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Sekunden später spielten bläuliche Flammen über die Kisten, die Brion abgeworfen hatte. Nun zog er seine Pistole, die Ihjel ihm vor der Landung in die Hand gedrückt hatte, und zielte in die Richtung, in der er den unbekannten Schützen vermutete. Die Explosivgeschosse zerrissen die Nacht und fanden ihr Ziel. Etwas schlug mit einem erstickten Aufschrei um sich und starb.

Es gibt viele unsinnige und gefährliche Dinge, die man tun kann, wie zum Beispiel neben einem offenen Benzinfaß rauchen oder die Finger an einen mit Hochspannung geladenen Draht halten. Genau so gefährlich und ebenso tödlich ist ein tätlicher Angriff auf einen Mann, der in den Spielen gesiegt hat.

Zwei Männer fielen gemeinsam über Brion her, aber das machte keinen großen Unterschied. Der erste Angreifer starb auf der Stelle, als ein Paar Hände sich wie Stahlklammern um seinen Hals schlossen und ihm das Genick brachen. Der andere hatte noch Zeit für einen kurzen Schrei, bevor auch er das gleiche Schicksal erlitt.

Brion suchte die nähere Umgebung mit der Waffe in der Hand ab. Im Augenblick schien keine unmittelbare Gefahr zu drohen. Erst dann kehrte er zu Lea zurück, die noch immer bewegungslos im Sand lag. An ihrer Schläfe hatte sich eine große Beule gebildet. Brion hatte ihr durch seinen heftigen Stoß unzweifelhaft das Leben gerettet.

Er ließ sich erschöpft neben ihr nieder und bemerkte erst jetzt, daß sein Hals wie Feuer brannte. Er griff danach und stellte fest, daß einer der beiden Angreifer eine dünne, aber sehr feste Schnur darum geschlungen hatte, die an beiden Enden mit Gewichten beschwert war. Die Schnur hatte die Haut durchschnitten und war nur von Brions angespannten Halsmuskeln aufgehalten worden. Er warf sie weit von sich in die Dunkelheit hinein, aus der sie gekommen war.

Lea schien aus ihrer Ohnmacht zu erwachen. Brion nahm sie in die Arme und trug sie zu dem Sandwagen hinüber, wobei er über die verkohlte Leiche des Fahrers stieg. Er durchsuchte das Wageninnere und fand eine Wasserflasche, die er Lea an die Lippen hielt.

»Mein Kopf — ich habe mich am Kopf verletzt«, sagte sie wie betäubt.

»Nur eine kleine Beule«, beruhigte er sie. »Trinken Sie einen Schluck Wasser, dann fühlen Sie sich wieder besser. Legen Sie sich hin. Im Augenblick besteht keine Gefahr, Sie können sich unbesorgt ausruhen.«

»Ihjel ist tot!« rief Lea plötzlich erschrocken aus. »Sie haben ihn umgebracht! Was ist geschehen?« Sie versuchte aufzustehen, und Brion drückte sie leicht zurück.

»Ich werde Ihnen alles erzählen. Sie dürfen jetzt noch nicht aufstehen. Wir sind in einen Hinterhalt geraten. Vion und Ihjel sind tot. Drei Männer haben uns überfallen, aber alle drei leben nicht mehr. Ich glaube nicht, daß noch andere daran beteiligt waren, aber wenn sie noch kommen sollten, werde ich sie bestimmt hören. Wir wollen hier noch kurze Zeit warten, bis Sie sich besser fühlen, bevor wir mit dem Wagen verschwinden.«

»Holen Sie das Schiff herunter!« Ihre Stimme klang hysterisch. »Wir können hier nicht allein bleiben. Wir wissen doch gar nicht, wohin wir sollen, oder was wir zu tun haben. Nachdem Ihjel tot ist, können wir die Arbeit nicht weiterführen. Wir müssen so schnell wie möglich…«

Brion gab sich große Mühe, ihr die Wahrheit so schonend wie möglich beizubringen. »Tut mir leid, Lea, aber ich kann das Schiff nicht herunterholen. Ihjel wurde mit einem Ionengewehr erschossen, wodurch das Gerät für die Fernsteuerung verglühte. Wir müssen den Wagen benützen, um die Stadt zu erreichen. Am besten sofort. Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«

Er versuchte den Motor anzulassen, aber das vertraute Summen setzte nicht ein. Brion ging um den Wagen herum und öffnete die Haube. Ein Blick genügte, um ihm zu zeigen, daß die Angreifer gründlich und schnell gearbeitet hatten. Überall hingen Drähte herunter, die ohne eingehende Kenntnis des gesamten Mechanismus nicht zu reparieren waren.

»Ich glaube, daß wir zu Fuß gehen müssen«, stellte er betroffen fest. »Wir sind jetzt ungefähr einhundertundfünfzig Kilometer von einer Stadt namens Hovedstad entfernt, die ursprünglich unser Ziel war. Wir…«

»Wir werden elend umkommen. Wir können nicht so weit laufen. Der ganze Planet hier ist nicht für Menschen geschaffen. Wir müssen wieder in das Schiff zurück!« An ihrer Stimme war deutlich zu erkennen, wie nahe sie einem Nervenzusammenbruch sein mußte.

Brion erkannte, daß sie eine leichte Gehirnerschütterung erlitten hatte, und gab sich deshalb keine Mühe, sie von seiner Auffassung zu überzeugen oder sie ihr weiter zu erklären. Er befahl ihr, daß sie sich ausruhen solle, während er ihren Marsch so gut wie möglich vorbereitete.

Zunächst brauchten sie warme Kleidung. In der Zwischenzeit war die Temperatur bereits merklich gesunken, als die Tageshitze nachließ. Lea zitterte vor Kälte, deshalb holte Brion eine Decke aus dem Wagen und breitete sie über ihre Schultern. Sonst fand er wenig, was sich mitzuschleppen lohnte — die Wasserflasche und ein Verbandskasten aus dem Sandwagen. Er fand weder Karten noch ein Funkgerät. In der Wüste richtete man sich anscheinend nur nach dem Kompaß. Der Wagen war mit einem elektrischen Kreiselkompaß ausgerüstet, mit dem sie jetzt nichts anfangen konnten. Aber Brion stellte mit seiner Hilfe fest, daß die Spuren des Wagens genau in die Richtung wiesen, in der seiner Erinnerung nach Hovedstad liegen mußte. Damit hatten sie eine Art Wegweiser.

Die Zeit verging rasch. Er hätte gern noch Ihjel und den Fahrer des Wagens begraben, aber die Nachtstunden waren zu kostbar, um auf diese Weise vergeudet zu werden. Deshalb schaffte er die beiden Leichen nur in den Wagen, verschloß die Tür und warf den Schlüssel weit in die Dunkelheit hinein. Lea war eingeschlafen und schrak auf, als er ihre Schulter berührte.

»Kommen Sie«, sagte Brion, »wir haben einen kleinen Marsch vor uns.«

7

In der kühlen Nachtluft hätten sie auf dem festen Sand rasch vorankommen müssen. Lea machte dieses Vorhaben fast zunichte. Der erlittene Schock wirkte so stark in ihr nach, daß sie ihre innersten Befürchtungen vor sich hin murmelte, während sie neben Brion vorwärtsstolperte. Sie schien mit sich selbst zu sprechen und erwähnte vieles, was keinerlei Zusammenhang mit ihrer mißlichen Lage hatte. Meistens sprach sie davon, daß sie sich verirren und an Hunger, Durst oder Hitze sterben würden. Aber von Zeit zu Zeit erwähnte sie auch andere Dinge, die Brion verstand, obwohl er nicht zuzuhören versuchte. Angst vor einem schlechten Examen, eine alleinstehende Frau in einer von Männern beherrschten Welt, ein namenloses Wesen inmitten der Milliarden von Menschen, von denen die Erde bevölkert war.

Sie fürchtete sich aber auch vor anderen Dingen, die der Mann von Anvhar nicht begriff. Wer waren die Alkianer, um derentwillen sie sich Sorgen machte? Oder was war Canceri? Daydle und Haydle? Wer war Manstan, dessen Name immer wieder auftauchte, während Lea gleichzeitig einen leisen Seufzer ausstieß?

Brion blieb stehen und nahm sie auf die Arme. Sie lehnte sich an seine breite Brust und schlief sofort ein. Selbst mit diesem zusätzlichen Gewicht kam er jetzt rascher voran und ging so schnell wie möglich, um die kühlen Nachtstunden auszunützen.

Dann erreichte er eine mit Steinen übersäte Ebene, in der sich die Spur des Sandwagens verlor. Er suchte nicht lange danach, denn er hatte sich bereits vorher versuchsweise nach den Sternen orientiert. Auf Dis gab es keinen Polarstern, aber ein beinahe rechteckiges Sternbild ersetzte ihn. Wenn er diese Konstellation in eine Linie mit seiner rechten Schulter brachte, befand er sich genau auf dem Weg in Richtung Westen.

Als seine Arme müde wurden, ließ er Lea vorsichtig zu Boden gleiten; sie wachte nicht einmal auf. Nach einer kurzen Pause stellte er aus seiner Jacke eine Art Rucksack her, in dem er sie auf dem Rücken tragen konnte. Nun kam er wieder rascher voran. Vor ihm erstreckten sich jetzt Dünen, die kein Ende zu nehmen schienen.