteuerung in der Hand. Als sie zu dritt nebeneinander standen, drückte er auf einen Knopf. Das Raumschiff erhob sich geräuschlos und war Sekunden später verschwunden.

Die nun herrschende Stille wurde von dem leisen Summen eines näherkommenden Sandwagens durchbrochen. Der Wagen fuhr heran und hielt. Als die Tür sich öffnete, ging Ihjel darauf zu. In diesem Augenblick schien alles gleichzeitig zu geschehen.

Ihjel war plötzlich von bläulichen Flammen umgeben, die seine Haut verbrannten. Er war auf der Stelle tot. Eine zweite Flammensäule stieg neben dem Wagen hoch und erstickte einen Schrei.

Brion warf sich blitzschnell zu Boden. Er ließ die Geräte fallen, die er getragen hatte, und stieß gegen Lea, die ebenfalls hinfiel. Er hoffte, daß sie Verstand genug besaß, um sich nicht von der Stelle zu rühren. Dann rollte er sich so schnell wie möglich von der Stelle fort, wo er gelegen hatte.