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Brion spürte, daß er rote Ohren bekam, weil er nicht genau wußte, ob Lea sich über ihn lustig machte. »Genau daher, wo sie überall anders herkommen! Aber bei uns ist das eben nicht ein zwangsläufiger Vorgang. Bei uns muß die Frau zu erkennen geben, ob sie an einer Heirat interessiert ist.«

»Ist das alles, wofür sich die Mädchen bei Ihnen interessieren?«

»Heirat… oder etwas anderes. Von dieser zweiten Möglichkeit wird oft Gebrauch gemacht, weil sie als einzige die Gewähr bietet, daß das Mädchen einen Mann heiratet, mit dem sie später auch Kinder haben kann.«

Lea riß erstaunt die Augen auf. »Wollen Sie damit etwa sagen, daß die Mädchen sich von der Zeugungsfähigkeit des Mannes überzeugen, bevor sie ihn heiraten?«

»Natürlich. Sonst wäre Anvhar wahrscheinlich schon längst ohne Bevölkerung. Deshalb entscheidet die Frau und trifft ihre Wahl. Wenn sie sich für einen Mann interessiert, dann gibt sie es zu erkennen. Wenn sie nichts sagt, würde der Mann nicht im Traum daran denken, seinerseits sein Interesse zu bekunden. So ist es eben auf Anvhar — und wir sind alle mit dieser Regelung zufrieden.«

»Auf der Erde ist es genau umgekehrt«, berichtete Lea. »Die Frau hat geduldig zu warten, bis es einem Mann einfällt, sie begehrenswert zu finden. Als Mädchen muß man wirklich auf Draht sein, damit man nicht unversehens hereinfällt.«

»Was muß man sein?«

»Nur ein komischer Ausdruck, Brion. Er bedeutet, daß man sich vorsehen muß, um nicht unter die Räder zu kommen.«

»Das klingt ziemlich…« Brion suchte ein anderes Wort, fand aber keines, »abstoßend.«

»Von Ihrem Standpunkt aus kann es so wirken. Wir haben uns schon so daran gewöhnt, daß wir es normal finden. Soziologisch gesehen…« Lea machte eine Pause und starrte Brion an. Ihre Lippen formten ein unausgesprochenes Oh!

»Ich möchte nichts sagen — äh — ich wollte nichts sagen, was mißverstanden werden…« stotterte Brion unbeholfen.

»Aber ich verstehe doch alles!« Sie lachte. »Ich dachte die ganze Zeit über, du seist auch so eine Art Eisberg, während du in Wirklichkeit ausgesprochen nett warst. Du hast eben das Spiel nach den Regeln gespielt, die auf Anvhar gelten. Ich hätte die Initiative ergreifen müssen. Wahrscheinlich wären wir noch nicht weiter, wenn du nicht früher als ich eingesehen hättest, daß wir irgendwie nicht von den gleichen Voraussetzungen ausgingen. Und ich dachte, du seist ein hochmütiger Frauenhasser.« Lea streckte die Hand aus und fuhr Brion damit durch das Haar.

»Ich konnte aber nicht anders«, erklärte er ihr. »Mir wäre es einfach unmöglich erschienen, dir meine Aufmerksamkeiten aufzudrängen. Ich mußte mich so geschraubt ausdrücken, weil ich die auf der Erde üblichen Sitten nicht kenne.« Er lächelte. »Gut, daß du mich trotzdem verstanden hast.«

»Ja«, antwortete Lea.

13

»Er wollte nicht hereinkommen. Er klopfte nur an das Tor und sagte, ich bin hier, sagen Sie Brandd Bescheid

»Danke, das genügt«, meinte Brion. Er schob seine Pistole in die Halfter und steckte zwei gefüllte Magazine in die Tasche. »Ich komme wahrscheinlich noch vor Sonnenaufgang zurück. Lassen Sie eine fahrbare Tragbahre aus der Krankenstation an das Tor schaffen. Ich möchte, daß sie dort steht, wenn ich zurückkomme.«

Die Straße draußen war dunkler, als er sie in Erinnerung hatte. Brion erkannte die Umrisse des wartenden Sandwagens nur undeutlich, denn das Sternenlicht reichte um diese Zeit noch nicht aus, um Einzelheiten hervortreten zu lassen.

»Brion Brandd?« fragte eine Stimme vom Wagen her. »Steigen Sie ein.«

Brion war kaum eingestiegen, als der Sandwagen sich auch schon in Bewegung setzte. Ohne Lichter durchquerte er die Stadt und fuhr in die Wüste hinaus. Obwohl der Fahrer die Geschwindigkeit erhöhte, verzichtete er auf jegliche Beleuchtung. Als sie ein hochgelegenes Plateau erreicht hatten, stellte der Fahrer den Motor ab. Weder er noch Brion hatten während der Fahrt ein Wort miteinander gewechselt.

Ein Schalter klickte, dann glühte die Instrumentenbeleuchtung auf. In dem schwachen Lichtschein stellte Brion zu seiner Überraschung fest, daß der Mann neben ihm an einer Rückgratverkrümmung litt, wegen der er nur nach vorn gebeugt auf seinem Sitz hocken konnte. Solche körperlichen Mißbildungen waren selten — Brion hatte noch nie einen Fall dieser Art gesehen. Wahrscheinlich erklärte dieses Leiden die Bitterkeit und den Schmerz, die aus der Stimme des Mannes sprachen.

»Haben die Schlauköpfe auf Nyjord Ihnen zufällig mitgeteilt, daß die Frist um einen Tag verkürzt worden ist?« erkundigte sich der Mann. »Wissen Sie, daß dieser Planet schon bald nicht mehr existieren soll?«

»Ja, ich weiß«, antwortete Brion ruhig. »Das ist auch der Grund, weshalb ich Ihre Gruppe um Unterstützung bitten möchte. Die verbleibende Zeit vergeht zu rasch.«

Der Mann gab keine Antwort; er nickte nur und konzentrierte sich weiter auf den Infrarotschirm, um sicherzugehen, daß sie nicht verfolgt wurden. Dann ließ er den Motor wieder an.

»Wohin fahren wir?« erkundigte sich Brion.

»In die Wüste.« Der Fahrer machte eine vage Handbewegung. »In unser Hauptquartier. Nachdem die ganze Sache ohnehin demnächst in die Luft fliegt, könnte man es auch als unser letztes Lager bezeichnen. Alle Wagen, Männer und Waffen sind dort stationiert. Und Hys. Er führt den Oberbefehl. Morgen wird nichts mehr davon dasein — zusammen mit diesem verdammten Planeten. Was wollen Sie von uns?«

»Sollte ich das nicht lieber Hys persönlich erzählen?«

»Wie es Ihnen am besten paßt.« Der Fahrer trat auf das Gaspedal und fuhr weiter. »Aber wir haben uns alle freiwillig gemeldet, deshalb haben wir keine Geheimnisse voreinander. Nur vor den Idioten, die diese Welt in die Luft jagen wollen.« In seiner Stimme schwang deutlich Verachtung mit, die er nicht zu verbergen versuchte. »Sie haben sich so lange gestritten, wie dieses Problem zu lösen sei, daß sie schließlich zu Mördern werden.«

»Soweit ich darüber informiert bin, dachte ich, daß die Dinge etwas anders lagen. Diese Leute bezeichnen Ihre Freunde als Terroristen.«

»Das sind wir auch. Wir sind eine Armee, die einen Krieg führt. Die Idealisten zu Hause haben das erst begriffen, als es bereits zu spät war. Wenn sie uns von Anfang an unterstützt hätten, wären wir in jedes Kastell auf Dis eingedrungen und hätten nicht eher Ruhe gegeben, bis wir die Bomben entdeckt hätten. Aber das hätte mutwillige Zerstörung und den Tod einiger Magter bedeutet, deswegen lehnten sie unseren Plan ab. Dafür werden sie jetzt die gesamte Bevölkerung umbringen.« Brion bemerkte den verzweifelten Gesichtsausdruck dieses Mannes.

»Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen«, versuchte er ihn zu beruhigen. »Wir haben noch über einen Tag Zeit, und ich glaube, daß ich eine Möglichkeit zur Verhinderung des Krieges gefunden habe — ohne Bomben.«

»Sie sind doch der Mann, der für die Gesellschaft für kulturelle Beziehungen, kostenlose Mahlzeiten und Gratisgetränke verantwortlich ist, nicht wahr? Was sollen Ihre Leute denn ausrichten, wenn die Knallerei losgeht?«

»Nichts. Aber vielleicht können wir verhindern, daß die Bomben überhaupt abgeworfen werden. Falls Sie mich beleidigen wollten — geben Sie sich keine Mühe. Ich habe ein sehr dickes Fell.«

Der Fahrer schwieg einige Minuten, während er sich auf das schwierige Gelände vor ihnen konzentrierte. »Was wollen Sie von uns?« fragte er dann.

»Wir möchten einen Magter genau untersuchen. Tot oder lebendig, der Zustand spielt keine Rolle. Sie haben nicht zufällig einen an der Hand?«

»Nein. Wir haben uns schon oft genug mit ihnen herumgeschlagen, aber immer nur auf ihrem eigenen Gebiet. Sie schaffen ihre Toten fort, und wir haben uns nie darum gekümmert. Was wollen Sie überhaupt mit einer Leiche? Schließlich kann Ihnen ein toter Magter nicht mehr verraten, wo die Bomben oder die Abschußrampe versteckt sind.«