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Der Mann unterschied sich in nichts von anderen Menschen.

Brions Theorie wurde mit jeder Sekunde unhaltbarer. Wenn die Magter nicht fremdartige Lebewesen waren, wie ließ sich dann ihr völliger Gefühlsmangel erklären? Eine Mutation? Brion hatte bisher keine Anzeichen dafür entdeckt. Aber der Mann vor ihm mußte in irgendeiner Beziehung fremdartig sein. Die Zukunft eines ganzen Planeten gründete sich auf diese schwache Hoffnung. Und wenn Telts Vermutungen über die Bomben sich als falsch erwiesen, dann bestand überhaupt keine Hoffnung mehr.

Lea war noch immer bewußtlos, als er zu ihr zurückkehrte. Brion hatte keine Ahnung, wie lange dieses Koma andauern würde. Wahrscheinlich würde er sie aufwecken müssen, aber auf jeden Fall so spät wie möglich. Er mußte seine Ungeduld mühsam beherrschen, obwohl er recht gut wußte, daß das Mittel eine gewisse Zeit brauchte, bevor es wirkte. Schließlich beschloß er, mindestens eine Stunde zu warten, bevor er sie aufzuwecken versuchte. Das war also Mittag — zwölf Stunden vor dem Ende.

Inzwischen konnte er sich wenigstens mit Professor-Kommandant Krafft in Verbindung setzen. Vielleicht sah das wie eine defätistische Handlungsweise aus, aber Brion mußte sichergehen, daß sie abgeholt wurden, falls er seinen Auftrag nicht erfüllen konnte. Krafft hatte ein Funkgerät aufbauen lassen, das als Relaisstation zwischen ihm und Brion diente. Wenn dieses Gerät sich in dem G.K.B.-Gebäude befunden hatte, war die Verbindung unterbrochen. Brion mußte feststellen, wie es sich damit verhielt, bevor es zu spät dafür war. Er schaltete sein Kleinstfunkgerät ein und sandte einen Ruf aus. Die Antwort kam sofort.

»Wer ist am Gerät — jemand von der Gesellschaft?« Die Stimme des Alten zitterte.

»Hier spricht Brandd. Ich habe Lea Morees bei mir. Wir sind…«

»Sonst niemand? Hat wirklich kein anderer den Überfall auf das Gebäude überlebt?«

»Nein, die anderen sind alle tot. Nachdem das Gebäude und die Instrumente zerstört sind, kann ich mich mit Ihrem Schiff nicht mehr in Verbindung setzen. Können Sie veranlassen, daß wir notfalls hier abgeholt werden?«

»Geben Sie mir Ihren genauen Standort an. Ich lasse das Schiff sofort…«

»Ich brauche es jetzt noch nicht«, unterbrach ihn Brion. »Schicken Sie es nicht, bevor ich Sie benachrichtige. Wenn die Katastrophe sich noch aufhalten läßt, werde ich eine Möglichkeit dazu finden. Deshalb bleibe ich — bis zur letzten Minute, wenn es nicht anders geht.«

Krafft schien nachzudenken. Aus Brions Funkgerät drang nur das Geräusch schwerer Atemzüge. »Das müssen Sie selbst entscheiden«, meinte er schließlich. »Ich halte das Schiff in Bereitschaft. Aber sollen wir nicht wenigstens Miß Morees abholen?«

»Nein, ich brauche sie hier. Wir arbeiten noch, wir suchen nach…«

»Glauben Sie, daß Sie jetzt noch eine Antwort finden?« Die Stimme des anderen schwankte zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Aber Brion konnte ihm nicht helfen.

»Wenn ich Erfolg habe, werde ich Sie benachrichtigen. Geht die Sache schief, dann ist ohnehin alles verloren. Ende.« Brion schaltete das Funkgerät ab.

Lea schlief noch immer, als er wieder nach ihr sah. Bis Mittag blieb noch über eine halbe Stunde Zeit. Wie konnte er sie am besten ausnützen? Sie brauchte bestimmt einige Instrumente, wenn sie die Leiche untersuchte, die hier nicht zu finden sein würden. Vielleicht entdeckte er einige in den Trümmern des G.K.B.-Gebäudes? Brion überlegte sich, daß es eigentlich seine Pflicht sei, nach Überlebenden zu suchen, anstatt sich auf die Angaben anderer zu verlassen.

Ulv wartete an derselben Stelle wie vorhin. Er sah schweigend auf, als Brion sich ihm näherte.

»Willst du mir noch einmal helfen?« fragte Brion. »Dann kannst du hierbleiben und auf das Mädchen aufpassen, während ich fortgehe. Ich bin bald wieder zurück.« Ulv schwieg hartnäckig. »Ich suche noch immer nach einem Weg, um die Katastrophe zu verhindern«, fügte Brion hinzu.

»Geh — ich kümmere mich um das Mädchen!« gab Ulv verbissen zurück. »Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Vielleicht hast du recht. Geh! Bei mir ist sie sicher.«

Brion schlüpfte auf die Straße hinaus und rannte durch die Stadt, bis er den Trümmerhaufen erreicht hatte, der einstmals das Gebäude der Gesellschaft für kulturelle Beziehungen gewesen war. Allerdings machte er einige Umwege und näherte sich den Trümmern schließlich von der entgegengesetzten Seite.

Als er um eine Ecke bog, sah er vor sich einen Sandwagen stehen. Das Fahrzeug kam ihm irgendwie vertraut vor, obwohl er nicht sicher war, ob es sich dabei tatsächlich um den Wagen handelte, in dem er mit Telt gefahren war. Er sah sich vorsichtig um und stellte fest, daß die Straße menschenleer war. Erst dann schlich er sich näher an den Wagen heran. Als er ihn fast erreicht hatte, erkannte er ihn mit Sicherheit wieder. Aber warum stand er hier? Brion stieg auf die Kette des Fahrzeugs und zog sich am Fensterrand hoch. Das Metall war glühend heiß. Noch ein kurzer Ruck, dann starrte er in Telts Gesicht.

Selbst im Tot lächelte der Mann noch. In seinem Hals steckte ein winziger Holzpfeil mit bunten Federn, die sich deutlich von der braunen Haut abhoben.

15

Brion ließ sich fallen, knallte auf die Straße und blieb unbeweglich im Staub liegen. Aber kein weiterer Giftpfeil zischte durch die Luft; überall herrschte tiefes Schweigen. Telts Mörder waren ebenso lautlos verschwunden, wie sie gekommen sein mußten. Brion bewegte sich rasch, benützte den Wagen als Deckung und kletterte hinein.

Die Gegner hatten ganze Arbeit geleistet. Sämtliche Kontrollinstrumente waren zerstört, auf dem Boden lagen zertrümmerte Instrumente zwischen langen Papierstreifen aus den Meßgeräten. Das Fahrzeug war unbrauchbar gemacht worden.

Die vorhergegangenen Ereignisse waren leicht genug zu rekonstruieren. Der Wagen war beobachtet worden, als er in die Stadt einfuhr — vermutlich von einigen der Magter, die das G.K.B.-Gebäude gesprengt hatten. Sie hatten nicht gesehen, wohin das Fahrzeug in der Zwischenzeit gefahren war, denn sonst wäre Brion jetzt bereits ein toter Mann gewesen. Aber sie mußten es noch einmal entdeckt haben, als Telt die Stadt zu verlassen versuchte. Dann hatten sie den Fahrer außer Gefecht gesetzt und den Wagen zerstört.

Telt war tot! Brion mußte sich dazu zwingen, über die Konsequenzen dieser Tatsache nachzudenken. Erst allmählich wurde ihm alles klar. Telt hatte niemand von seiner Entdeckung der radioaktiven Spuren benachrichtigt. Er hatte das Funkgerät nicht benutzen wollen, sondern hatte die Absicht gehabt, Hys persönlich zu unterrichten und ihm den Streifen zu zeigen. Aber jetzt war der Streifen wahrscheinlich zerrissen und zwischen die anderen gemischt, und das Gehirn, das ihn hätte analysieren können, arbeitete nicht mehr.

Brion warf einen Blick auf das zerstörte Funkgerät und riß die Wagentür auf. Er sprang mit einem Satz auf die Straße und floh so schnell ihn seine Füße tragen wollten. Sein eigenes Leben und das Überleben der Bevölkerung eines ganzen Planeten hingen nun davon ab, daß er nicht in der Nähe des Sandwagens gesehen wurde. Er mußte sich mit Hys in Verbindung setzen und die Informationen weitergeben. Bis er das getan hatte, war er der einzige Fremde auf Dis, der wußte, welcher der Magtertürme unter Umständen die Kobaltbomben enthielt.

Als er den Sandwagen etwas weiter hinter sich gelassen hatte, ging Brion langsamer und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war nicht beobachtet worden, als er das Fahrzeug verließ, und wurde auch jetzt nicht verfolgt. Die Straße, in der er sich befand, hatte er zwar noch nie gesehen, aber er orientierte sich nach der Sonne und ging weiter auf das zerstörte Gebäude zu. Jetzt tauchten immer mehr Disaner auf, die bei seinem Anblick stehenblieben und ihm feindselige Blicke zuwarfen. Brion fühlte ihren Haß und ihren Zorn. Einmal griff er sogar nach seiner Pistole, als er sah, daß zwei Männer ihre Blasrohre bereithielten. Trotzdem kam er ungehindert an ihnen vorbei.